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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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dicht über dem Horizont, eine Scheibe aus brennendem Gold. »Wir waren gerade unterwegs, um uns mit ihnen zum Essen zu treffen.«
    »Hier?«
    »Ja.«
    Lord John drehte sich zu Roger um.
    »Mr. MacKenzie. Ihr würdet mir einen großen Gefallen tun, Sir, wenn Ihr sofort Euren Schwiegervater suchen und ihn von der Anwesenheit des Neunten Grafen von Ellesmere in Kenntnis setzen würdet. Sagt ihm, ich verlasse mich darauf, dass ihm sein gesunder Menschenverstand befehlen wird, sich auf diese Nachricht hin sofort aus Wilmington zu entfernen.«
    Roger starrte ihn einen Moment mit neugierig gewölbten Augenbrauen an.
    »Graf von Ellesmere? Wie in aller Welt hat er das fertig gebracht?«
    Lord John hatte nicht nur seine natürliche Farbe zurückerlangt, sondern noch ein wenig mehr. Er war deutlich rot im Gesicht.
    »Das spielt jetzt keine Rolle! Würdet Ihr gehen? Jamie muss sofort die Stadt verlassen, bevor sie sich zufällig begegnen – oder bevor jemand beide unabhängig voneinander sieht und laut zu spekulieren beginnt.«

    »Ich bezweifle, dass Jamie gehen wird«, sagte Roger, der Lord John jetzt seinerseits spekulierend betrachtete. »Jedenfalls nicht vor morgen.«
    »Warum denn nicht?«, wollte Lord John wissen und blickte vom einen zum anderen. »Warum seid Ihr überhaupt alle hier? Es ist doch nicht die Exe- oh, guter Gott, sagt es mir nicht.« Er schlug sich die Hand vor das Gesicht und ließ sie langsam daran hinunter gleiten. Dabei starrte er mit der Miene eines Mannes, der die Grenzen des Erträglichen erreicht hat, zwischen den Fingern hindurch.
    Brianna biss sich auf die Unterlippe. Als sie Lord John erspäht hatte, war sie nicht nur froh gewesen, sondern hatte sich sogar in ihrer Sorge ein klein wenig erleichtert gefühlt, weil sie darauf zählte, dass er ihr bei ihrem Plan helfen würde.
    Doch angesichts dieser neuen Komplikation fühlte sie sich hin und her gerissen. Sie fühlte sich nicht in der Lage, auch nur mit einer der beiden Situationen fertig zu werden oder zusammenhängend darüber nachzudenken. Sie sah Hilfe suchend zu Roger hinüber.
    Er erwiderte ihren Blick, und es folgte der typische, lange, wortlose Gedankenaustausch Verheirateter. Dann nickte er und fällte die Entscheidung für sie.
    »Ich gehe Jamie suchen. Du plauderst ein wenig mit Seiner Lordschaft, ja?«
    Er beugte sich vor und küsste sie inbrünstig, dann wandte er sich ab und schritt über das Dock davon. Seine Körperhaltung ließ die Leute unbewusst beiseite treten, um nicht von seinen Kleidern berührt zu werden.
    Lord John hatte die Augen geschlossen und schien zu beten – wahrscheinlich um Kraft. Sie packte ihn am Arm, und er öffnete aufgeschreckt die Augen, als hätte ihn ein Pferd gebissen.
    »Ist es so auffällig, wie ich glaube?«, sagte sie. »Er und ich?« Das Wort fühlte sich komisch auf ihrer Zunge an. Er.
    Lord John musterte sie, die Stirn in Falten der Konzentration und der Sorge gelegt.
    »Ich glaube schon«, sagte er langsam. »Für mich auf jeden Fall. Für einen zufälligen Beobachter vielleicht weniger. Die Haarfarbe ist natürlich unterschiedlich und das Geschlecht; seine Uniform. Aber meine Liebe, Ihr wisst doch, dass allein Eure eigene Erscheinung so auffällig ist -« Eine solche Laune der Natur, meinte er. Sie verstand und seufzte.
    »Dass mich die Leute sowieso anstarren«, beendete sie seinen Satz. Sie zog ihre Hutkrempe so weit herunter, dass sie nicht nur ihr Haar, sondern auch ihr Gesicht verhüllte. Dann funkelte sie ihn aus dem Schatten an. »Dann gehen wir besser irgendwo hin, wo mich niemand sehen kann, der ihn kennt, oder?«
     
    Auf dem Kai und den Marktstraßen wimmelte es von Menschen. Jedes Wirtshaus in der Stadt – und jede Menge Privathäuser dazu – würde sich
bald mit einquartierten Soldaten füllen. Ihr Vater und Jem waren bei Alexander Lillington, ihre Mutter und Mandy bei Dr. Fentiman, beides Haushalte, in denen ein ständiges Kommen und Gehen herrschte und die jüngsten Gerüchte ausgetauscht wurden – und sie hatte ja erklärt, dass sie keinerlei Absicht hegte, sich ihren Eltern zu nähern, jedenfalls nicht, bevor sie alles wusste, was es zu erfahren gab. So viel wollte Lord John ihr eigentlich gar nicht erzählen, doch dies war nicht der Zeitpunkt für Haarspaltereien.
    Dennoch, der Wunsch nach Zurückgezogenheit ließ ihnen die Wahl zwischen dem Friedhof oder der verlassenen Pferderennbahn, und Brianna sagte – hörbar gereizt -, dass sie unter den gegebenen Umständen nicht

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