Ein Hauch von Schnee und Asche
Schwiegervater brillant beherrschte, obwohl Roger zugeben musste, dass der Anwalt auch nicht schlecht darin war. Die Übersetzungen der Zuschauer blieben zwar weit hinter dem Original zurück; dennoch war der Schankraum gebannt, und dann und wann erscholl beifälliges Pfeifen oder Johlen der Zuschauer, oder sie lachten, wenn ein Hieb besonders gut saß.
Da er den Anfang versäumt hatte, hatte Roger keine Ahnung, wie es zu dem Streit gekommen war. Zum jetzigen Zeitpunkt konzentrierte sich der Wortwechsel auf Feigheit und Arroganz, wobei Jamies Bemerkungen darauf hinzielten, die Tatsache, dass Forbes den Überfall auf Fogarty Simms angeführt hatte, als niederträchtigen, feigen Versuch hinzustellen, auf Kosten des Lebens eines Wehrlosen den starken Mann zu markieren, während Forbes – der an diesem Punkt ins Englische wechselte, weil ihm klar wurde, dass sie der Anziehungspunkt des gesamten Schankraums waren – die Meinung vertrat, dass Jamies Anwesenheit hier eine unvertretbare Beleidigung für alle war, die die Ideale von Freiheit und Gerechtigkeit wirklich hochhielten. Jedermann wusste schließlich, dass er in Wirklichkeit ein Königstreuer war, doch er, der aufgeblasene Gockel, glaube, dass er allen so lange Sand in die Augen streuen könne, bis er den ganzen Haufen verraten habe. Doch wenn er, Fraser, glaube, er, Forbes, sei so töricht, sich von Possen auf offener Straße irreführen zu lassen und von großem Gerede ohne Hand und Fuß, so solle er, Fraser, sich das gut überlegen!
Jamie schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, so dass dieser wie eine Pauke donnerte und die Zinnbecher klapperten. Er erhob sich und blickte funkelnd auf Forbes hinunter.
»Wollt Ihr meine Ehre in Zweifel ziehen, Sir?«, rief er, jetzt ebenfalls auf Englisch. »Denn wenn das so ist, lasst uns ins Freie gehen, und wir werden die Sache ein für alle Mal regeln, ja oder nein!«
Schweiß strömte Forbes über das breite, errötete Gesicht, und in seinen Augen glitzerte die Wut, doch obwohl er so überhitzt war, sah Roger, wie ihn verspätet die Vorsicht am Ärmel zupfte. Roger hatte den Streit in Cross Creek nicht miterlebt, doch Ian hatte ihm alles erzählt und sich dabei totgelacht. Das Letzte, was sich Neil Forbes wünschen konnte, war ein Duell.
»Besitzt Ihr denn überhaupt Ehre, die man in Zweifel ziehen könnte?«, zischte Forbes zurück. Er erhob sich jetzt ebenfalls und richtete sich auf, als sei er im Begriff, sich an die Geschworenen zu richten. »Ihr kommt hierher, spielt Euch groß auf, prahlt wie ein Matrose auf Landgang mit Prisengeld in der Tasche – aber haben wir irgendeinen Beweis dafür, dass Eure Worte mehr sind als Schall und Rauch? Schall und Rauch, sage ich, Sir!«
Jamie stand da, beide Hände auf die Tischplatte gestützt, und betrachtete Forbes mit zusammengekniffenen Augen. Roger hatte einmal erlebt, wie sich diese Miene auf ihn richtete. Sekunden später war die Sorte Chaos ausgebrochen, die sich regelmäßig Samstagabends in den Kneipen von Glasgow abspielte – nur schlimmer. Er konnte nur dankbar sein, dass Forbes eindeutig noch keinen Wind von Malva Christies Anschuldigungen bekommen hatte, sonst wäre jetzt schon Blut geflossen.
Jamie richtete sich langsam auf, und seine linke Hand wanderte an seine Taille. Alles schnappte nach Luft, und Forbes wurde blass. Doch er hatte nach seinem Sporran gegriffen, nicht seinem Dolch, und steckte jetzt die Hand hinein.
»Was das betrifft – Sir …«, sagte er in leisem, gleichmütigem Ton, der im ganzen Raum zu hören war, »so habe ich mich deutlich ausgedrückt. Ich bin für die Freiheit, und für dieses Ziel verpfände ich meinen Namen, mein Vermögen« – hier zog er die Hand aus dem Sporran und ließ sie auf den Tisch niedersausen; eine kleine Geldbörse, zwei goldene Guineen und einen Edelstein – »und meine heilige Ehre.«
Im Schankraum war es still, alle Augen richteten sich auf den schwarzen Diamanten, der einen unheilvollen Schimmer verströmte. Jamie hielt drei Herzschläge lang inne, dann holte er Luft.
»Gibt es hier irgendjemanden, der mich der Lüge bezichtigt?«, sagte er. Augenscheinlich war es an den ganzen Raum gerichtet, doch sein Blick war auf Forbes geheftet. Der Anwalt hatte die gräulichrot gefleckte Farbe einer verdorbenen Auster angenommen, schwieg aber.
Jamie hielt erneut den Atem an, dann sah er sich einmal im ganzen Schankraum um, ergriff Börse, Geld und Edelstein und marschierte zur Tür hinaus. Draußen schlug die
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