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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Zum Vergleich, versteht Ihr, was ich meine?«
    Sie nickte eifrig. »Aye, ich verstehe. Damit Ihr wisst, ob sich ihr Zustand verbessert oder verschlechtert. Und warum noch?«
    »Nun, der wichtigste Grund«, sagte ich langsam, weil ich nach den richtigen Worten suchte, »ist, dass ein anderer Arzt – jemand, der vielleicht später kommt – die Berichte lesen und sehen kann, wie ich dies oder jenes gemacht habe. Es könnte ihm eine Möglichkeit zeigen, etwas zu tun, was er selbst noch nie versucht hat – oder eine bessere Möglichkeit.«
    Sie spitzte interessiert die Lippen.

    »Ooh! Ihr meint, jemand könnte von diesem Buch lernen -«, sie legte vorsichtig einen Finger auf die Seite, »- das zu tun, was Ihr tut? Ohne bei einem Arzt in die Lehre zu gehen?«
    »Nun, es ist natürlich besser, wenn man jemanden hat, von dem man lernen kann«, sagte ich, belustigt über ihren Feuereifer. »Und es gibt Dinge, die man eigentlich nicht aus einem Buch lernen kann. Aber wenn es niemanden gibt, von dem man lernen kann -« Ich blickte aus dem Fenster auf die grüne Wildnis, die sich über die Berge breitete, so weit das Auge reichte.
    »Wo habt Ihr es denn gelernt?«, fragte sie neugierig. »Aus diesem Buch? Wie ich sehe, gibt es noch eine Handschrift außer der Euren. Wer war das?«
    Das hätte ich kommen sehen sollen. Aber ich hatte nicht ganz mit Malva Christies Gedankenschnelle gerechnet.
    »Äh … ich habe es aus vielen Büchern gelernt«, sagte ich. »Und von anderen Ärzten.«
    »Von anderen Ärzten«, wiederholte sie und warf mir einen faszinierten Blick zu. »Dann bezeichnet Ihr Euch auch als Ärztin? Ich wusste nicht, dass eine Frau das werden kann.«
    Aus dem guten Grund, dass sich Frauen in dieser Zeit niemals als Ärzte oder Chirurgen bezeichneten.
    Ich hustete.
    »Nun ja … es ist nur eine Name, sonst nichts. Die meisten Leute sagen einfach weise Frau oder Zauberfrau. Oder ban-lichtne «, fügte ich hinzu. »Aber eigentlich ist es alles dasselbe. Das Einzige, was zählt, ist, ob ich etwas weiß, was ihnen vielleicht hilft.«
    »Ban -« Sie sprach das unvertraute Wort aus. »Das habe ich noch nie gehört.«
    »Es ist Gälisch. Die Sprache der Highlands. Es bedeutet ›Heilerin‹ oder etwas in der Art.«
    »Oh, Gälisch.« Ein Ausdruck leichter Geringschätzung überflog ihr Gesicht; ich nahm an, dass sie die Haltung ihres Vaters gegenüber der uralten Sprache der Highlander übernommen hatte – dieser »Barbarenzunge«. Doch offenbar sah sie auch etwas in meinem Gesicht, denn sie löschte sofort die Verachtung aus ihrer Miene und beugte sich wieder über das Buch. »Wer hat denn diese anderen Stellen geschrieben?«
    »Ein Mann namens Daniel Rawlings.« Ich strich eine zerknitterte Seite glatt und empfand dabei die übliche Zuneigung gegenüber meinem Vorgänger. »Er war ein Arzt aus Virginia.«
    »Der?« Sie blickte überrascht auf. »Der Mann, der auf dem Friedhof hier auf dem Berg begraben ist?«
    »Äh … ja, genau.« Und die Geschichte, wie er hier gelandet war, gehörte nicht zu den Dingen, die ich mit Miss Christie teilen konnte. Ich spähte aus dem Fenster und schätzte das Licht ab. »Wartet Euer Vater nicht auf sein Abendessen?«

    »Oh!« Bei diesem Wort stand sie auf und sah ebenfalls aus dem Fenster. Sie wirkte ein wenig erschrocken. »Aye, das tut er.« Sie warf einen letzten, sehnsüchtigen Blick auf das Buch, strich dann aber ihren Rock glatt und rückte ihre Haube zurecht, bereit zu gehen. »Ich danke Euch, Mrs. Fraser, dass Ihr mir Euer Büchlein gezeigt habt.«
    »Gern«, versicherte ich ihr aufrichtig. »Ihr könnt gern wiederkommen und es Euch ansehen. Oder besser… würdet Ihr -« Ich zögerte, fuhr dann jedoch fort, ermuntert durch ihren leuchtenden Blick. »Ich muss der alten Mrs. MacBeth eine Verwachsung am Ohr entfernen, vielleicht morgen. Würdet Ihr gern dabei sein und es Euch ansehen? Ein zweites Paar Hände wäre mir eine Hilfe«, fügte ich hinzu, als ich den plötzlichen Zweifel sah, der mit dem Interesse in ihren Augen rang.
    »Oh, aye, Mrs. Fraser – sehr gern sogar!«, sagte sie. »Es ist nur, mein Vater -« Ihre Miene war beklommen, als sie das sagte, doch dann schien sie zu einem Entschluss zu finden. »Nun … ich werde kommen. Ich bin mir sicher, dass ich ihn überreden kann.«
    »Würde es Euch helfen, wenn ich ihm ein paar Zeilen schreiben würde? Oder mich selbst mit ihm unterhalten würde?« Ich wünschte mir plötzlich sehr, dass sie mit mir kam.
    Sie schüttelte

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