Ein Hauch von Schnee und Asche
Feuern gebraten wurden, mit überquellenden Tellern voll Mais und gebratenem Kürbis, schüsselweise mit Zwiebeln und Koriander gewürzten Bohnen und Gemüseeintopf und dutzendweise kleinen Fischen, in Maismehl gewälzt, in Bärenfett gebraten, ihr Fleisch knusprig und süß.
Mr. Crombie, der anfangs sehr steif gewesen war, begann unter dem Einfluss des Essens, des Biers und der schmeichelhaften Aufmerksamkeit, die ihm zuteil wurde, aufzutauen. Einen gewissen Teil dieser Aufmerksamkeit, dachte Jamie, verdankte er der Tatsache, dass Ian eine Zeit lang bei seinem
Schüler blieb und ihn breit grinsend ermutigte und verbesserte, bis Hiram die Sprache leichter über die Lippen ging und er allein zurechtkam. Ian erfreute sich großer Beliebtheit, vor allem bei den jungen Frauen des Dorfes.
Er selbst genoss das Fest in vollen Zügen; nun, da er seiner Verantwortung enthoben war, blieb ihm nichts mehr zu tun als zu reden und zuzuhören und zu essen – und am Morgen würde er gehen.
Es war ein seltsames Gefühl, und er war sich nicht sicher, es schon einmal empfunden zu haben. Er hatte schon viele Abschiede erlebt, meistens bedauernd, manchmal mit einem Gefühl der Erleichterung, ein paar, die ihm das Herz aus der Brust rissen und ihn bluten ließen. Nicht heute Abend. Alles erschien ihm seltsam zeremoniös, etwas, das er bewusst zum letzten Mal tat, und doch lag keine Traurigkeit darin.
Es war wohl eher ein Gefühl der Vollendung. Er hatte getan, was er konnte und nun musste er es Bird und den anderen überlassen, ihren eigenen Weg zu gehen. Vielleicht würde er einmal wiederkommen, jedoch nie wieder im Dienst, in seiner Rolle als Agent des Königs.
Dies allein war ein merkwürdiger Gedanke. Er hatte noch nie ohne das Bewusstsein gelebt, Untertan eines Königs zu sein – ob freiwillig oder nicht, ob er sich darüber Gedanken machte oder nicht … ob es das Haus des Deutschen Geordie war oder die Stuarts. Und jetzt tat er es.
Zum ersten Mal bekam er eine Ahnung von dem, was seine Frau und seine Tochter ihm zu erklären versucht hatten.
Er begriff, dass Hiram Anlauf nahm, einen der Psalmen zu rezitieren. Er machte seine Sache nicht schlecht, denn er hatte Ian gebeten, den Text zu übersetzen, und hatte ihn dann sorgfältig auswendig gelernt. Allerdings…
»Öl läuft ihm über Kopf und Bart.«
Penstemon warf einen argwöhnischen Blick auf den kleinen Topf mit geschmolzenem Bärenfett, das sie zum Kochen benutzten, und beobachtete Hiram mit zusammengekniffenen Augen, wohl um ihm das Gefäß aus der Hand zu reißen, falls er versuchte, es über seinem Kopf auszugießen.
»Es ist eine Geschichte über seine Vorfahren«, sagte Jamie mit einem kleinen Achselzucken zu ihr. »Nicht seine eigene Sitte.«
»Oh. Hm.« Sie entspannte sich ein wenig, ließ Hiram aber nach wie vor nicht aus den Augen. Er war zwar Gast, aber man konnte sich nicht darauf verlassen, dass sich alle Gäste gut benahmen.
Doch Hiram unternahm nichts Unziemliches, und obwohl er immer wieder versicherte, satt zu sein, und seinen Gastgebern ungeschickte Komplimente machte, überredete man ihn zu essen, bis seine Augen vorquollen, was die Indianer freute.
Ian würde ein paar Tage bleiben, um sicherzugehen, dass Hiram und Birds Leute miteinander auskamen. Allerdings war sich Jamie nicht ganz sicher, dass Ians Sinn für Humor nicht die Oberhand über sein Verantwortungsgefühl erlangen würde – in mancher Hinsicht ähnelte Ians Sinn für
Humor dem der Indianer. Womöglich wäre es daher kein Fehler, wenn Jamie etwas zur Verständigung beitrug.
»Er hat eine Frau«, sagte Jamie zu Bird und wies kopfnickend auf Hiram, der jetzt in ein angeregtes Gespräch mit zweien der älteren Männer vertieft war. »Ich glaube, er würde eine junge Frau in seinem Bett nicht willkommen heißen. Möglich, dass er unhöflich zu ihr wäre, weil er das Kompliment nicht versteht.«
»Keine Sorge«, sagte Penstemon, die dies mitbekam. Sie blickte in Hirams Richtung und verzog verächtlich die Lippen. »Niemand würde ein Kind von ihm wollen. Ein Kind von Euch dagegen, Bärentöter …« Sie warf ihm mit gesenkten Lidern einen langen Blick zu, und er lachte und salutierte ihr mit einer Geste des Respekts.
Es war eine perfekte Nacht, kalt und klar, und die Tür stand offen, damit Luft hereinkam. Der Rauch des Feuers stieg gerade und weiß zu dem Loch in der Decke auf wie Geister, die sich froh erheben.
Jedermann hatte gegessen und getrunken, bis ihn angenehme Müdigkeit
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