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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Ausstrahlung, die ihn älter erscheinen ließen. Seine klaren Gesichtszüge legten sich schwach in Falten, als er sie jetzt ansah – als versuchte er, sie irgendwo einzuordnen.
    »Ich glaube …«, begann er zögernd. »Sind wir uns schon einmal begegnet, Mrs. MacKenzie?«
    »Nein«, sagte sie und war erstaunt, dass ihre Stimme ganz normal klang. »Nein, ich fürchte, nicht. Daran würde ich mich erinnern.« Sie warf einen
vernichtenden Blick zu Lord John hinüber, der leicht grün im Gesicht geworden war.
    Doch Lord John war auch einmal Soldat gewesen. Er riss sich mit sichtlicher Mühe zusammen und legte William die Hand auf den Arm.
    »Am besten gehst du und siehst nach deinen Männern, William«, sagte er. »Wollen wir später zusammen essen?«
    »Ich bin mit dem Oberst zum Essen verabredet, Vater«, sagte William. »Aber ich bin sicher, dass er nichts dagegen hätte, wenn du dich uns anschließen würdest. Allerdings kann es sein, dass es ziemlich spät wird«, fügte er hinzu. »Wie ich höre, ist für morgen früh eine Exekution angesetzt, und meine Männer sollen sich bereithalten für den Fall, dass es Unruhe in der Stadt gibt. Es wird einige Zeit dauern, bis alle untergebracht sind und alles organisiert ist.«
    »Unruhe.« Lord John betrachtete sie über Williams Schulter hinweg. »Rechnet man denn mit Unruhe?«
    William zuckte mit den Achseln.
    »Ich weiß es nicht, Vater. Anscheinend ist es jedoch keine politische Angelegenheit, sondern nur ein Pirat. Ich glaube nicht, dass es Ärger gibt.«
    »Heutzutage ist alles eine politische Angelegenheit, Willie«, wies sein Vater ihn ziemlich scharf zurecht. »Vergiss das niemals. Und es ist stets klüger, auf Ärger vorbereitet zu sein, als unvorbereitet darauf zu treffen.«
    Der junge Mann errötete schwach, behielt jedoch die Fassung.
    »Absolut«, erwiderte er abgehackt. »Ich bin sicher, dass dir die Umstände hier auf eine Weise vertraut sind, wie sie es mir nicht sind. Ich danke dir für deinen Rat, Vater.« Er entspannte sich und wandte sich Brianna zu, um sich vor ihr zu verbeugen.
    »Es freut mich, Eure Bekanntschaft gemacht zu haben, Mrs. MacKenzie. Euer Diener, Sir.« Er bedachte Roger mit einem Kopfnicken, wandte sich ab und schritt über den Kai davon. Dabei setzte er seinen Dreispitz auf, um sich die nötige Autorität zu verleihen.
    Brianna holte tief Luft und hoffte, dass ihr bis zum Ausatmen etwas einfiel, was sie sagen konnte. Lord John war schneller.
    »Ja«, sagte er einfach nur. »Natürlich ist er das.«
    Aus dem Wirrwar der Gedanken, Reaktionen und Emotionen, die sich in ihrem Hirn stauten, fischte sie die eine Frage heraus, die ihr in dieser Minute am wichtigsten erschien.
    »Weiß meine Mutter es?«
    »Weiß Jamie es?«, fragte Roger im selben Moment. Sie sah ihn überrascht an, und er erwiderte ihren Blick mit hochgezogener Augenbraue. Ja, natürlich konnte ein Mann ein Kind zeugen, ohne dass es ihm bewusst war. Er hatte es ja auch getan.
    Lord John seufzte. Nachdem William gegangen war, hatte er sich ein wenig entspannt, und langsam kehrte seine natürliche Gesichtsfarbe zurück. Er
war schon lange genug Soldat, um das Unvermeidliche zu erkennen, wenn es ihm begegnete.
    »Sie wissen es beide, ja.«
    »Wie alt ist er?«, fragte Roger abrupt. Lord John warf ihm einen scharfen Blick zu.
    »Achtzehn. Und um Euch das Rückwärtsrechnen zu ersparen, es war 1758. An einem Ort namens Helwater, im Lake District.«
    Brianna holte erneut Luft und stellte fest, dass es ihr schon leichter fiel.
    »Okay. Es – er – dann war es also, bevor meine Mutter … zurückgekommen ist.«
    »Ja. Aus Frankreich, angeblich. Wo Ihr, wie man mir sagt, geboren und aufgewachsen seid.« Er warf ihr einen stechenden Blick zu; er wusste, dass sie kaum ein Wort Französisch sprach.
    Sie spürte, wie ihr das Blut ins Gesicht stieg.
    »Dies ist nicht der Zeitpunkt für Geheimnisse«, sagte sie. »Wenn Ihr wissen wollt, was mit meiner Mutter und mit mir ist, erzähle ich es Euch – aber Ihr werdet mir ebenso von ihm erzählen.« Sie wies mit einem wütenden Ruck ihres Kopfes zurück in Richtung des Wirtshauses. »Von meinem Bruder!«
    Lord John spitzte die Lippen und betrachtete sie mit zusammengekniffenen Augen, während er überlegte. Schließlich nickte er.
    »Es ist wohl nicht zu ändern. Nur eines noch – sind Eure Eltern hier in Wilmington?«
    »Ja. Eigentlich …« Sie blickte auf und versuchte auszumachen, wo die Sonne am diesigen Küstenhimmel stand. Sie hing

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