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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Feuers waren im Lauf des Kampfes verstreut worden; hier und dort waren geschwärzte Steine und versengte, flach gedrückte Grasbüschel – zwischen den Leichen. Er hatte mich langsam vom einen zum anderen geführt. Beim Letzten war er stehen geblieben und hatte leise gesagt: »Siehst du, dass sie tot sind?«
    Das tat ich, und ich wusste, warum er sie mir gezeigt hatte – damit ich keine Angst vor ihrer Rückkehr, ihrer Rache hatte. Aber es war mir nicht in den Sinn gekommen, sie zu zählen. Oder mir ihre Gesichter genauer anzusehen. Und selbst wenn ich sicher gewesen wäre, wie viele es waren… Erneut überlief mich ein Schauer, und Brianna legte mir ein warmes Handtuch
um die Schultern und murmelte mir etwas zu, das ich im Radau der Fragen in meinem Kopf nicht hörte.
    War Donner unter den Toten? Oder hatte er auf mich gehört, als ich ihm sagte, dass es klug sein würde zu fliehen. Er war mir nicht besonders klug vorgekommen.
    Allerdings war er mir wie ein Feigling vorgekommen.
    Warmes Wasser spülte an meinen Ohren vorbei und übertönte Jamies und Briannas Stimmen über mir; ich schnappte nur hier und dort ein Wort auf, doch als ich mich wieder aufsetzte, ein Handtuch um meinen Kopf gewickelt, während mir das Wasser über den Hals tropfte, hatte sich Brianna zögernd in Richtung ihres Umhangs in Bewegung gesetzt, der an einem Haken neben der Tür hing.
    »Bist du sicher , dass du zurechtkommst, Mama?« Das besorgte Stirnrunzeln war wieder da, doch diesmal brachte ich ein paar beruhigende Worte zuwege.
    »Danke, Schatz; das war wundervoll«, sagte ich völlig aufrichtig. »Alles, was ich jetzt will, ist schlafen«, fügte ich schon weniger überzeugend hinzu.
    Ich war zwar furchtbar müde, doch jetzt war ich hellwach. Was ich wirklich wollte, war … nun, ich wusste nicht genau, was ich wollte , aber trostbeflissene Gesellschaft gehörte nicht dazu. Außerdem hatte ich vorhin einen kurzen Blick auf Roger geworfen, der blutbefleckt und kreidebleich vor Erschöpfung schwankte; ich war nicht das einzige Opfer dieses unangenehmen Zwischenfalls.
    »Geh nach Hause, Kleine«, sagte Jamie leise. Er nahm den Umhang vom Haken, schwang ihn um ihre Schultern und tätschelte sie sanft. »Sieh zu, dass dein Mann etwas zu essen bekommt. Bring ihn ins Bett, und sprich ein Gebet für ihn. Ich kümmere mich um deine Mutter, aye?«
    Briannas Blick pendelte zwischen uns hin und her, blau und sorgenvoll, doch ich setzte eine Miene auf, von der ich hoffte, dass sie beruhigend war – ein schmerzhaftes Unterfangen -, und nach kurzem Zögern nahm sie mich fest in den Arm, küsste mich ganz sanft auf die Stirn und ging.
    Jamie schloss die Tür und stellte sich davor, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Ich war an die ungerührte Fassade gewöhnt, die er normalerweise aufsetzte, um seine Gedanken abzuschirmen, wenn er bestürzt oder wütend war; jetzt fehlte sie, und sein Gesichtsausdruck bestürzte mich .
    »Du brauchst dir meinetwegen keine Sorgen zu machen«, sagte ich, so beruhigend ich konnte. »Ich bin nicht traumatisiert oder dergleichen.«
    »Das brauche ich nicht?«, fragte er vorsichtig. »Nun … vielleicht würde ich das ja auch nicht, wenn ich wüsste, was du damit meinst.«
    »Oh.« Ich tupfte behutsam mein feuchtes Gesicht ab und drückte das Handtuch gegen meinen Hals. »Nun ja. Es bedeutet… sehr schwer verletzt – oder furchtbar erschüttert. Es ist Griechisch, glaube ich – den Wortstamm, meine ich, ›trauma‹.«

    »Oh, aye? Und du bist nicht… erschüttert. Was du nicht sagst.«
    Er kniff die Augen zusammen und betrachtete mich mit jener Art von kritischer Aufmerksamkeit, die er sonst an den Tag legte, wenn er über den Kauf eines wertvollen Zuchttiers nachdachte.
    »Mir geht es gut«, sagte ich und wich ein wenig zurück. »Nur – mir fehlt nichts. Ich bin nur etwas… verstört.«
    Er trat einen Schritt auf mich zu, und ich wich abrupt zurück, während mir etwas verspätet zu Bewusstsein kam, dass ich das Handtuch an meine Brust geklammert hielt wie einen Schutzschild. Ich zwang mich, es etwas sinken zu lassen, und spürte, wie das Blut in meinem Gesicht und an meinem Hals unangenehm prickelte.
    Er stand völlig reglos da und betrachtete mich nach wie vor mit zusammengekniffenen Augen. Dann richtete sich sein Blick auf den Fußboden. Er stand da wie in Gedanken versunken, und dann dehnte er seine kräftigen Hände. Einmal, zweimal. Ganz langsam. Und ich hörte – in aller Deutlichkeit – das

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