Ein Hauch von Schnee und Asche
mit dem Zaunpfahl ans Sterben erinnert werden wollte.
»Die gegebenen Umstände«, sagte er vorsichtig, während er sie um eine große Pfütze herumführte. »Bezieht Ihr Euch damit auf die morgige Hinrichtung? Es ist doch Stephen Bonnet, oder?«
»Ja«, sagte sie abwesend. »Aber das hat Zeit. Man erwartet Euch doch nicht zum Essen, oder?«
»Nein. Aber -«
»William«, sagte sie, den Blick auf ihre Schuhe gerichtet, während sie langsam durch das Sandoval schritten. »William, der Neunte Graf von Ellesmere, sagt Ihr?«
»William Clarence Henry George«, bestätigte Lord John. »Vicomte Ashness, Herr über Helwater, Baron Derwent und, ja, der Neunte Graf von Ellesmere.«
Sie spitzte die Lippen.
»Was quasi darauf hindeutet, dass sich der Rest der Welt in dem Glauben befindet, dass jemand anders sein Vater ist. Nicht Jamie Fraser, meine ich.«
»Sein Vater war «, korrigierte er. »Ludovic, der Achte Graf von Ellesmere, um genau zu sein. Meines Wissens ist der Achte Graf an dem Tag verstorben, an dem sein… äh … sein Erbe geboren wurde.«
»Wie denn? Vor Schreck?« Sie war sichtlich in einer gefährlichen Stimmung; voll Interesse stellte er fest, dass hier sowohl die kontrollierte Heftigkeit ihres Vaters als auch die scharfe Zunge ihrer Mutter am Werk waren – eine Kombination, die sowohl faszinierend als auch alarmierend war. Allerdings hatte er nicht vor, sich von ihr die Bedingungen dieser Unterredung diktieren zu lassen.
»An einer Schussverletzung«, sagte er mit gespielter Heiterkeit. »Euer Vater hat ihn erschossen.«
Sie stieß ein leises, ersticktes Geräusch aus und blieb stehen.
»Dies ist übrigens nicht allgemein bekannt«, sagte er, als bemerkte er ihre Reaktion nicht. »Das Untersuchungsgericht hat auf Tod durch ein Unglück befunden – was ja, glaube ich, nicht ganz falsch war.«
»Nicht ganz falsch«, murmelte sie und klang dabei ein wenig benommen.
»Wahrscheinlich ist es ein ziemlich unglücklicher Umstand, wenn man erschossen wird, das stimmt.«
»Natürlich hat es Gerede gegeben«, sagte er spontan und nahm ihren Arm, um sie weiterzudrängen. »Doch abgesehen von Williams Großeltern war der einzige Zeuge ein irischer Kutscher, den man nach diesem Zwischenfall eiligst nach Sligo in Pension geschickt hat. Da die Mutter am selben Tag gestorben ist, tendierte die Gerüchteküche dahin, den Tod Seiner Lordschaft als -«
»Seine Mutter ist auch tot?« Diesmal blieb sie zwar nicht stehen, doch sie drehte sich zur Seite, um ihn mit ihren tiefblauen Augen durchdringend anzusehen. Doch Lord John hatte reichlich Übung darin, den Katzenblicken der Frasers zu widerstehen, und er ließ sich nicht aus der Fassung bringen.
»Ihr Name war Geneva Dunsany. Sie ist kurz nach Williams Geburt gestorben – an einer völlig natürlichen Blutung«, versicherte er ihr.
»Völlig natürlich«, murmelte sie halb vor sich hin. Sie warf ihm noch einen solchen Blick zu. »Diese Geneva – war sie mit dem Grafen verheiratet? Als sie und Pa …« Die Worte schienen ihr im Hals stecken zu bleiben; er konnte Zweifel und Widerwillen mit ihren Erinnerungen an Williams unleugbares Gesicht kämpfen sehen – und mit dem, was sie vom Charakter ihres Vaters wusste.
»Er hat es mir nicht gesagt, und ich würde ihn niemals danach fragen«, sagte er entschlossen. Sie warf ihm einen weiteren dieser Blicke zu, den er ihr mit Zinsen zurückzahlte. »Ganz gleich, in welchem Verhältnis Jamie zu Geneva Dunsany gestanden hat, ich kann mir nicht vorstellen, dass er die Ehrlosigkeit begangen hätte, die Ehe eines anderen zu verletzen.«
Sie entspannte sich minimal, hielt seinen Arm jedoch weiter umklammert.
»Ich genauso wenig«, räumte sie widerstrebend ein. »Aber -« Ihre Lippen pressten sich aufeinander und entspannten sich wieder. »Glaubt Ihr, er hat sie geliebt?«, platzte sie heraus.
Was ihn erschreckte, war nicht die Frage, sondern die Erkenntnis, dass er selbst nie darauf gekommen war, sie zu stellen – mit Sicherheit nicht an Jamie, aber auch nicht einmal sich selbst. Warum eigentlich nicht?, fragte er sich. Es stand ihm nicht zu, Eifersucht zu empfinden, und selbst wenn er Narr genug gewesen wäre, sich ihr hinzugeben, dann war es in Geneva Dunsanys Fall ja nun viel zu spät; er selbst hatte noch jahrelang nach dem Tod des Mädchens keine Ahnung gehabt, wer Williams Vater war.
»Ich habe keine Ahnung«, sagte er deshalb knapp.
Briannas Finger trommelten unruhig auf seinem Arm herum; sie hätte sich
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