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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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gern von ihm gelöst, doch er legte seine Hand auf die ihre, damit sie aufhörte.
    »Verdammt«, murmelte sie, hörte aber auf zu zappeln und marschierte weiter, seinen kürzeren Schritten angepasst. Im Inneren des Ovals war Unkraut
aufgeschossen, das auch schon aus dem Sand der Bahn spross. Sie trat auf ein Büschel wildes Roggengras ein und löste einen Schauer trockener Samenkörner aus.
    »Wenn sie sich geliebt haben, warum haben sie dann nicht geheiratet?«, fragte sie schließlich.
    Er lachte ungläubig über diese Vorstellung.
    »Sie heiraten! Meine Liebe, er war der Stallknecht der Familie!«
    Ein verwunderter Blick blitzte in ihren Augen auf – er hätte schwören können, dass sie »Und?« gefragt hätte, wenn sie denn etwas gesagt hätte.
    »Wo in aller Welt seid Ihr aufgewachsen?«, wollte er wissen und blieb stehen.
    Er konnte sehen, wie Bewegung durch ihre Augen ging; sie beherrschte Jamies Trick, ihr Gesicht in eine Maske zu verwandeln, doch die Transparenz ihrer Mutter leuchtete trotzdem von innen durch. Er sah den Entschluss in ihren Augen, eine Sekunde bevor sich das gelassene Lächeln auf ihren Lippen zeigte.
    »Boston«, sagte sie. »Ich bin Amerikanerin. Aber Ihr habt doch sowieso schon gewusst, dass ich eine Barbarin bin, oder?«
    Er grunzte als Erwiderung.
    »Das erklärt natürlich zum Großteil Eure bemerkenswert republikanischen Ansichten«, erwiderte er äußerst trocken. »Obwohl ich Euch dringend raten würde, diese gefährlichen Einstellungen um Eurer Familie willen für Euch zu behalten. Euer Vater hat auch so schon genug Ärger. Allerdings könnt Ihr mir gern glauben, dass es der Tochter eines Baronets nicht möglich wäre, einen Stallknecht zu heiraten, ganz gleich, wie groß ihre Leidenschaft wäre.«
    Jetzt war es an ihr zu grunzen; ein höchst ausdrucksstarkes, absolut unfeminines Geräusch. Er seufzte und griff erneut nach ihrer Hand, die er zur sicheren Aufbewahrung in seine Ellenbeuge steckte.
    »Außerdem war er ein begnadigter Gefangener – ein Jakobit und Verräter. Glaubt mir, keiner von ihnen wäre auf die Idee einer Heirat verfallen.«
    Die feuchte Luft legte sich als Film auf ihre Haut und klebte sich an die Härchen auf ihren Wangen.
    »Doch das geschah in einem andren Land« , zitierte sie leise. »Und überhaupt, die Frau ist tot.«
    »Wie wahr«, sagte er ebenso leise.
    Sie stapften eine Weile schweigend durch den feuchten Sand, ein jeder bei seinen eigenen Gedanken. Schließlich seufzte Brianna so tief auf, dass er es nicht nur hörte, sondern spürte.
    »Nun, sie ist sowieso tot, und der Graf – wisst ihr, warum Pa auf ihn geschossen hat? Hat er Euch das erzählt?«
    »Euer Vater hat nie mit mir darüber gesprochen – weder über Geneva noch über den Grafen noch ausdrücklich darüber, dass er Williams Vater
ist.« Er setzte seine Worte präzise; sein Blick fixierte ein Möwenpaar, das neben einem Seegrasbüschel im Sand herumstocherte. »Aber ich weiß es, ja.«
    Er sah sie an.
    »Schließlich ist William mein Sohn. Zumindest im herkömmlichen Sinn.« Für ihn zudem noch in manch anderer Hinsicht, doch er hatte nicht vor, darüber mit Jamies Tochter zu diskutieren.
    Sie zog die Augenbrauen hoch.
    »Ja. Wie ist es dazu gekommen?«
    »Wie ich Euch schon gesagt habe, sind Williams Eltern – seine vermeintlichen Eltern – beide am Tag seiner Geburt gestorben. Sein Vater – der Graf, meine ich – hatte keine direkten Verwandten, also wurde der Junge der Obhut seines Großvaters Lord Dunsany anvertraut. Genevas Schwester Isobel wurde in jeder Hinsicht, außer der körperlichen, Williams Mutter. Und ich -« Er zuckte gelassen mit den Schultern. »Ich habe Isobel geheiratet. Mit Dunsanys Zustimmung wurde ich Williams Vormund, und er betrachtet mich seit seinem sechsten Lebensjahr als seinen Stiefvater – er ist mein Sohn.«
    »Ihr? Ihr habt geheiratet ?« Sie gaffte ihn derart ungläubig an, dass er es als beleidigend empfand.
    »Ihr habt die merkwürdigsten Vorstellungen von der Ehe«, sagte er gereizt. »Es war ein ausgesprochen vorteilhaftes Arrangement.«
    Ihre rote Augenbraue hob sich in einer Geste, die typisch Jamie war.
    »Hat Eure Frau das genauso gefunden?«, fragte sie, ein unheimliches Echo der Stimme ihrer Mutter, die ihm exakt dieselbe Frage gestellt hatte. Als ihre Mutter sie stellte, war er verblüfft gewesen. Diesmal war er vorbereitet.
    »Das«, so sagte er kurz angebunden, »geschah in einem andren Land. Und Isobel …« Wie er gehofft hatte,

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