Ein Hauch von Schnee und Asche
Stich an meinem Hals klopfte heftig, und der an meiner Schläfe schwoll bereits an und zerrte an meinem Augenlid. Ich kroch ein Stückchen weiter und versuchte dabei gleichzeitig, Abstand zu gewinnen, nach meinen Haaren zu schlagen und meine Röcke auszuschütteln, für den Fall, dass sich noch mehr Bienen in meinen Kleidern verfangen hatten.
Ich atmete wie eine Dampfmaschine und zitterte vor Adrenalin und Wut.
»Verflucht... verflixter Bär... gottverdammt...«
Ich verspürte den heftigen Impuls, kreischend und mit wehenden Röcken in den Garten zu rennen, um den Bären in Panik zu versetzen. Doch ein nicht minder heftiger Impuls zum Selbstschutz überwog.
Ich rappelte mich auf, bewegte mich gebückt, aus Vorsicht vor aufgebrachten Bienen, und schob mich bergauf durch das Unterholz, um den Garten zu umrunden und an der anderen Seite wieder herunterzukommen, weit entfernt von den geplünderten Bienenstöcken. Auf diese Weise konnte ich auf den Pfad zurückgelangen und zum Haus gehen, wo ich Hilfe rekrutieren konnte – vorzugsweise bewaffnet -, um das Monster zu vertreiben, bevor es den Rest der Bienenstöcke zerstörte.
Es war sinnlos, mich leise zu verhalten, und ich krachte keuchend vor Rage durchs Gebüsch und stolperte über Baumstämme. Ich versuchte, den Bären zu entdecken, doch die Weinranken, die an den Palisaden wuchsen, waren so dicht, dass ich nur rauschendes Laub und Sonnenschatten sah. Meine zerstochene Gesichtshälfte fühlte sich an, als stünde sie in Flammen. Und mit jedem Herzschlag fuhr mir ein schmerzhafter Stoß durch den Trigeminusnerv, der meine Muskeln zucken und meine Augen furchtbar tränen ließ.
Ich erreichte den Pfad genau unterhalb der Stelle, an der mich die erste Biene gestochen hatte – mein Gärtnerkorb lag noch da, wo ich ihn fallen gelassen hatte, und die Werkzeuge lagen überall verstreut. Ich schnappte mir das Messer, das ich für alles benutzte, vom Stutzen von Pflanzen bis hin zum Ausgraben von Wurzeln; es war ein stabiles Werkzeug mit einer fast zwanzig Zentimeter langen Klinge. Es würde zwar vermutlich den Bären nicht besonders beeindrucken, doch ich fühlte mich besser damit.
Ich warf einen Blick auf das offene Tor, zur Flucht bereit – sah aber nichts. Der zerstörte Bienenkorb lag noch genauso da, wie ich ihn gesehen hatte, die wächsernen Waben zerbrochen und zerdrückt, und alles duftete nach Honig. Doch die Waben waren nicht verstreut, und am freiliegenden Holzfundament des Bienenstocks klebten noch Wachssplitter.
Eine Biene sauste bedrohlich an meinem Ohr vorbei, und ich duckte mich, lief aber nicht davon. Es war still. Ich versuchte, das Keuchen einzustellen, um im Tosen meines rasenden Pulsschlags etwas zu hören. Bären verhielten sich nicht leise; das hatten sie nicht nötig. Ich hätte zumindest sein Wühlen und Schlucken hören müssen – Rascheln im zerbrochenen Geäst, das Lecken einer langen Zunge. Nichts.
Vorsichtig bewegte ich mich seitwärts über den Pfad, Schritt für Schritt, zur Flucht bereit. Ungefähr sechs Meter von mir entfernt stand eine stabile Eiche. Würde ich es bis dort schaffen, wenn der Bär auftauchte?
Ich lauschte, so angestrengt ich konnte, hörte aber nichts als das sanfte Rauschen des Weinlaubs und das Geräusch wütender Bienen, das sich jetzt, da sie sich als dichter Schwarm auf den Überresten ihrer Waben sammelten, zu einem murrenden Summen abgesenkt hatte.
Er war fort. Er musste fort sein. Immer noch argwöhnisch, schlich ich mich näher heran, das Messer in der Hand.
Ich roch das Blut und sah sie in derselben Sekunde. Sie lag im Salatbeet, und ihr Rock hatte sich wie eine riesige, rostbraune Blume zwischen den Salatpflänzchen ausgebreitet.
Ich kniete an ihrer Seite, ohne mich daran erinnern zu können, sie erreicht zu haben, und die Haut an ihrem Arm war warm, als ich ihr Handgelenk ergriff – was für schmale, zerbrechliche Knochen -, aber schlaff, und es war kein Puls zu finden – natürlich nicht , sagte der kalte, kleine Beobachter in mir, ihre Kehle ist durchgeschnitten, hier ist überall Blut, aber du kannst doch sehen, dass ihre Arterie nicht pumpt; sie ist tot .
Malvas graue Augen standen offen, ausdruckslos vor Überraschung, und die Haube war ihr vom Kopf gefallen. Ich packte ihr Handgelenk fester an, als müsste ich in der Lage sein, den vergrabenen Puls zu finden, irgendein Lebenszeichen zu finden… und das tat ich auch. Ihr Kugelbauch bewegte sich, ganz sacht, und ich ließ augenblicklich
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