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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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sich ins Wasser stürzen, wenn sie sie erspähten, und dabei mit ihren Schwänzen nicht nur Wasser verspritzen, sondern es regelrecht peitschen. Sie hatte das einmal gehört; es war erstaunlich laut und klang wie eine Gewehrsalve – und es würde garantiert jeden Fisch im Umkreis mehrerer Meilen in ein Versteck treiben.
    Das diesseitige Ufer war mit angenagten Stöckchen übersät, deren inneres, weißes Holz mit der Präzision eines Zimmermanns frei gemeißelt worden war. Doch keins davon war frisch, und das Einzige, was sie in ihrer Nähe hörte, war das Seufzen des Windes in den Bäumen. Biber waren keine Heimlichtuer; es waren keine da.
    Den Blick achtsam auf das andere Ufer gerichtet, steckte sie ein Stückchen Käse als Köder an den Haken, ließ ihn langsam über ihrem Kopf wirbeln, dann schneller, ließ die Schnur dabei länger werden, dann ließ sie ihn fliegen. Der Haken landete mit einem leisen Plop! in der Teichmitte, doch das Geräusch war nicht laut genug, um die Biber in Alarm zu versetzen; die Weidenschößlinge am anderen Ufer zitterten und bebten weiterhin unter dem Ansturm geschäftiger Zähne.
    Die Larven stiegen gerade auf, ganz wie sie es Ian vorhergesagt hatte. Die Luft war angenehm kühl in ihrem Gesicht, und die Wasseroberfläche kräuselte sich und glitzerte wie graue Seide, auf der das Licht spielt. Mücken schwebten in kleinen Wolken in der reglosen Luft unter den Bäumen, Beute für die Insekten fressenden Köcherfliegen, Steinfliegen und Seejungfern, die jetzt frisch geschlüpft und heißhungrig die Oberfläche durchbrachen.
    Es war eine Schande, dass sie weder Angelrute noch geknotete Fliegen hatte – doch den Versuch war es trotzdem wert. Köcherfliegen waren nicht die einzigen Lebewesen, die im Dämmerlicht hungrig an die Oberfläche stiegen, und gefräßige Forellen bissen im Allgemeinen nach allem, was vor ihrer Nase trieb – ihr Vater hatte einmal eine Forelle an einem Haken gefangen, der nur mit ein paar Strähnen seines leuchtenden Haars bestückt war.
    Das war eine Idee. Sie lächelte vor sich hin und strich sich eine Haarsträhne zurück, die aus ihrem Zopf entwischt war, und begann, die Schnur langsam wieder ans Ufer zu ziehen. Aber wahrscheinlich gab es hier ja mehr als nur Forellen, und Käse war …

    Etwas zog fest an der Schnur, und sie fuhr überrascht zusammen. Hatte sie sich verfangen? Die Schnur ruckte zurück, und ein Stoß aus der Tiefe fuhr ihr wie ein Stromschlag durch den Arm.
    Die nächste halbe Stunde verbrachte sie ohne jeden bewussten Gedanken mit der zielstrebigen Jagd auf flossige Beute. Sie war nass bis zu den Oberschenkeln, mit Mückenstichen übersät, und ihr Handgelenk und ihre Schulter schmerzten, aber zu ihren Füßen im Gras glänzten drei fette Fische; sie verspürte die tiefe Genugtuung eines Jägers – und ein paar Käsekrümel waren noch in ihrer Tasche.
    Gerade holte sie mit dem Arm aus, um den Angelhaken noch einmal auszuwerfen, als ein plötzlicher Chor von Quiek- und Zischlauten die Abendstille erschütterte und eine durchgehende Biberschar ihre Deckung verließ und das gegenüberliegende Ufer hinunterpolterte wie eine Kolonne kleiner pelziger Panzer. Sie starrte sie mit offenem Mund an und trat automatisch einen Schritt zurück.
    Dann tauchte hinter den Bibern etwas Großes, Dunkles zwischen den Bäumen auf, und ein weiterer Reflex pumpte ihr das Adrenalin in die Glieder und ließ sie zur Flucht herumfahren. Sie wäre in Sekunden im Schutz der Bäume gewesen, wenn sie nicht auf einen ihrer Fische getreten wäre, der glitschig wie Butter unter ihrem Fuß wegrutschte, so dass sie ohne Umschweife auf dem Hintern landete. Dort befand sie sich in der idealen Position, um mit anzusehen, wie Rollo als lang gezogener, geduckter Blitz aus den Bäumen geschossen kam und sich in gebogener Flugbahn von der Oberkante der Böschung abstieß. Elegant wie ein Komet sauste er durch die Luft und landete klatschend wie ein abgestürzter Meteor zwischen den Bibern im Teich.
     
    Ian sah mit offenem Mund zu ihr auf. Langsam ließ er den Blick von ihren triefenden Haaren über ihre klatschnassen, schlammverschmierten Kleider bis hinunter zu den Fischen wandern, die – einer davon etwas zerdrückt – an einem Lederriemen in ihrer Hand baumelten.
    »Die Fische haben sich aber heftig gewehrt, wie?«, fragte er und wies kopfnickend auf den Riemen. Seine Mundwinkel begannen zu zucken.
    »Ja«, sagte sie und ließ sie vor ihm auf den Boden fallen. »Aber nicht

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