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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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beizubringen …
    Unter unablässigen Flüchen bewältigte er die letzte kurze, steile Steigung und betrat den verwahrlosten kleinen Hof. Bevor er sich jedoch rufend bemerkbar machen konnte, flog die Tür auf.
    »Roger Mac!« Amy McCallum fiel fast die Stufen hinunter und landete keuchend und weinend in seinen Armen. »Oh, Ihr seid hier, Ihr seid hier! Ich habe gebetet, dass jemand kommt, aber ich habe nicht geglaubt, dass es rechtzeitig geschehen würde, und gedacht, er stirbt, aber Ihr seid hier, Gott sei Dank!«
    »Was ist denn? Was ist passiert? Ist Orrie krank?« Er hielt sie an den Armen fest, um sie zu stützen, und sie schüttelte so heftig den Kopf, dass ihre Haube halb herunter rutschte.
    »Aidan«, keuchte sie. »Es ist Aidan.«
     
    Aidan McCallum lag zusammengekrümmt auf meinem Sprechzimmertisch. Er war weiß wie ein Leintuch und stieß kleine keuchende Stöhnlaute aus. Meine erste Hoffnung – unreife Äpfel oder Stachelbeeren – verschwand, als ich ihn mir näher ansah. Ich war mir ziemlich sicher, womit ich es hier zu
tun hatte, aber eine Blinddarmentzündung hatte einige Symptome mit anderen Erkrankungen gemeinsam. Doch ein klassischer Fall hat eine auffallende Eigenschaft.
    »Könnt Ihr ihn gerade hinlegen, nur ganz kurz?« Ich sah seine Mutter an, die den Tränen nahe neben ihm stand, und es war Roger, der nickte und Aidan die Hände auf Knie und Schultern legte, während er ihn sanft überredete, sich flach hinzulegen.
    Ich legte ihm den Daumen auf den Bauchnabel, den kleinen Finger auf den rechten Hüftknochen und drückte ihm fest mit dem Mittelfinger auf den Bauch. Dabei fragte ich mich für eine Sekunde, ob McBurney diese Stelle bereits entdeckt und benannt hatte. Schmerzen am McBurney-Punkt waren ein spezifisches diagnostisches Symptom für eine akute Blinddarmentzündung – und als ich Aidan dort auf den Bauch drückte und dann wieder losließ, schrie er, bäumte sich auf dem Tisch auf und klappte dann zusammen wie ein Taschenmesser.
    Mit Sicherheit der Blinddarm. Ich hatte gewusst, dass ich eines Tages damit zu tun bekommen würde. Und mit einer Mischung aus Bestürzung und Aufregung begriff ich, dass der Zeitpunkt gekommen war, endlich den Äther einzusetzen. Ich hatte sowohl keinen Zweifel als auch keine Wahl; wenn ich den Wurmfortsatz nicht entfernte, würde er platzen.
    Ich blickte auf; Roger stützte Mrs. McCallum am Ellbogen; sie hielt das eingewickelte Baby an ihre Brust geklammert. Sie würde bleiben müssen; Aidan würde sie brauchen.
    »Roger – hol Lizzie, damit sie sich um das Baby kümmert. Und dann lauf zu den Christies, so schnell du kannst; ich brauche Malva, damit sie mir hilft.«
    Ein außergewöhnlicher Ausdruck huschte über sein Gesicht; ich konnte ihn nicht deuten, aber er verschwand gleich wieder, und ich hatte keine Zeit, mir darüber Sorgen zu machen. Er nickte wortlos und ging, und ich wandte mich Mrs. McCallum zu, um ihr die Fragen zu stellen, deren Antworten ich wissen musste, bevor ich ihrem kleinen Sohn den Bauch aufschnitt.
     
    Es war Allan Christie, der auf Rogers kräftiges Klopfen hin öffnete. Er war eine dunklere, schmalere Ausgabe von Toms Eulengesicht, und auf die Frage nach Malvas Aufenthaltsort blinzelte er gemächlich.
    »Oh … sie ist zum Bach gegangen«, sagte er. »Binsen sammeln, hat sie gesagt.« Er runzelte die Stirn. »Was wollt Ihr denn von ihr?«
    »Mrs. Fraser bittet sie, zu kommen und ihr bei – bei etwas zu helfen.« Im Inneren der Hütte bewegte sich etwas; die Hintertür wurde geöffnet. Tom Christie kam herein, ein Buch in der Hand, die Seite, die er gerade gelesen hatte, zwischen zwei Fingern markiert.
    »MacKenzie«, sagte er mit einem grüßenden Ruck seines Kopfes. »Habt Ihr gesagt, Mrs. Fraser sucht Malva? Warum?« Er runzelte ebenfalls die
Stirn, und die beiden Christies sahen haargenau so aus wie ein Eulenpaar, das eine fragwürdige Maus betrachtete.
    »Weil der kleine Aidan McCallum schwer krank ist und sie froh wäre, wenn Malva ihr hilft. Ich gehe sie suchen.«
    Christies Stirnrunzeln vertiefte sich noch, und er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber Roger hatte sich bereits umgedreht und eilte auf die Bäume zu, bevor ihn einer der beiden aufhalten konnte.
    Er fand sie ziemlich schnell, obwohl ihm jeder Augenblick, den er auf der Suche verbrachte, wie eine Ewigkeit vorkam. Wie lange dauerte es, bis ein Wurmfortsatz platzte? Sie stand knietief im Bach, die Röcke hochgerafft, und ihr Binsenkorb trieb an ihr

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