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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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und erhob sich.
    »Dann werde ich mich jetzt umsehen, ob hier jemand herumhumpelt.« Doch an der Tür blieb er stehen und wandte sich noch einmal an Jocasta.
    »Tante Jocasta. Du hast gesagt, du bist diesem Kerl schon zweimal begegnet? In dem Wirtshaus in Coigach, wo ihr das Gold an Land gebracht habt – und vor ein paar Jahren beim Gathering ?«
    Sie nickte und strich sich das feuchte Haar aus dem Gesicht.
    »Ja. Es war am letzten Tag. Er ist in mein Zelt gekommen, als ich dort allein war. Ich wusste, dass jemand da war, obwohl er zuerst nichts gesagt hat, und habe gefragt, wer er war. Da hat er kurz gelacht und gesagt, ›Dann stimmt es also, was man mir gesagt hat – Ihr seid völlig blind?‹«
    Sie war aufgestanden und hatte sich dem unsichtbaren Besucher gegenübergestellt, dessen Stimme sie erkannte, ohne jedoch so recht zu wissen, warum.
    »Dann erkennt Ihr mich nicht, Mrs. Cameron? Ich war ein Freund Eures Gatten – obwohl unsere letzte Begegnung viele Jahre her ist. An der schottischen Küste – in einer mondhellen Nacht.«
    Sie leckte sie über die trockenen Lippen, während sie daran zurückdachte.
    »Und da habe ich ganz plötzlich begriffen und gesagt: ›Ich bin zwar vielleicht blind, aber ich erkenne Euch genau, Sir. Was wollt Ihr?‹ Doch er war fort. Und im nächsten Moment habe ich Phaedre und Ulysses reden gehört, als sie ins Zelt kamen; er hatte sie entdeckt und die Flucht ergriffen. Ich habe sie gefragt, aber sie waren so in ihren Disput vertieft, dass sie ihn nicht gesehen haben. Danach hatte ich ständig jemanden bei mir, bis wir die Rückreise angetreten haben – aber er ist nicht mehr in meine Nähe gekommen. Bis jetzt.«
    Jamie runzelte die Stirn und rieb sich langsam mit dem Fingerknöchel über seinen langen, geraden Nasenrücken.
    »Warum hast du mir damals nichts gesagt?«
    Ein Hauch von Humor erschien in ihrem erschöpften Gesicht, und sie schlang die Finger um ihr verletztes Handgelenk.
    »Ich dachte, ich hätte Halluzinationen.«
     
    Phaedre hatte die Laudanumflasche dort gefunden, wo Jocasta sie fallen gelassen hatte, unter ihrem Sessel im Wohnzimmer. Außerdem eine Spur winziger
Blutflecken, die ich in meiner Eile übersehen hatte. Sie verschwanden jedoch, bevor sie die Tür erreichten; die Wunde, die Jocasta dem Eindringling zugefügt hatte, war nur geringfügig.
    Duncan, den wir diskret hatten rufen lassen, war herbeigeeilt, um Jocasta zu trösten – wurde allerdings postwendend wieder hinausgeschickt, mit der Anweisung, nach den Gästen zu sehen; weder Verletzung noch Krankheit würden einen solchen Anlass beeinträchtigen!
    Ulysses wurde ein wenig herzlicher empfangen. Ihn zitierte Jocasta sogar selbst herbei. Als ich in ihr Zimmer blickte, um mich nach ihrem Zustand zu erkundigen, sah ich ihn neben dem Bett sitzen und die Hand seiner Herrin mit einem solchen Ausdruck der Sanftheit halten, dass es mich rührte und ich leise wieder in den Flur trat, um sie nicht zu stören. Doch er bemerkte mich und nickte.
    Sie unterhielten sich leise; sein Kopf mit der steifen weißen Perücke war dem ihren zugeneigt. Er schien höchst respektvoll mit ihr zu streiten; sie schüttelte den Kopf und stieß einen kurzen Schmerzenslaut aus. Seine Hand schloss sich fester um die ihre, und ich sah, dass er seine weißen Handschuhe ausgezogen hatte; ihre lange Hand lag zerbrechlich und bleich in seiner kraftvollen dunklen Umklammerung.
    Sie atmete tief durch, um sich wieder in den Griff zu bekommen. Dann sagte sie etwas Endgültiges, drückte ihm die Hand und legte sich zurück. Er erhob sich, blieb einen Moment neben dem Bett stehen und blickte auf sie hinunter. Dann richtete er sich auf, nahm die Handschuhe aus seiner Tasche und kam hinaus in den Flur.
    »Wenn Ihr Euren Gatten holen würdet, Mrs. Fraser?«, sagte er leise. »Meine Herrin wünscht, dass ich ihm etwas sage.«
     
    Der Empfang war immer noch in vollem Gange, auch wenn man jetzt zu gemächlicher Verdauung übergegangen war. Die Leute grüßten Jamie oder mich, als wir Ulysses ins Haus folgten, doch niemand versuchte, uns anzuhalten.
    Er führte uns die Treppe hinunter in seine Butlerkammer, ein winziges Zimmerchen, das von der Winterküche abging und dessen Wandborde voll gestopft waren mit Silberornamenten, Politurflaschen, Essig, schwarzer und blauer Schuhwichse, einem Nadelkissen mit Nähnadeln, Stecknadeln und Faden, kleinen Flickwerkzeugen und etwas, das wie ein beträchtlicher Privatvorrat an Brandy, Whisky und diversen

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