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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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dass sie es auch jetzt nicht zulassen würden.
    Daher stahl ich mich auf Strümpfen nach unten, die Schuhe in der Hand. Und anstatt durch die Haustür zu gehen, deren Scharniere quietschten, oder durch die Küche, wo Mrs. Bug arbeitete, schlüpfte ich in mein Sprechzimmer, öffnete das Fenster, und kletterte vorsichtig hinaus – nachdem ich mich vergewissert hatte, dass sich die weiße Sau nicht unten herumtrieb.
    Ich fühlte mich wie beschwipst, entwischt zu sein, und dieses Hochgefühl trug mich ein Stück des Weges. Danach war ich gezwungen, alle hundert Meter anzuhalten, mich hinzusetzen und nach Luft zu schnappen, während
meine Beine wieder zu Kräften kamen. Doch ich gab nicht auf und schaffte es schließlich zur Hütte der Christies.
    Es war niemand zu sehen, und auch auf mein zögerliches »Hallo!« kam keine Antwort, doch als ich an die Tür klopfte, hörte ich, wie mich Toms Stimme schroff und antriebslos hereinbat.
    Er saß am Tisch und schrieb, doch seinem Aussehen nach gehörte er dringend ins Bett. Bei meinem Anblick bekam er große Augen und versuchte hastig, sein schäbiges Schultertuch gerade zu ziehen.
    »Mrs. Fraser! Seid Ihr – das heißt – was in Gottes Namen …« Der Sprache beraubt, zeigte er mit dem Finger auf mich, und seine Augen waren so groß wie Untertassen. Ich hatte beim Eintreten meinen breitkrempigen Hut ausgezogen und vorübergehend vergessen, dass ich größte Ähnlichkeit mit einer aufgeregten Flaschenbürste hatte.
    »Oh«, sagte ich und strich mir befangen mit der Hand über den Kopf. »Das. Ihr solltet Euch freuen; ich versetze die Öffentlichkeit nicht in Entrüstung, indem ich meine wallenden Locken zur Schau stelle.«
    »Ihr seht aus wie ein Sträfling«, sagte er unverblümt. »Setzt Euch.«
    Das tat ich, denn ich konnte den Hocker, den er mir anbot, nach dem anstrengenden Fußweg gut brauchen.
    »Wie geht es Euch?«, erkundigte ich mich und musterte ihn scharf. Das Licht im Inneren der Hütte war sehr schlecht; er hatte beim Schein einer Kerze geschrieben, die er bei meinem Auftauchen gelöscht hatte.
    »Wie es mir geht?« Meine Frage schien ihn zugleich zu erstaunen und zu verärgern. »Ihr seid den ganzen Weg hierher gelaufen, in gefährlich geschwächtem Zustand, um Euch nach meiner Gesundheit zu erkundigen?«
    »Wenn Ihr es so ausdrücken wollt«, erwiderte ich, schwer verärgert über das ›gefährlich geschwächt‹. »Ich gehe nicht davon aus, dass Ihr hinaus ins Licht treten möchtet, damit ich einen genauen Blick auf Euch werfen kann, oder?«
    Er zog sich die Enden seines Schultertuchs schützend über die Brust.
    »Warum?« Er sah mich stirnrunzelnd an, und seine Augenbrauen zogen sich zusammen, was ihm das Aussehen einer aufgebrachten Eule verlieh.
    »Weil ich ein paar Dinge über Euren Gesundheitszustand wissen möchte«, erwiderte ich geduldig, »und Euch zu untersuchen, ist wahrscheinlich der beste Weg, sie herauszufinden, da Ihr ja nicht in der Lage zu sein scheint, mir etwas zu erzählen.«
    »Ihr seid wirklich unverantwortlich, Madam!«
    »Nein, ich bin Ärztin«, konterte ich. »Und ich möchte wissen -« Eine kurze Welle des Schwindels überkam mich, und ich beugte mich über den Tisch und hielt mich fest, bis sie vorüber war.
    »Ihr habt den Verstand verloren«, stellte er fest, nachdem er mich einen Moment genau beobachtet hatte. »Außerdem seid Ihr, glaube ich, immer
noch krank. Bleibt hier; ich rufe meinen Sohn, damit er Euren Mann holt.«
    Ich wedelte ihn mit der Hand weg und holte tief Luft. Mein Herz raste, und ich war ein wenig blass und verschwitzt, aber im Grunde fehlte mir nichts.
    »Die Sache ist die, Mr. Christie, dass ich zwar sicherlich krank gewesen bin , aber nicht dieselbe Krankheit hatte wie die Menschen in Fraser’s Ridge – und nach allem, was Malva mir berichten konnte, hattet Ihr sie auch nicht.«
    Er hatte sich erhoben, um hinauszugehen und Allan zu rufen; bei diesen Worten blieb er stehen und starrte mich mit offenem Mund an. Dann ließ er sich langsam wieder auf seinen Stuhl sinken.
    »Wie meint Ihr das?«
    Jetzt, da er mir endlich zuhörte, breitete ich gern die Tatsachen vor ihm aus; ich hatte sie griffbereit, nachdem ich im Lauf der letzten Tage ausführlich darüber nachgedacht hatte.
    Es hatten zwar mehrere Familien in Fraser’s Ridge verheerend an Amöbenruhr gelitten, ich jedoch nicht. Ich hatte lebensgefährlich hohes Fieber gehabt, begleitet von schrecklichen Kopfschmerzen und – soweit ich dies Malvas

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