Ein Hauch von Schnee und Asche
auf, weil meine Fruchtblase platzte.
»Claire!« Wahrscheinlich hatte Jamie meinen Namen schon mehr als einmal gerufen; ich hatte mich in meiner Erinnerung so verloren, dass ich völlig vergessen hatte, wo ich war.
»Was?« Ich fuhr herum, und mein Herz hämmerte. »Ist etwas passiert?«
»Nein, noch nicht.« Er betrachtete mich stirnrunzelnd, dann stand er auf und trat zu mir.
»Stimmt etwas nicht, Sassenach?«
»Doch. Ich – ich habe nur nachgedacht.«
»Aye, das habe ich gesehen«, sagte er trocken. Er zögerte, dann – als ein besonders lautes Stöhnen durch die Tür drang – berührte er meinen Arm.
»Hast du Angst?«, sagte er leise. »Dass du selbst schwanger sein könntest, meine ich?«
»Nein«, sagte ich und hörte den trostlosen Unterton in meiner Stimme genauso deutlich wie er. »Ich weiß, dass ich es nicht bin.« Ich blickte zu ihm auf; sein Gesicht verschwamm hinter einem Vorhang aus unvergossenen Tränen. »Ich bin traurig, dass ich es nicht bin – und es nie wieder sein werde.«
Ich kniff fest die Augen zu, öffnete sie wieder und sah in seinem Gesicht die gleichen Gefühle, die ich selbst empfand – Erleichterung und Bedauern in solch ähnlichen Anteilen, dass es unmöglich war zu sagen, was überwog. Er legte die Arme um mich, und ich lehnte die Stirn an seine Brust und dachte mir, was für ein Trost es war, dass auch ich auf diesem Felsen Gesellschaft hatte.
Wir blieben eine Zeit lang schweigend stehen und atmeten einfach nur. Dann änderten sich die verstohlenen Geräusche im Sprechzimmer plötzlich. Ein leiser Ausruf der Überraschung, ein lauterer Ausruf auf Französisch, dann das Geräusch von Füßen, die schwer auf dem Boden landeten, gleichzeitig mit dem unverwechselbaren Plätschern des Fruchtwassers.
Jetzt ging es schnell. Innerhalb einer Stunde sah ich einen schwarz bepelzten Schädel austreten.
»Es hat jede Menge Haare«, berichtete ich, während ich den Damm mit Öl geschmeidig machte. »Sei vorsichtig, nicht zu fest pressen! Noch nicht.« Ich umspannte die Rundung des austretenden Köpfchens mit der Hand. »Es hat einen ziemlich großen Kopf.«
»Darauf wäre ich nie gekommen«, sagte Marsali, deren Gesicht rot angelaufen war, keuchend. »Danke, dass du es mir sagst.«
Mir blieb kaum Zeit zu lachen, als der Kopf auch schon mit dem Gesicht nach unten in meine Hände glitt. Es hatte die Nabelschnur um den Hals, aber Gott sei Dank nicht fest. Ich schob einen Finger darunter und lockerte sie, und dann brauchte ich gar nicht mehr »Pressen!« zu sagen, als Marsali mit aller Kraft Luft holte und mir das Kind wie eine Kanonenkugel vor den Bauch schoss.
Es war, als bekäme man plötzlich ein eingefettetes Schwein gereicht, und ich bemühte mich hektisch, das kleine Wesen richtig herumzudrehen und zu sehen, ob es atmete.
Unterdessen ertönte begeistertes Kreischen von Malva und Mrs. Bug, und laute Schritte eilten aus der Küche durch den Flur.
Ich fand das Gesicht des Babys, säuberte ihm hastig Mund und Nasenlöcher, pustete ihm kurz in den Mund und schnippte mit dem Finger gegen
seine Fußsohle. Der Fuß zuckte automatisch zurück, und der Mund öffnete sich zu einem kräftigen Heuler.
»Bon soir, Monsieur l’Œuf« , sagte ich und sah dann rasch nach, ob es wirklich ein Monsieur war.
»Monsieur?« Fergus brach in ein breites Grinsen aus.
»Monsieur«, bestätigte ich, wickelte das Baby schnell in ein Flanelltuch und drückte es seinem Vater in den Arm, während ich meine Aufmerksamkeit seiner Mutter zuwandte.
Ihr ging es Gott sei Dank gut. Sie war erschöpft und in Schweiß gebadet, grinste aber ebenfalls – genau wie alle anderen im Zimmer. Der Fußboden war voller Pfützen, die Bettwäsche durchtränkt, und die Gerüche der Geburt hingen in der Luft, doch in der allgemeinen Aufregung schien dies niemand zu bemerken.
Ich knetete Marsali den Bauch, um die Gebärmutter anzuregen, sich zusammenzuziehen, während Mrs. Bug ihr einen großen Krug Bier zum Trinken brachte.
»Er ist gesund?«, sagte sie, als sie nach einigen durstigen Zügen wieder auftauchte. »Wirklich gesund?«
»Nun, er hat zwei Arme, zwei Beine und einen Kopf«, sagte ich. »Ich hatte noch keine Zeit, die Finger und Zehen zu zählen.«
Fergus legte das Baby neben Marsali auf den Tisch.
»Sieh es dir selbst an, ma chère «, sagte er. Er schlug das Tuch zurück. Und kniff die Augen zu, öffnete sie wieder und beugte sich stirnrunzelnd dichter über das Baby.
Ian und Jamie unterbrachen
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