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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Schulter. Er tätschelte ihr ganz sanft den Rücken, schob sie aber nicht von sich.
    »Danke«, flüsterte er ihr ins Ohr. »Geht es wieder, Brianna?«
    »Hm-mm.« Sie richtete sich auf und löste sich von ihm, schwankend, als sei sie betrunken. Sie fühlte sich auch so, als sei sie betrunken, als seien ihre Knochen weich und biegsam, als sei alles um sie herum leicht unscharf, bis auf bestimmte Dinge, die ihr ins Auge fielen: eine Stelle, an der leuchtend rosafarbener Frauenschuh wuchs, ein Stein, der von der Böschung gefallen war und dessen Oberfläche mit roten Eisenstreifen durchzogen war. Rollo, der beinahe auf Ians Fuß saß und seinen großen Kopf nervös an das Bein seines Herrchens gedrückt hatte.
    »Und was ist mit dir, Ian?«, fragte sie.
    »Es wird schon wieder.« Seine Hand tastete nach Rollos Kopf und rieb ihm beschwichtigend über die spitzen Ohren. »Vielleicht. Nur…«
    »Was?«
    »Bist du … bist du sicher, Brianna?«
    Sie wusste, was er damit meinte; es war eine Glaubensfrage. Sie richtete sich zu voller Höhe auf und wischte sich die Nase am Ärmel ab.
    »Ich bin katholisch, und ich glaube an Vitamine«, erklärte sie standfest. »Und ich weiß, wer mein Vater war. Natürlich bin ich sicher.«
    Er holte seufzend Luft und ließ beim Ausatmen die Schultern zusammenfallen. Dann nickte er, und die Linien in seinem Gesicht entspannten sich ein wenig.
    Er setzte sich auf einen Felsen, und sie ließ ihn allein und ging zum Bach hinunter, um sich kaltes Wasser ins Gesicht zu spritzen. Der Schatten der Uferböschung fiel über den Bach hinweg, und die kalte Luft war vom Duft der Erde und der Kiefern erfüllt. Trotz der Kühle verharrte sie eine Weile dort, auf den Knien.
    Sie konnte die Stimmen in den Bäumen und im Wasser murmeln hören, doch sie beachtete sie nicht. Ganz gleich, wer sie waren, sie stellten keine Bedrohung für sie und die Ihren dar – und lagen nicht im Widerstreit mit der Präsenz, die sie so deutlich in ihrer Nähe spürte.
    »Ich liebe dich, Papa«, flüsterte sie. Sie schloss die Augen und fühlte sich in Frieden.
    Ian musste es ebenfalls besser gehen, dachte sie, als sie schließlich zu der Stelle zurückkehrte, wo er auf den Felsen saß. Rollo hatte ihn allein gelassen, um ein viel versprechendes Loch am Fuß eines Baumes zu untersuchen, und sie wusste, dass der Hund nicht von Ians Seite gewichen wäre, wenn er das Gefühl gehabt hätte, dass sein Herrchen in Schwierigkeiten war.

    Sie war gerade im Begriff, ihn zu fragen, ob sie hier fertig waren, als er aufstand und sie merkte, dass es nicht so war.
    »Weshalb ich dich hierher gebracht habe«, sagte er abrupt. »Ich wollte wissen, was es damit auf sich hat -« Er deutete kopfnickend auf das Mammut. »Aber ich wollte dich auch etwas fragen. Dich um einen Rat bitten.«
    »Einen Rat? Ian, ich kann dir doch keine Ratschläge geben! Wie könnte ich dir sagen, was du tun sollst?«
    »Ich glaube, du bist vielleicht die Einzige, die das kann«, antwortete er mit einem schiefen Lächeln. »Du gehörst zu meiner Familie, du bist eine Frau – und ich bin dir wichtig. Und doch weißt du sogar mehr als Onkel Jamie. Vielleicht liegt es ja daran, wer – oder was« – sein Mund verzog sich ein wenig – »du bist.«
    »Ich weiß nicht mehr«, sagte sie und blickte zu den Knochen im Felsen auf. »Nur – andere Dinge.«
    »Aye«, sagte er und holte tief Luft.
    »Brianna«, sagte er ganz leise. »Wir sind nicht verheiratet – und werden es nie sein.« Er wandte eine Sekunde den Blick ab, dann sah er sie wieder an. »Aber wenn wir geheiratet hätten , hätte ich dich geliebt und für dich gesorgt, so gut ich kann. Ich vertraue darauf, dass du das Gleiche für mich getan hättest. Habe ich Recht?«
    »Oh, Ian.« Ihr Hals war immer noch belegt und rau vor Schmerz; die Worte kamen als Flüstern heraus. Sie berührte die kühle Haut seines hageren Gesichts und malte mit dem Daumen die Linie aus eintätowierten Punkten nach. »Ich liebe dich doch jetzt.«
    »Aye, nun ja«, sagte er leise. »Das weiß ich.« Er hob eine seiner großen Hände und legte sie fest über die ihre. Er drückte ihre Handfläche kurz an seine Wange, dann schlossen sich seine Finger um die ihren, und er ließ ihre verschränkten Hände sinken, ließ aber nicht los.
    »Dann sag mir«, sagte er, ohne den Blick von ihren Augen abzuwenden. »Wenn du mich liebst, sag mir, was ich tun soll. Soll ich zurückgehen?«
    »Zurück«, wiederholte sie und sah ihm suchend ins Gesicht.

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