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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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dabei waren, haben es gewusst!«
    »Aye, vielleicht«, sagte er, und jeder Hauch von Gelächter verschwand. »Dieses Mal. Aber als sie mich dort hingestellt haben, konnte auch jeder
sehen, dass ich schon einmal ausgepeitscht worden war, aye? Und bis jetzt hat mich noch keiner der Männer auf diese Narben angesprochen. Bis heute.«
    Das nahm mir den Wind aus den Segeln.
    Einen Mann auszupeitschen, war nicht nur brutal; es war zudem ein Akt der Schande – der ihn über die Schmerzen hinaus dauerhaft entstellen sollte, die Vergangenheit eines Kriminellen genauso deutlich herausposaunen sollte wie ein Brandzeichen auf der Wange oder ein verstümmeltes Ohr. Und Jamie hätte sich natürlich eher die Zunge herausreißen lassen als irgendjemandem den Grund für diese Narben preiszugeben, selbst wenn das bedeutete, alle Welt in dem Glauben zu lassen, dass er für ein Verbrechen ausgepeitscht worden war.
    Ich war so daran gewöhnt, dass Jamie in der Gegenwart anderer stets sein Hemd anbehielt, dass ich noch nie auf den Gedanken gekommen war, dass die Männer aus Ardsmuir natürlich von den Narben auf seinem Rücken wussten. Und doch hielt er sie bedeckt, und jeder tat so, als existierten sie nicht – bis auf Tom Christie.
    »Hmpf«, sagte ich. »Nun ja … trotzdem soll der Mann zur Hölle fahren. Warum sagt er so etwas?«
    Jamie lachte kurz auf.
    »Weil es ihm nicht gepasst hat, dass ich ihn schwitzen gesehen habe. Er wollte sich seine Selbstachtung zurückholen, nehme ich an.«
    »Hmpf«, sagte ich noch einmal und verschränkte die Arme vor der Brust. »Wo wir gerade davon reden – warum hast du das getan? Wenn du doch wusstest, dass er kein Blut sehen kann und dergleichen, ich meine, warum hast du daneben gestanden und ihn so beobachtet?«
    »Weil ich wusste, dass er dann keinen Mucks tun oder in Ohnmacht fallen würde«, erwiderte er. »Er hätte eher ertragen, dass du ihm rot glühende Nadeln in die Augen stichst, als unter meinen Augen loszuwimmern.«
    »Oh, das ist dir also aufgefallen?«
    »Natürlich, Sassenach. Was meinst du denn, warum ich da war? Nicht, dass ich deine Kunstfertigkeit nicht zu schätzen weiß, aber dir beim Nähen von Wunden zuzusehen, ist nicht besonders gut für meine Verdauung.« Er warf einen kurzen Blick auf das beiseite gelegte blutige Tuch und zog eine Grimasse. »Meinst du, der Kaffee ist kalt geworden?«
    »Ich wärme ihn wieder auf.« Ich schob die saubere Schere wieder in ihr Futteral, dann sterilisierte ich die Nadel, die ich benutzt hatte, zog einen frischen Seidenfaden hindurch und stellte sie in ihr Glas mit Alkohol – wobei ich immer noch versuchte, mir einen Reim auf alles zu machen.
    Ich stellte alles wieder in den Schrank, dann wandte ich mich zu Jamie um.
    »Du hast doch keine Angst vor Tom Christie, oder?«, wollte ich wissen.
    Er blinzelte erstaunt, dann lachte er.

    »Himmel, nein. Wie kommst du denn darauf, Sassenach?«
    »Nun … die Art, wie ihr beide euch manchmal aufführt. Wie die wilden Hammel, die die Köpfe gegeneinander stoßen, um zu sehen, wer der Stärkere ist.«
    »Oh, das.« Er tat die Frage mit einer Geste ab. »Mein Schädel ist viel dicker als Toms, und das weiß er genau. Aber er hat genauso wenig vor, aufzugeben und mir wie ein Lämmchen zu folgen.«
    »Oh? Aber was hast du denn dann vor? Du hast ihn doch nicht nur gequält, um zu beweisen, dass du es kannst, oder?«
    »Nein«, sagte er und lächelte mich schwach an. »Ein Mann, der so stur ist, dass er acht Jahre lang nur Englisch mit eingefleischten Highlandern spricht, ist auch stur genug, die nächsten acht Jahre an meiner Seite zu kämpfen; das glaube ich zumindest. Es wäre allerdings gut, wenn er sich selbst dessen ebenso sicher wäre.«
    Ich holte tief Luft und seufzte kopfschüttelnd.
    »Ich verstehe euch Männer nicht.«
    Da musste er tief in seiner Brust glucksen.
    »Doch, das tust du, Sassenach, Du wünschst dir nur, du tätest es nicht.«
    Das Sprechzimmer war wieder ordentlich, bereit für die Notfälle, die der morgige Tag bringen mochte. Jamie griff nach der Lampe, doch ich gebot ihm Einhalt und legte ihm die Hand auf den Arm.
    »Du hast mir Aufrichtigkeit versprochen«, sagte ich. »Aber bist du dir ganz sicher, dass du dir selbst gegenüber ganz aufrichtig bist? Dass du Tom Christie nicht nur deshalb geködert hast, weil er dich herausfordert?«
    Er blieb stehen, seine Augen klar und unverstellt, ein paar Zentimeter von den meinen entfernt. Er hob eine Hand und legte sie an meine

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