Ein Hauch von Schnee und Asche
fließen… Ich führte mir zum dutzendsten Mal seit heute Morgen vor Augen, was ich getan hatte, und fragte mich, ob ich es hätte besser machen können.
Zu meiner Überraschung war Christie beharrlich damit beschäftigt, seine Übungen zu machen; sein Gesicht war von einem Schweißfilm überzogen, und sein Mund war grimmig zusammengekniffen, doch er beugte immer noch hartnäckig seine Fingergelenke.
»Das ist sehr gut«, sagte ich. »Aber hört jetzt auf. Ich möchte nicht, dass es wieder anfängt zu bluten.« Ich griff automatisch nach der Serviette und tupfte ihm den Schweiß von den Schläfen.
»Ist hier noch jemand im Haus?«, fragte er und entzog mir gereizt seinen Kopf. »Ich habe Euch unten mit jemandem sprechen gehört.
»Oh«, sagte ich ziemlich verlegen. »Nein, nur der Kater.« Auf diese Vorstellung hin hüpfte Adso, der mir die Treppe hinauf gefolgt war, auf das Bett und knetete die Bettdecke mit den Tatzen. Seine großen grünen Augen strahlten gebannt auf den Teller mit dem Schinken.
Christie blickte zutiefst argwöhnisch von der Katze zu mir.
»Nein, Adso ist nicht mein Vertrauter«, erklärte ich schnippisch. Ich hob Adso auf und setzte ihn ohne Umschweife auf den Boden. »Er ist ein Kater. Mit ihm zu reden ist etwas weniger lächerlich als Selbstgespräche zu führen, das ist alles.«
Ein Ausdruck der Überraschung huschte über Christies Gesicht – vielleicht darüber, dass ich seine Gedanken gelesen hatte, oder einfach nur über meine Idiotie -, doch die argwöhnischen Falten rings um seine Augen entspannten sich.
Ich schnitt ihm rasch sein Essen klein, doch er bestand darauf, selbst zu essen. Er aß ungeschickt mit der linken Hand, den Blick auf den Teller gerichtet, die Stirn konzentriert gerunzelt.
Als er fertig war, trank er einen Becher Whisky, als wäre es Wasser, stellte den leeren Becher hin und sah mich an.
»Mistress Fraser«, sagte er und setzte seine Worte sehr präzise, »ich bin ein gebildeter Mann. Ich glaube nicht, dass Ihr eine Hexe seid.«
»Oh, nein?«, sagte ich belustigt. »Dann glaubt Ihr nicht an Hexen? Aber in der Bibel ist doch von Hexen die Rede.«
Er unterdrückte mit der Faust einen Rülpser und sah mich trübe an.
»Ich habe nicht gesagt, dass ich nicht an Hexen glaube. Ich glaube an sie. Ich habe gesagt, dass Ihr keine seid. Aye?«
»Es freut mich sehr, das zu hören«, erwiderte ich und gab mir Mühe, nicht zu lächeln. Er war völlig betrunken; obwohl er noch präziser sprach als sonst, kam jetzt sein Akzent durch. Normalerweise unterdrückte er seine Edinburgher Aussprache, doch jetzt wurde sie mit jeder Sekunde stärker.
»Noch einen Schluck?« Ich wartete keine Antwort ab, sondern goss ihm einen ordentlichen Schluck Whisky in den leeren Becher. Die Fensterläden standen offen, und im Zimmer war es kühl, doch der Schweiß glänzte trotzdem in seinen Halsfalten. Er hatte sichtlich Schmerzen, und es war unwahrscheinlich, dass er ohne Hilfe wieder einschlafen würde.
Diesmal nippte er daran und beobachtete über den Becherrand hinweg, wie ich die Überbleibsel seines Abendessens wegräumte. Trotz des Whiskys und seines vollen Magens wurde er zunehmend unruhig. Er rutschte unter dem Quilt mit den Beinen hin und her und zuckte mit den Schultern. Ich hatte den Eindruck, dass er den Nachttopf benutzen musste, und überlegte, ob ich ihm Hilfe dabei anbieten sollte oder einfach auf der Stelle gehen sollte, damit er selbst zurecht kam. Letzteres, dachte ich.
Doch ich war im Irrtum. Bevor ich mich verabschieden konnte, stellte er seinen Becher auf den Tisch und setzte sich im Bett gerade hin.
»Mistress Fraser«, sagte er und heftete sein wachsames Auge auf mich. »Ich möchte mich bei Euch entschuldigen.«
»Wofür denn?«, fragte ich verblüfft.
Er presste die Lippen fest zusammen.
»Für… mein Betragen heute Morgen.«
»Oh. Nun … es ist schon gut. Ich kann verstehen, dass Euch die Idee, in den Schlaf versetzt zu werden … sehr merkwürdig vorkommen muss.«
»Das habe ich nicht gemeint.« Er hob abrupt den Blick, dann senkte er ihn wieder. »Ich habe gemeint… dass ich … nicht stillhalten konnte.«
Ich sah, wie ihm die Röte erneut in die Wangen stieg, und spürte einen plötzlichen Stich überraschten Mitgefühls. Er war wirklich sehr verlegen.
Ich stellte das Tablett hin, setzte mich langsam auf den Hocker neben dem Bett und fragte mich, was ich wohl sagen könnte, das seine Gefühle beschwichtigen würde – und dabei die Dinge
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