Ein Hauch von Schnee und Asche
für wahrscheinlich, dass mein hausgemachtes Penizillin die Infektion stoppen konnte, doch ich konnte mir nur dann sicher sein, wenn ich sie sehen konnte – und dann verfolgen konnte, dass sie verschwunden waren.
Also sagte ich einfach nur: »Ich habe doch Penizillin.«
»Das weiß ich wohl, Sassenach.« Jamie spendierte diesmal mir seinen finsteren Blick. Ich hatte ihm schon zweimal das Leben mit Penizillin gerettet, doch er hatte es nicht sehr angenehm gefunden. Er entließ uns mit einem schottischen Geräusch, bückte sich und hob erneut Gideons kräftigen Huf auf.
Manfred schien unter Schock zu stehen, und blieb abrupt stumm auf dem Weg zum Haus. An der Tür zum Sprechzimmer zögerte er und blickte beklommen von meinem glänzenden Mikroskop zu der offenen Kiste mit dem Chirurgenbesteck, dann zu den Schalen, die ich zugedeckt auf der Arbeitsfläche aufgereiht hatte und in denen ich mein Penizillin züchtete.
»Kommt herein«, sagte ich, musste aber die Hand ausstrecken und ihn am Ärmel fassen, bevor er die Schwelle überschritt. Ich begriff, dass er noch nie zuvor im Sprechzimmer gewesen war; es waren gut fünf Meilen bis zum Haus der McGillivrays, und Frau McGillivray war bestens in der Lage, sich um die kleineren Erkrankungen ihrer Familie selbst zu kümmern.
Momentan waren meine Gefühle gegenüber Manfred nicht besonders mildtätig, doch ich gab ihm einen Hocker und fragte ihn, ob er gern einen Kaffee hätte. Ich hatte zwar eher das Gefühl, dass er etwas Hochprozentiges brauchen konnte, wenn ihm ein Gespräch mit Jamie und Joseph Wemyss bevorstand, aber es war wohl besser, wenn er einen klaren Kopf behielt.
»Nein, Ma’am«, sagte er. Er war blass und schluckte. »Ich meine, nein danke.«
Er sah extrem jung und furchtbar verängstigt aus.
»Bitte krempelt Euren Ärmel auf. Ich werde Euch etwas Blut abnehmen, aber es wird nicht sehr wehtun. Wie kam es, dass Ihr der, äh, jungen Dame begegnet seid? Myra, hieß sie so?«
»Aye, Ma’am.« Beim Klang ihres Namens stiegen ihm Tränen in die Augen; er hatte sie wohl wirklich geliebt, der arme Junge – oder es zumindest geglaubt.
Er war Myra in einem Wirtshaus in Hillsboro begegnet. Sie war ihm gütig vorgekommen, sagte er, und sie war sehr hübsch, und als sie den jungen Büchsenmacher bat, ihr ein Glas Genever zu spendieren, war er dem Wunsch nachgekommen und hatte sich wie ein Mann gefühlt.
»Also haben wir zusammen etwas getrunken, und sie hat mich angelacht, und…« Er schien nicht so recht erklären zu können, wie es dann weitergegangen war, aber er war in ihrem Bett aufgewacht. Damit war die Sache für ihn besiegelt, und von da an hatte er jede mögliche Entschuldigung genutzt, um nach Hillsboro zu reiten.
»Wie lange ging das schon so?«, fragte ich neugierig. Da ich keine vernünftige Kanüle hatte, um ihm Blut abzunehmen, hatte ich einfach die Ader an der Innenseite seines Ellbogens mit einer Lanzette angestochen und das aufquellende Blut in eine kleine Flasche laufen lassen.
Fast zwei Jahre anscheinend.
»Ich wusste, dass ich sie nicht heiraten konnte«, erklärte er ernst. »Meine Mutter hätte nie…« Er verstummte, und seine Miene nahm den Ausdruck eines Kaninchens an, das Jagdhunde in seiner Nähe hört. »Großer Gott!«, sagte er. »Meine Mutter!«
Ich hatte mich auch schon gefragt, wie es um diesen Teil der Affäre stand. Ute McGillivray würde alles andere als erfreut sein zu hören, dass ihr Augapfel, ihr einziger Sohn sich eine ehrenrührige Krankheit eingefangen hatte, die noch dazu zur Auflösung seiner sorgsam in die Wege geleiteten Verlobung sowie höchstwahrscheinlich zu einem Skandal führen würde, von dem
das gesamte Hinterland hören würde. Die Tatsache, dass die Krankheit im Allgemeinen zum Tode führte, würde sie nur in zweiter Linie interessieren.
»Sie wird mich umbringen!«, sagte er. Er rutschte von seinem Hocker und krempelte hastig seinen Ärmel hinunter.
»Eher weniger«, sagte ich nachsichtig. »Obwohl ich annehme -«
In diesem ungünstigen Moment erklang das Geräusch der Hintertür, die sich öffnete, gefolgt von Stimmen in der Küche. Manfred erstarrte, und seine dunklen Locken bebten alarmiert. Dann setzten sich schwere Schritte durch den Flur zum Sprechzimmer in Bewegung, und er schoss durch das Zimmer, schwang sein Bein über die Fensterbank und war fort. Er hetzte wie ein Reh auf die Bäume zu.
»Komm zurück, du Esel!«, rief ich durch das offene Fenster.
»Welcher Esel denn, Tante
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