Ein Hauch von Schnee und Asche
mich offen auf die Seite der Stuarts gestellt habe, wollte er nichts davon wissen, hat gesagt, es sei töricht. Er hat mich angefleht, nicht zu gehen.« Er schüttelte langsam den Kopf, und vor seinem inneren Auge sah er etwas, das mit Sicherheit nicht das bewaldete Ufer war.
»Ich dachte – nun, es spielt keine große Rolle, was ich dachte, aber ich bin gegangen. Und habe ihn gefragt, ob er sich um meine Frau und den Kleinen kümmern würde.« Er holte tief Luft und atmete wieder aus. »Und das hat er getan.«
»Ich verstehe«, sagte ich leise. Bei meinem Tonfall wandte er scharf den Kopf und fixierte mich durchdringend.
»Es war nicht seine Schuld! Mona war eine Hexe – sie konnte Menschen verzaubern.« Als er meine Miene sah, presste er die Lippen zusammen. »Ich sehe, dass Ihr mir nicht glaubt. Es ist die Wahrheit; ich habe sie mehr als einmal dabei erwischt – bei ihren Zaubersprüchen, ihren Ritualen -, einmal bin ich auf der Suche nach ihr um Mitternacht aufs Dach gestiegen. Sie hat splitternackt dort gestanden und die Sterne angestarrt, in der Mitte eines Pentagramms, das sie mit dem Blut einer erwürgten Taube gezeichnet hatte, und ihr Haar hat wild im Wind geweht.«
»Ihr Haar«, sagte ich, weil ich etwas suchte, woran ich anknüpfen konnte, und plötzlich begriff ich, »sie hatte Haare wie ich, nicht wahr?«
Er nickte und wandte den Blick ab, und ich sah die Bewegung seiner Kehle, als er schluckte.
»Sie war... was sie war«, sagte er leise. »Ich habe versucht, sie zu retten – durch meine Gebete, durch meine Liebe. Ich konnte es nicht.«
»Was ist aus ihr geworden?«, fragte ich genauso leise. Da es so windig war,
war es kaum wahrscheinlich, dass jemand unser Gespräch mit anhörte, doch ich war nicht der Meinung, dass ein Fremder dies hören sollte.
Er seufzte und schluckte noch einmal.
»Man hat sie gehängt«, sagte er und klang beinahe neutral. »Wegen Mordes an meinem Bruder.«
Dies hatte sich anscheinend ereignet, während Tom in Ardsmuir im Kerker saß; sie hatte ihm vor ihrer Exekution die Nachricht von Malvas Geburt zukommen lassen, und dass sie Edgars Frau die beiden Kinder überließ.
»Ich nehme an, sie fand das komisch«, sagte er und klang geistesabwesend. »Mona hatte wahrhaftig einen merkwürdigen Humor.«
Mir war kalt, über die Kühle der Morgenbrise hinaus, und ich klammerte mich an meine Ellbogen.
»Aber Ihr habt sie zurückbekommen – Allan und Malva.«
Er nickte; er war deportiert worden, hatte aber das Glück gehabt, dass sein Leibeigenschaftsvertrag von einem gütigen, reichen Mann gekauft wurde, der ihm das Geld für die Überfahrt der Kinder in die Kolonien gegeben hatte. Doch dann waren sowohl sein Arbeitgeber als auch die Frau, die er hier geheiratet hatte, einer Gelbfieberepidemie zum Opfer gefallen. Als er nach neuen Möglichkeiten für sich suchte, hatte er von Jamie Frasers Ansiedlung in North Carolina gehört und davon, dass er den Männern, die er aus Ardsmuir kannte, zu eigenem Land verhalf.
»Ich wünschte, ich hätte mir lieber die Kehle durchgeschnitten als dorthin zu ziehen«, sagte er und wandte sich mir abrupt wieder zu. »Das könnt Ihr mir glauben.«
Er schien es völlig ernst zu meinen. Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte, doch er schien auch nichts zu erwarten und fuhr fort.
»Das Mädchen – sie war erst fünf Jahre alt, als ich sie das erste Mal gesehen habe, aber sie hatte es damals schon – die gleiche Gerissenheit, den gleichen Zauber... die gleiche dunkle Seele.«
Er hatte aus Leibeskräften versucht, auch Malva zu retten – die Durchtriebenheit aus ihr herauszuprügeln, ihre wilden Neigungen zu unterdrücken und vor allem zu verhindern, dass sie die Möglichkeit bekam, Männer zu umgarnen.
»Bei ihrer Mutter war es haargenau so.« Seine Lippen pressten sich bei diesem Gedanken aufeinander. »Egal, welcher Mann. Es war der Fluch Liliths, der auf ihnen ruhte, auf beiden.«
Meine Magengrube fühlte sich hohl an, jetzt, da er auf Malva zurückkam.
»Aber sie war doch schwanger...«, sagte ich.
Er wurde noch bleicher, doch seine Stimme war fest.
»Aye, das war sie. Ich glaube nicht, dass es falsch ist zu verhindern, dass noch eine Hexe auf die Welt kommt.«
Er sah meinen Gesichtsausdruck und fuhr fort, bevor ich ihn unterbrechen konnte.
»Ihr wisst doch, dass sie versucht hat, Euch umzubringen? Euch und mich?«
»Wie meint Ihr das? Mich umzubringen, wie denn?«
»Als Ihr ihr von den unsichtbaren Dingen
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