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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Kräuterlikören aussah.
    Er nahm die Flaschen von ihrem Bord, griff an ihren Platz und drückte mit beiden weiß behandschuhten Händen gegen das Holz der Rückwand. Etwas klickte, und ein kleines Paneel glitt leise knirschend beiseite.
    Er trat zurück und lud Jamie wortlos ein, einen Blick darauf zu werfen. Jamie zog eine Augenbraue hoch und beugte sich vor, um in die Lücke zu spähen. Die Butlerkammer war dunkel und voller Schatten, und nur die
hohen Kellerfenster, die an der Oberkante der Küchenwände entlangliefen, spendeten gedämpftes Licht.
    »Es ist leer«, sagte er.
    »Ja, Sir. Das sollte aber nicht so sein.« Ulysses’ Stimme war leise und respektvoll, aber fest.
    »Was ist denn da gewesen?«, fragte ich und lugte zur Kammer hinaus, um sicherzugehen, dass uns niemand hörte. Die Küche sah aus, als sei eine Bombe darin hochgegangen, doch es war nur ein Küchenjunge dort, ein geistig behinderter Junge, der leise vor sich hin sang.
    »Ein Stück von einem Goldbarren«, erwiderte Ulysses leise.
    Das Franzosengold, das Hector Cameron aus Schottland mitgebracht hatte, zehntausend Pfund, in Goldbarren gegossen und mit der Königslilie markiert, war das Fundament des Reichtums von River Run. Doch diese Tatsache durfte natürlich nicht bekannt werden. Zuerst war es Hector gewesen und nach seinem Tod Ulysses, der sich einen Goldbarren genommen und Teile des weichen gelben Metalls abgeschabt hatte, bis er einen kleinen Haufen hatte, der nicht mehr zu identifizieren war. Diese Späne konnte man zu den Lagerhäusern am Fluss mitnehmen – oder zur zusätzlichen Sicherheit manchmal auch bis zu den Küstenstädten, Edenton, Wilmington oder New Bern – und sie dort in kleinen Mengen, die kein Gerede nach sich zogen, gegen Bargeld oder Lagerhauszertifikate eintauschen, die man überall gefahrlos benutzen konnte.
    »Ungefähr die Hälfte des Barrens war noch übrig«, sagte Ulysses und wies kopfnickend auf die Vertiefung in der Wand. »Vor ein paar Monaten war er plötzlich fort. Danach habe ich natürlich ein neues Versteck gesucht.«
    Jamie blickte in die leere Vertiefung, dann wandte er sich an Ulysses.
    »Der Rest?«
    »Unangetastet, als ich das letzte Mal nachgesehen habe, Sir.« Der Großteil des Goldes war im Inneren von Hector Camerons Mausoleum in einem Sarg versteckt und wurde, so hoffte man, von seinem Geist bewacht. Vielleicht wussten außer Ulysses noch ein oder zwei Sklaven davon, doch ihre heftige Angst vor Geistern reichte aus, um sie alle fern zu halten. Mir fiel die Linie aus Salz wieder ein, die vor dem Mausoleum auf dem Boden ausgestreut war, und ich erschauerte, obwohl die Luft im Keller so stickig war.
    »Ich konnte es heute natürlich nicht einrichten nachzusehen«, fügte der Butler hinzu.
    »Nein, natürlich nicht. Weiß Duncan davon?« Jamie wies auf die Vertiefung in der Wand, und Ulysses nickte.
    »Jeder hätte der Dieb sein können. Es kommen so viele Menschen in dieses Haus…« Der Butler zuckte kaum merklich mit seinen breiten Schultern. »Aber dass nun dieser Mann vom Meer zurückgekehrt ist – gibt der Angelegenheit eine andere Dimension, nicht wahr, Sir?«

    »Aye, so ist es.« Jamie dachte einen Moment über die Sache nach und klopfte sacht mit zwei Fingern gegen sein Bein.
    »Nun denn. Du musst doch sicher ein wenig bleiben, Sassenach, nicht wahr? Um dich um das Auge meiner Tante zu kümmern?«
    Ich nickte. Solange mein grober Eingriff keine Entzündung nach sich zog, konnte ich für das Auge kaum etwas oder gar nichts tun. Doch es musste unter Beobachtung bleiben, sauber gehalten und gespült werden, bis ich sicher sein konnte, dass es verheilt war.
    »Dann bleiben wir noch eine Weile«, sagte er an Ulysses gewandt. »Ich werde die Bugs zurück nach Fraser’s Ridge schicken, damit sie dort nach dem Rechten sehen und sich um die Heuernte kümmern. Wir bleiben hier und behalten die Dinge im Auge.«
     
    Das Haus war voller Gäste, doch ich schlief in Jocastas Ankleidezimmer, um sie im Blick zu haben. Der nachlassende Augeninnendruck hatte die grauenvollen Schmerzen gelindert, und sie war fest eingeschlafen. Ihr Puls und ihre Atmung hatten sich so normalisiert, dass ich das Gefühl hatte, ebenfalls schlafen zu können.
    Doch da ich wusste, dass ich eine Patientin hatte, schlief ich nicht sehr tief und wachte in unregelmäßigen Abständen auf, um auf Zehenspitzen in ihr Zimmer zu gehen. Duncan schlief auf einer Matratze neben ihrem Bett. Er war todmüde von der Erschöpfung des

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