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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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bevor der Gouverneur eintrat, den nächsten Besucher im Schlepptau.
    Das Herz schlug mir bis zum Hals. Ich drückte meine schweißnassen Handflächen an meinen Rock und nickte dem Neuankömmling zu, der mich hinter dem Gouverneur mit offenem Mund anstarrte.

    »Major MacDonald«, sagte ich und hoffte, dass meine Stimme nicht zittern würde. »Welch Überraschung, Euch hier zu treffen.«
     
    MacDonalds Mund klappte zu, und er richtete sich gerade auf.
    »Mrs. Fraser«, sagte er und verbeugte sich argwöhnisch. »Euer Diener, Ma’am.«
    »Ihr kennt sie?« Gouverneur Martin blickte stirnrunzelnd von MacDonald zu mir und wieder zurück.
    »Wir sind uns schon einmal begegnet«, sagte ich und nickte höflich. Mir war der Gedanke gekommen, dass es möglicherweise für keinen von uns beiden gut war, wenn der Gouverneur glaubte, dass es eine Verbindung zwischen uns gab – wenn es denn eine gab.
    MacDonald war eindeutig derselbe Gedanke gekommen; sein Gesicht verriet nichts außer leiser Höflichkeit, obwohl ich sehen konnte, wie die Gedanken hinter seiner Stirn hin und her huschten wie ein Mückenschwarm. Ich selbst beherbergte einen ähnlichen Schwarm – und da ich wusste, dass mein Gesicht von Natur aus verräterisch war, senkte ich sittsam den Blick, murmelte eine Entschuldigung, Erfrischungen betreffend, und stahl mich zur Treppe davon.
    Ich bahnte mir meinen Weg zwischen den Grüppchen von Matrosen und Soldaten hindurch, deren salutierende Handbewegungen ich mechanisch erwiderte, während mein Verstand auf Hochtouren arbeitete.
    Wie? Wie konnte ich allein mit MacDonald sprechen? Ich musste herausfinden, was er über Jamie wusste – falls überhaupt. Würde er es mir sagen, wenn er etwas wusste? Doch, dachte ich, das würde er; er mochte ja Soldat sein, doch MacDonald war auch ein leidenschaftliches Waschweib – und die Neugier über meinen Anblick brachte ihn sichtlich um.
    Der Koch, ein rundlicher, junger, freier Schwarzer namens Tinsdale, der das Haar in drei Stummelzöpfchen trug, die wie die Hörner eines Triceratops von seinem Kopf abstanden, war in der Küche zugange, wo er verträumt ein Stück Brot über dem Feuer toastete.
    »Oh, hallo«, sagte er freundlich, als er mich sah. Er schwenkte seine Toastgabel. »Möchtest Ihr etwas Toast, Mrs. Fraser? Oder ist es wieder heißes Wasser?«
    »Toast wäre wunderbar«, sagte ich, doch dann kam mir eine Idee. »Aber der Gouverneur hat Gesellschaft; er hätte gern Kaffee. Und wenn Ihr dazu noch ein paar von diesen köstlichen Mandelplätzchen hättet...«
    Mit einem voll geladenen Kaffeetablett bewaffnet, war ich ein paar Minuten später wieder zur Arztkajüte unterwegs. Mein Herz klopfte. Die Tür stand offen, um Luft einzulassen; offenbar war es keine geheime Zusammenkunft.
    Sie standen gemeinsam über den kleinen Tisch gebeugt, und der Gouverneur betrachtete stirnrunzelnd ein Papierbündel, das den Falten und Flecken
nach eine weite Reise in MacDonalds Kuriertasche hinter sich hatte. Es schienen Briefe zu sein, die von unterschiedlicher Hand mit unterschiedlicher Tinte verfasst worden waren.
    »Oh, der Kaffee«, sagte der Gouverneur und blickte auf. Er schien vage erfreut zu sein, obwohl er sich sichtlich nicht erinnern konnte, ihn bestellt zu haben. »Vorzüglich. Danke, Mrs. Fraser.«
    MacDonald sammelte hastig die Papiere ein, um Platz zu machen, damit ich das Tablett auf den Tisch stellen konnte. Der Gouverneur hielt eines in der Hand, das er nicht losließ, und ich warf einen raschen Blick darauf, als ich mich vorbeugte, um das Tablett vor ihn hinzustellen. Es war eine Liste – Namen auf der einen Seite, Zahlen daneben.
    Ich bewerkstelligte es, einen Löffel fallen zu lassen, um beim Bücken einen genaueren Blick auf das Blatt werfen zu können. »H. Bethuine, Cook’s Creek, 14. Jno. McManus, Boone, 3. F. Campbell, Campbelton, 24?«
    Ich warf MacDonald, der mich unverwandt ansah, einen beschwörenden Blick zu, legte den Löffel auf den Tisch und trat hastig einen Schritt zurück, so dass ich direkt hinter dem Gouverneur stand. Ich zeigte mit dem Finger auf MacDonald, dann griff ich mir in rascher Folge an den Hals und streckte die Zunge heraus, hielt mir mit verschränkten Unterarmen den Bauch, dann zeigte ich erneut mit dem Finger auf ihn und schließlich auf mich und sah ihn während des ganzen Manövers mahnend an.
    MacDonald betrachtete diese Pantomime mit unterdrückter Faszination. Doch dann streifte er den Gouverneur, der mit einer Hand seinen

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