Ein Hauch von Schnee und Asche
fertig zu werden – die sich ja sowieso im Hinterland abspielen, weit entfernt von seinem Palast in New Bern und daher umso einfacher zu ignorieren. (Um nicht ungerecht zu sein; der Mann hat zweifellos genug Probleme vor seiner eigenen Haustür.)
Dennoch, die Siedler hier sind es zwar gewöhnt, sich gegen die normalen Bedrohungen der Wildnis zu verteidigen, doch das Auftreten solch wahlloser Angriffe – und die Möglichkeit von Indianerüberfällen so dicht an der Vertragsgrenze – reichten aus, um ihnen Angst einzujagen, so dass sie mit Erleichterung das Auftauchen jeder Person oder Gruppe begrüßen, die bereit ist, die Rolle des öffentlichen Beschützers zu übernehmen. Daher heißt man die Vigilanten der Komitees mit offenen Armen willkommen – zumindest anfänglich.
Ich schildere dir dies so detailliert, um dir meine Gedanken bezüglich meines Amtes verständlich zu machen. Mein Freund Major MacDonald (früher 32stes Kavallerieregiment) hatte mir gesagt, dass er sich an Mr. Richard Brown wenden würde, sollte ich es letztlich ablehnen, Indianeragent zu werden. Brown unterhalte bereits ausgedehnte Handelsbeziehungen mit den Cherokee und befände sich daher in einer Position, die seine Akzeptanz durch die Indianer so gut wie garantiere, da er ihnen bereits bekannt sei und vermutlich auch ihr Vertrauen genösse.
Meine eigene Bekanntschaft mit Mr. Brown und seinem Bruder macht mich geneigt, diese Aussicht mit Schrecken zu betrachten. Da ein solches Amt zugleich steigenden Einfluss mit sich bringt, würde Browns Geltung in dieser unruhigen Gegend bald so wachsen, dass ihm niemand mehr etwas entgegenzusetzen hätte – und das halte ich für gefährlich.
Mein Schwiegersohn hat die treffende Beobachtung geäußert, dass das Moralgefühl der Menschen mit ihrer zunehmenden Macht schwindet, und ich vermute, dass die Gebrüder Brown nie besonders viel des Ersteren besessen haben. Es mag schlichte Überheblichkeit meinerseits sein, davon auszugehen, dass ich mehr davon besitze. Ich habe gesehen, wie die Macht die Seele eines Menschen korrumpieren kann – und ich habe ihre Last bereits am eigenen Körper gespürt, wie du verstehen wirst, da du sie selbst ja schon so oft getragen hast. Dennoch, wenn es auf eine Entscheidung zwischen mir und Richard Brown hinausläuft, muss ich mich wohl auf die alte schottische Weisheit verlegen, dass der Teufel, den man kennt, besser ist als der, den man nicht kennt.
Außerdem beunruhigt mich natürlich der Gedanke an die häufige und ausgedehnte Abwesenheit von zu Hause, die meine neuen Pflichten zwangsläufig mit sich bringen wird. Und doch kann ich nicht guten Gewissens zulassen, dass die Menschen unter meiner Führung der Willkür und möglicherweise den Gewalttaten von Browns Komitee ausgesetzt werden.
Ich könnte natürlich meinerseits ein solches Komitee zusammenstellen – du würdest wahrscheinlich auf ein solches Vorgehen drängen -, doch das will und werde ich nicht tun. Abgesehen von der Umständlichkeit und den Kosten eines solchen Unterfangens, käme es einer offenen Kriegserklärung an die Browns gleich, und das halte ich nicht für klug, nicht, wenn ich oft auf Reisen sein muss und meine Familie schutzlos zurücklassen muss. Dieses neue Amt wird jedoch meinen eigenen Einfluss vergrößern und – so hoffe ich – dem Ehrgeiz der Browns Grenzen setzen.
Nachdem ich also zu dieser Entscheidung gelangt war, habe ich das Amt sofort schriftlich angenommen und den Cherokee letzten Monat meinen ersten offiziellen Besuch als Indianeragent abgestattet. Ich wurde spontan sehr herzlich empfangen, und ich hoffe, mein Verhältnis mit den Dörfern wird so bleiben.
Im Herbst werde ich die Cherokee erneut besuchen. Sollte ich dir in meinem neuen Amt in irgendwelchen Geschäftsdingen behilflich sein können, lass es mich wissen, und sei dir sicher, dass ich in deinem Interesse keine Mühen scheuen werde.
Zu den häuslicheren Dingen. Unsere kleine Bevölkerung hat sich beinahe verdoppelt, das Resultat einer Zuwanderung von Siedlern, die gerade erst aus Schottland gekommen sind. Dies ist zwar höchst erstrebenswert,
hat aber für nicht geringen Aufruhr gesorgt, da die Neuankömmlinge Fischersleute von der Küste sind. Für sie ist die Gebirgswildnis voller Bedrohungen und Geheimnisse – die sich in Form von Schweinen und Pflugscharen manifestieren.
(Was die Schweine angeht, so bin ich mir nicht sicher, ob ich ihre Ansicht nicht teile. Die
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