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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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nicht anders zu erwarten, ignorierte er die Störung und sagte ihnen nur, wo sie graben sollten, bis er ihnen schließlich befahl, aus dem Bach zu steigen, damit sie nicht erdrückt wurden.
    »Na dann«, sagte er und wandte sich ihr zu. »Fass hier an.« Er hatte den Felsbrocken freigelegt, so dass er jetzt aus dem Lehm des Ufers herausragte. Rechts und links des Felsens sowie dahinter steckten die Eichenstämmchen im Schlamm.
    Sie ergriff den Stecken, auf den er zeigte, und er nahm die beiden anderen.
    »Ich zähle bis drei… eins… zwei… hoch !«
    Jem und Germain, die über ihnen hockten, stimmten ein und intonierten
»Eins… zwei… hoch !« wie ein kleiner griechischer Chor. Sie hatte einen Splitter im Daumen, und das Holz scheuerte gegen ihre vom Wasser aufgeweichte, faltige Haut, doch plötzlich war ihr zum Lachen zumute.
    »Eins … zwei … ho -« Mit einem plötzlichen Ruck, einer Schlammlawine und einer Kaskade loser Erde vom darüber liegenden Ufer gab der Felsbrocken nach und fiel mit einem Klatscher in den Bach, der sie beide bis zur Brust durchnässte und die beiden kleinen Jungen vor Freude aufkreischen ließ.
    Jamie grinste von einem Ohr zum anderen, genau wie sie, obwohl ihr Hemd durchnässt und die Kinder voller Schlamm waren. Der Felsbrocken lag jetzt kurz vor dem anderen Bachufer, und die umgelenkte Strömung fraß sich bereits – ganz wie sie es vorausberechnet hatte – in die neu geschaffene Höhlung im diesseitigen Ufer, wo ein kräftiger Wirbel den feinkörnigen Lehm in Fäden und Spiralen davontrug.
    »Siehst du das?« Sie zeigte darauf und wischte sich ihr schlammverspritztes Gesicht an der Schulter ihres Hemdes ab. »Ich weiß nicht, wie weit die Stelle ausgespült wird, aber wenn ich es ein oder zwei Tage fließen lasse, werde ich nicht mehr viel zu graben haben.«
    »Du hast gewusst, dass das passieren würde?« Ihr Vater sah sie mit leuchtenden Augen an und lachte. »Oh, du kleiner Schlaukopf.«
    Die Freude über die Anerkennung ihrer Leistung dämpfte ihren Ärger über Rogers Abwesenheit. Eine Flasche Cidre, die in Jamies Korb von den toten Forellen kühl gehalten wurde, tat das Ihre. Sie saßen kameradschaftlich auf der Uferböschung, reichten sich abwechselnd die Flasche und bewunderten den Eifer, mit dem der neue Strömungswirbel am Werk war.
    »Das sieht nach ordentlichem Lehm aus«, stellte sie fest und beugte sich vor, um ein wenig feuchten Lehm aus dem bröckeligen Ufer zu schaben. Sie drückte ihn mit der Hand, so dass ihr das gräuliche Wasser über den Arm lief, und öffnete dann die Hand, um ihm zu zeigen, wie gut er seine Form behielt und wie deutlich man die Abdrücke ihrer Finger sehen konnte.
    »Gut für deinen Ofen?«, fragte er, nachdem er pflichtschuldigst einen Blick auf das Lehmklümpchen geworfen hatte.
    »Den Versuch ist es wert.« Bis jetzt hatte sie diverse mehr oder minder erfolglose Experimente mit dem Brennofen durchgeführt und eine Reihe unförmiger Teller und Schüsseln produziert, von denen die meisten entweder noch im Ofen explodiert oder gleich nach dem Herausziehen in Scherben gebrochen waren. Ein oder zwei deformierte, verkohlte Überlebende leisteten jetzt zweifelhafte Frondienste, doch es war ein herzlich geringer Lohn für die Mühe, die es kostete, den Ofen zu stochen und tagelang im Auge zu behalten.
    Was sie brauchte, war guter Rat von jemandem, der sich mit Brennöfen und der Keramikherstellung auskannte. Aber angesichts der angespannten Beziehungen zwischen Fraser’s Ridge und Salem konnte sie diesen nicht
suchen. Es war schon peinlich genug gewesen, dass sie direkt mit Bruder Mordecai über sein Brennverfahren gesprochen hatte – eine Papistin, die mit einem Mann sprach, mit dem sie nicht verheiratet war, welch ein Skandal!
    »Dieser verdammte Manfred«, gab ihr Vater ihr Recht, als sie ihm ihr Leid klagte. Er hörte ihre Klagen nicht zum ersten Mal, schwieg aber – und zögerte. »Würde es dir helfen, wenn ich hingehen und fragen würde? Ein paar von den Brüdern sprechen ja noch mit mir, und vielleicht lassen sie mich mit Mordecai reden. Wenn du mir sagen würdest, was du wissen musst …? Du könntest es dann aufschreiben.«
    »Oh, Pa, ich liebe dich!« Dankbar beugte sie sich zu ihm hinüber, um ihm einen Kuss zu geben, und er lachte, sichtlich froh, ihr einen Dienst erweisen zu können.
    Vergnügt trank sie noch einen Schluck Cidre, während ihr rosige Visionen gebrannter Lehmrohre durch den Kopf zu tanzen begannen. Sie hatte

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