Ein Hauch von Schnee und Asche
seine eigene Blockhütte zurückzuschicken, hatte ich darauf bestanden, dass er über Nacht blieb, damit ich für den Fall einer postoperativen Entzündung ein Auge auf ihn haben konnte. Halsstarrig, wie er war, hatte ich nicht das geringste Vertrauen, dass er meinen Anweisungen Folge leisten und nicht mit der verletzten Hand die Schweine füttern, Holz hacken oder sich den Hintern abwischen würde. Ich hatte nicht vor, ihn aus meinem Sichtfeld zu lassen, bis der Schnitt zu granulieren begann – was am nächsten Tag der Fall sein sollte, wenn alles gut ging.
Immer noch wackelig durch den Schock der Operation, hatte er keine Einwände gehabt, und Mrs. Bug und ich hatten ihn im Zimmer der Wemyss’ untergebracht, da Mr. Wemyss und Lizzie bei den McGillivrays waren.
Ich besaß kein Laudanum, hatte Christie aber einen starken Aufguss aus Baldrian und Johanniskraut untergejubelt, und er hatte den Großteil des Nachmittags verschlafen. Er hatte kein Abendessen gewollt, doch Mrs. Bug, die große Stücke auf Mr. Christie hielt, hatte ihn den ganzen Abend mit Glühwein und anderen nahrhaften Elixieren belagert – die allesamt einen hohen Alkoholanteil enthielten. Demzufolge war er mir sehr benommen und rot vorgekommen und hatte nicht protestiert, als ich die verbundene Hand hochhob und sie dicht an die Kerze hielt, um sie zu untersuchen.
Die Hand war geschwollen, was zu erwarten war, aber nicht übermäßig. Dennoch, der Verband saß sehr fest und drückte unangenehm in die Haut.
Ich schnitt ihn auf, hielt die honiggetränkte Wundauflage vorsichtig an Ort und Stelle fest, hob die Hand und roch daran.
Ich konnte Honig, Blut, Kräuter und den schwachen Metallgeruch frisch aufgeschnittenen Gewebes riechen – aber keinen süßlichen Eitergeruch. Gut. Ich drückte vorsichtig auf eine Stelle neben der Wundauflage und achtete auf Anzeichen heftigen Schmerzes oder leuchtend rote Streifen auf der Haut, doch abgesehen davon, dass die Stelle verständlicherweise empfindlich war, entdeckte ich nur eine sehr schwache Entzündung.
Dennoch, er hatte Fieber; das musste beobachtet werden. Ich nahm einen frischen Verband, wickelte ihn vorsichtig um die Wundauflage und befestigte ihn mit einer ordentlichen Schleife auf dem Handrücken.
»Warum tragt Ihr nie eine anständige Haube«, platzte er heraus.
»Was?« Mein Kopf zuckte überrascht hoch. Für den Augenblick hatte ich den Mann, der an der Hand hing, ganz vergessen. Ich hob meine freie Hand an mein Haar. »Warum sollte ich?«
Manchmal flocht ich mir die Haare, bevor ich zu Bett ging, aber heute Abend hatte ich es nicht getan. Doch ich hatte es gebürstet; es fiel mir lose um die Schultern und duftete angenehm nach der Lösung aus Ysop und Nesselblüten, mit der ich es durchgekämmt hatte, um die Läuse fern zu halten.
»Warum?« Seine Stimme wurde etwas lauter. »Ein Weib aber, das da betet oder weissagt mit unbedecktem Haupt, die schändet ihr Haupt; denn es ist ebenso viel, als wäre sie geschoren.«
»Oh, sind wir wieder bei Paulus?«, murmelte ich und richtete meine Aufmerksamkeit erneut auf seine Hand. »Kommt es Euch nicht so vor, dass der Mann einen ziemlichen Spleen hatte, was die Frauen angeht? Außerdem bete ich im Moment ja nicht, und ich will erst sehen, wie sich das hier über Nacht entwickelt, bevor ich diesbezüglich irgendwelche Weissagungen riskiere. Bis jetzt sieht es allerdings -«
»Euer Haar.« Als ich aufblickte, sah ich, dass er mich anstarrte und sich sein Mund missbilligend verzogen hatte. »Es ist…« Er deutete mit einer vagen Bewegung auf seinen eigenen, kurz geschorenen Kopf. »Es ist…«
Ich musterte ihn mit hochgezogenen Augenbrauen.
»Es ist wirklich viel«, endete er ziemlich lahm.
Ich betrachtete ihn einen Moment wortlos, dann legte ich seine Hand hin und griff nach der kleinen grünen Bibel, die auf dem Tisch lag.
»Korinther, nicht wahr? Hm, o ja, da ist es ja.« Ich richtete mich auf und las den Vers: »Oder lehrt euch auch nicht die Natur, dass es einem Manne eine Unehre ist, so er das Haar lang wachsen lässt, und dem Weibe eine Ehre, so sie langes Haar hat? Das Haar ist ihr zur Decke gegeben.« Ich schlug das Buch abrupt zu und legte es hin.
»Würdet Ihr gern auf die andere Flurseite gehen und meinem Mann erklären, was für eine Unehre sein Haar ist?«, fragte ich höflich. Jamie war zu
Bett gegangen; aus unserem Zimmer war schwaches, rhythmisches Schnarchen zu hören. »Oder geht Ihr davon aus, dass er das bereits
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