Ein Hauch von Schnee und Asche
gewachsen -, und seine breiten Schultern und die langen, weiß bestrumpften Waden brachten ihm bewundernde Blicke von einer Gruppe Austernverkäuferinnen ein. Doch es waren nicht nur seine Körpergröße und seine Gestalt, die ihr eine Gänsehaut über den ganzen Rücken laufen ließen; es waren die Art, wie er sich hielt, sein Umriss, sein etwas geneigter Kopf und seine Ausstrahlung körperlichen Selbstbewusstseins, die die Blicke auf ihn zogen wie ein Magnet.
»Es ist Pa«, sagte sie und war sich im selben Moment bewusst, dass das lächerlich war. Selbst wenn Jamie Fraser aus irgendeinem unvorstellbaren Grund beschlossen hätte, sich mit einer Soldatenuniform zu verkleiden und zu den Docks zu kommen, dieser Mann war jemand anders. Als er sich jetzt umwandte, um den Blick auf die andere Hafenseite zu richten, sah sie, dass er jemand anders war – hager wie ihr Vater und muskulös, aber immer noch von einer jungenhaften Schlankheit. Elegant wie Jamie, doch er hatte die etwas zögerliche Unbeholfenheit des Teenagers noch nicht lange hinter sich gelassen.
Er wandte sich weiter um, so dass ihn das vom Wasser reflektierte Licht von hinten beleuchtete, und sie spürte, wie ihre Knie nachgaben. Eine lange, gerade Nase, die zu einer hohen Stirn anstieg… der abrupt geschwungene Wangenknochen eines Wikingers … Roger packte sie fest am Arm, doch er betrachtete den jungen Mann genauso fasziniert wie sie.
»Hol … mich … der… Teufel«, sagte er.
Sie schnappte krampfhaft nach Luft.
»Mich auch. Und ihn.«
»Ihn?«
»Ihn, ihn und ihn!« Lord John, den mysteriösen jungen Soldaten – und vor allem ihren Vater. »Komm mit.« Sie entzog sich seinem Griff und schritt über den Kai. Dabei fühlte sie sich seltsam körperlos, als betrachtete sie sich aus der Ferne.
Es war, als sähe sie sich selbst in einem Spiegellabyrinth auf sich zukommen – ihr Gesicht, ihre Körpergröße, ihre Gestik, plötzlich in einen roten Rock und eine Kniehose aus Rehleder verpflanzt. Sein Haar war dunkel, kastanienbraun, nicht rot, aber es war so dicht wie das ihre, genauso leicht gewellt, und es wurde ihm von demselben Wirbel aus der Stirn gehoben.
Lord John wandte den Kopf und entdeckte sie. Seine Augen traten vor, und eine Miene totalen Schreckens ließ sein Gesicht erbleichen. Er versuchte,
sie mit einer schwachen Handbewegung am Näherkommen zu hindern, doch er hätte genauso gut versuchen können, den Orient-Express aufzuhalten.
»Hallo!«, sagte sie fröhlich. »Was für eine Überraschung, Euch hier zu treffen, Lord John!«
Lord John stieß ein gequetschtes Geräusch aus, als sei jemand auf eine Ente getreten, doch sie achtete nicht darauf. Der junge Mann wandte sich ihr freundlich lächelnd zu.
Himmel, die Augen ihres Vaters hatte er auch. Mit dunklen Wimpern und so jung, dass die Haut ringsum frisch und rein und frei von jeder Falte war – aber es waren die gleichen schrägen Fraser-Katzenaugen. Genau wie ihre eigenen.
Ihr Herz hämmerte so heftig in ihrer Brust, dass sie davon überzeugt war, dass jeder es hören konnte. Dem jungen Mann schien jedoch nichts Besonderes aufzufallen; er verbeugte sich vor ihr, lächelnd, aber äußerst korrekt.
»Euer Diener, Ma’am«, sagte er. Er sah Lord John an und erwartete wohl, ihr vorgestellt zu werden.
Lord John riss sich mit sichtlicher Anstrengung zusammen und verbeugte sich ebenfalls vor ihr.
»Meine Liebe. Wie… reizend, Euch wieder zu sehen. Ich hatte ja keine Ahnung …«
Ja, darauf möchte ich wetten , dachte sie, lächelte aber freundlich weiter. Sie konnte spüren, wie Roger an ihrer Seite Lord Johns Gruß kopfnickend und mit einigen Worten erwiderte, während er sich alle Mühe gab, den jungen Mann nicht anzustarren.
»Mein Sohn«, sagte Lord John jetzt. »William, Graf Ellesmere.« Er sah sie scharf an, als verbäte er sich jedes Wort. »Darf ich dir Mr. Roger MacKenzie vorstellen, William? Und seine Frau?«
»Sir. Mrs. MacKenzie.« Ehe sie begriff, was er vorhatte, nahm der junge Mann ihre Hand. Er beugte sich dicht darüber und drückte ihr einen kleinen, formellen Kuss auf den Handrücken.
Fast hätte sie aufgekeucht, als sie seinen Atem so unerwartet auf ihrer Haut spürte, doch stattdessen drückte sie ihm nur die Hand, sehr viel fester, als sie es vorgehabt hatte. Zuerst wirkte er verwirrt, befreite sich dann jedoch einigermaßen elegant. Er war viel jünger, als sie im ersten Moment gedacht hatte; es waren seine Uniform und seine selbstbewusste
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