Ein Hauch von Schnee und Asche
Götzenbilder haben ausgesehen wie Frauen?«
»Das ist mit Sicherheit nicht gemeint«, sagte ich hastig. »Es ist eher eine Metapher. Äh … ich denke, es bedeutet, dass einen die Lust nach etwas beherrscht, nicht, äh …«
»Lust«, sagte sie nachdenklich. »Das ist, wenn man sündhaft nach etwas verlangt, nicht wahr?«
»Ja, genau.« Hitze überflutete meine Haut in tanzenden kleinen Schleiern. Ich brauchte schnell kühle Luft, sonst würde ich rot werden wie eine Tomate und in Schweiß gebadet sein. Ich stand auf, um ins Freie zu gehen, hatte aber das Gefühl, sie um keinen Preis mit dem Eindruck zurücklassen zu dürfen, dass es beim Geschlechtsverkehr nur um Geld oder Babys ging – selbst wenn es gut möglich war, dass es für manche Frauen so war.
»Es gibt noch einen Grund dafür, wisst Ihr«, sagte ich und wandte auf dem Weg zur Tür den Kopf nach ihr um. »Wenn man jemanden liebt, möchte man ihm Vergnügen schenken. Und er möchte das Gleiche tun.«
»Vergnügen?« Ihre Stimme erhob sich ungläubig hinter mir. »Ihr meint, es macht manchen Frauen Spaß ?«
47
Wenn du zum Weibe gehst …
Es war wirklich nicht meine Absicht herumzuspionieren. Eins meiner Bienenvölker war ausgeschwärmt, und ich war auf der Suche nach den entflohenen Bienen.
Neue Schwärme flogen normalerweise nicht weit und hielten häufig an. Oft legten sie stundenlange Pausen in Astgabeln oder Baumhöhlen ein, wo sie sich zu einer Kugel sammelten und Summkonferenzen abhielten. Fand man sie, bevor sie sich selbst für einen Ort entschieden, an dem sie sich niederlassen wollten, konnte man sie oft in einen verführerisch leeren Bienenkorb locken und sie so wieder in die Gefangenschaft zurücktragen.
Das Problem ist, dass Bienen keine Fußabdrücke hinterlassen. So wanderte ich also suchend auf dem Berghang hin und her, fast eine Meile von unserem Haus entfernt, einen leeren Bienenkorb an einem Strick über meine Schulter geschlungen, und versuchte dabei, Jamies Jagdanweisungen zu folgen und wie eine Biene zu denken.
Weit über mir auf dem Hang wuchsen große Flächen blühende Klebkraut, Weidenröschen und andere Wildpflanzen – aber ein Stückchen bergab ragte ein – für Bienen – äußerst attraktiver Baumstumpf aus dem dichten Unterholz.
Der Bienenkorb war schwer und der Berghang steil. Es war leichter bergab zu gehen als bergauf. Ich rückte den Strick zurecht, der meine Schulter wund zu scheuern begann, und setzte mich abwärts in Bewegung, durch Sumach- und Schneeballsträucher, benutzte Felsen als Fußbremse und hielt mich an Ästen fest, um nicht auszurutschen.
Da ich mich so auf meine Füße konzentrierte, nahm ich kaum Notiz davon, wo ich war. Ich kam in einer Lücke im Gebüsch heraus, von wo ich ein Stück unter mir das Dach einer Hütte sehen konnte. Welche war es? Die der Christies, dachte ich. Ich wischte mir mit dem Ärmel die Schweißtropfen vom Kinn; der Tag war warm, und ich hatte vergessen, eine Feldflasche mitzunehmen. Vielleicht würde ich auf dem Heimweg bei ihnen anhalten und um Wasser bitten.
Als ich den Baumstumpf endlich erreichte, fand ich zu meiner Enttäuschung keine Spur von den Bienen. Ich blieb stehen, tupfte mir den Schweiß aus dem Gesicht und lauschte, um eventuell das verräterische Dröhnen der Bienen aufzufangen. Ich hörte das Summen und Surren diverser Fluginsekten und das gesellige Gezwitscher eines Zwergkleiberschwarms über mir auf dem Berg – aber keine Bienen.
Ich seufzte und machte kehrt, um den Baumstumpf zu umrunden, hielt dann aber inne, weil mir unten etwas Weißes ins Auge fiel.
Thomas Christie und Malva befanden sich auf der kleinen Lichtung hinter ihrer Blockhütte. Ich hatte sein Hemd aufleuchten sehen, als er sich bewegte, doch jetzt stand er mit verschränkten Armen reglos da.
Er schien sich ganz auf seine Tochter zu konzentrieren, die Zweige von einem der Vogelbeerbäume am Rand der Lichtung abschnitt. Ich fragte mich, wozu?
Etwas Merkwürdiges schien der Szene anzuhaften, obwohl ich nicht mit dem Finger darauf zeigen konnte, was es war. Ihre Körpersprache? Die angespannte Atmosphäre zwischen ihnen?
Malva drehte sich um und ging auf ihren Vater zu, einige lange, schlanke Zweige in der Hand. Sie hatte den Kopf gesenkt und bewegte sich schleppend, und als sie ihm die Ruten reichte, verstand ich abrupt, was dort vor sich ging.
Sie waren zu weit entfernt, als dass ich sie hätte hören können, aber anscheinend sagte er etwas zu ihr und wies schroff auf den
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