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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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daran sterben, Sassenach.« Er schüttelte den Kopf, und die Gabel vollendete ihren Weg. Er kaute und schluckte und vervollständigte dabei anscheinend seinen Plan.
    »Joseph ist in Bethabara und macht Fräulein Berrisch den Hof. Man muss es ihm sagen, und eigentlich sollte ich ihn holen und zu den McGillivrays mitnehmen. Aber …« Er zögerte, wohl weil er an Mr. Wemyss dachte, jenen freundlichsten und schüchternsten aller Menschen, der keiner Vorstellung von einem nützlichen Verbündeten entsprach. »Nein. Ich werde allein gehen und es Robin sagen. Vielleicht macht er sich ja selbst auf die Suche nach dem Jungen – oder vielleicht hat es sich Manfred ja auch anders überlegt und ist schon nach Hause gelaufen.«
    Das war ein ermutigender Gedanke, und ich verabschiedete ihn hoffnungsvoll. Doch er kehrte kurz vor Mitternacht schweigend und mit grimmiger Miene zurück, und ich wusste, dass Manfred nicht nach Hause gekommen war.
    »Hast du es beiden gesagt?«, fragte ich, während ich die Decke zurückschlug, damit er zu mir ins Bett klettern konnte. Er roch nach Pferden und nach der Nacht, kühl und durchdringend.
    »Ich habe Robin gebeten, mit mir ins Freie zu gehen, und habe es ihm gesagt. Ich habe es nicht fertig gebracht, es Ute ins Gesicht zu sagen«, gab er zu. Er lächelte mich an und kuschelte sich unter den Quilt. »Ich hoffe, du hältst mich jetzt nicht für einen Feigling, Sassenach.«
    »Bestimmt nicht«, versicherte ich ihm und lehnte mich aus dem Bett, um die Kerze auszublasen. »Vorsicht ist besser als Nachsicht.«

    Kurz vor Tagesanbruch weckte uns donnerndes Hämmern an der Tür. Rollo, der auf dem Treppenabsatz geschlafen hatte, schoss unter drohendem Gebell die Stufen hinunter. Dicht gefolgt von Ian, der an Lizzies Bett gesessen und Wache gehalten hatte, während ich schlief. Jamie war mit einem Satz aus dem Bett, griff sich eine geladene Pistole, die auf dem Schrank lag und stürzte sich ebenfalls ins Getümmel.
    Erschrocken und benommen – ich war erst vor weniger als einer Stunde eingeschlafen – setzte ich mich klopfenden Herzens auf. Rollo hörte kurz zu bellen auf, und ich hörte Jamie durch die Tür »Wer ist da?« rufen.
    Diese Frage wurde durch erneutes Hämmern beantwortet, das die Treppe hinaufhallte und das Haus erbeben zu lassen schien, begleitet von einer lauten Frauenstimme, die Wagner in einer seiner deftigeren Launen alle Ehre gemacht hätte. Ute McGillivray.
    Ich begann, mich aus der Bettwäsche zu kämpfen. Unterdessen Stimmengewirr, erneutes Gebell, das Knirschen des Riegels, der geöffnet wurde, und dann noch mehr Stimmengewirr, diesmal sehr viel lauter. Ich rannte zum Fenster und blickte hinaus; Robin McGillivray stand auf dem Hof, nachdem er offenbar gerade von einem seiner zwei Maultiere abgestiegen war.
    Er sah viel älter aus und irgendwie erschlafft, als seien seine Lebensgeister von ihm gewichen und hätten ihn als leere Hülle zurückgelassen. Er wandte den Kopf von dem Aufruhr an der Haustür ab und schloss die Augen. Die Sonne war gerade aufgegangen, und das reine, klare Licht zeigte all seine Falten, die Höhlen der Erschöpfung und eine verzweifelte Traurigkeit.
    Als spürte er, dass ich ihn ansah, öffnete er die Augen und hob das Gesicht zum Fenster. Er hatte rote Augen und sah mitgenommen aus. Er sah mich, reagierte aber nicht auf das zögernde Winken, mit dem ich ihn begrüßte. Stattdessen wandte er sich ab, schloss erneut die Augen und stand einfach nur wartend da.
    Der Aufruhr unten hatte sich ins Innere des Hauses verlagert und schien jetzt die Treppe heraufzukommen, getragen von einer Welle schottischer Kraftausdrücke und deutscher Kreischlaute, von Rollo, der Festivitäten stets gern auf die Sprünge half, mit begeistertem Gebell begleitet.
    Ich griff nach meinen Morgenmantel, war aber kaum mit einem Arm hineingeschlüpft, als die Tür zum Schlafzimmer aufgeworfen wurde und so fest gegen die Wand schlug, dass sie zurückschwang und meine Besucherin vor die Brust traf. Unbeeindruckt ließ sie sie erneut aufkrachen und rauschte wie eine Dampfmaschine auf mich zu. Ihre Haube saß schief, und ihre Augen flammten.
    »Ihr! Altes Waschweib! Wie könnt Ihr es wagen, solche Beleidigungen, solche Lügen über meinen Sohn zu verbreiten! Ich bringe Euch um, ich reiße Euch die Haare einzeln aus. Der Teufel soll Euch holen! Nighean na galladh! Ihr -«.

    Sie stürzte sich auf mich, und ich warf mich zur Seite und verhinderte knapp, dass sie mich am Arm zu packen

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