Ein Hauch Von Sterblichkeit
wahrscheinlich schnell überreizt, doch er scheint zu glauben, dass jemand versucht hat, seine Ziegen zu vergiften. Er hat irgendetwas von Rüben gesagt. Weißt du, was er gemeint hat?« Sally warf beide Hände in die Höhe.
»Die elenden Rüben, ja! Das ist ein perfektes Beispiel für das, was ich eben gemeint habe. Dass Liam immer in die Geschichten mit hineingezogen wird, ohne etwas dafür zu können! Nur, dass es damals nicht Liam war, sondern ich. Ich war daran schuld.« Sie atmete tief durch und bemühte sich um Ruhe.
»Ich habe keine Ahnung von Ziegen, Meredith. Das ist der Grund, wie es so weit kommen konnte. Ich wollte nichts Böses. Es war folgendermaßen: Jemand kam eines Tages hier vorbei, um Austin zu besuchen, und brachte einen Sack voll Rüben mit. Nicht zum Verkaufen, nein. Bailey and Bailey sind schließlich keine Gemüsehändler. Es war ein Bekannter von Austin. Er hatte dieses Gemüse in seinem Garten angebaut und wollte es loswerden. Austin konnte nicht alles gebrauchen, und so hat er mir etwas davon abgegeben. Aber um ehrlich zu sein, ich mag Rüben nicht besonders, und Liam mag sie auch nicht. Ich brachte die Rüben mit nach Hause und überlegte, was ich um alles in der Welt damit anfangen sollte. Wegwerfen wollte ich sie nicht; das schien mir Verschwendung. Es waren sehr gute Rüben, bessere kann man auf dem Markt nicht kaufen! Dann blickte ich zufällig aus dem Fenster und sah Bodicotes Ziegen in ihrer Koppel. Perfekt, dachte ich. Die perfekte Verwendung für die Rüben! Ziegen fressen alles. Wenn sie in unseren Garten einbrechen, fressen sie meine Pflanzen auf. Sie haben sich durch die Hecke gefressen, um in unseren Garten zu kommen. Also ging ich mit meinem Sack Rüben zu Bodicote rüber und klopfte an seine Haustür. Er war nicht da. Ich dachte, dann werfe ich die Rüben einfach auf die Koppel, und die Ziegen können sie fressen. Und das habe ich dann auch getan. Alle Ziegen kamen herbeigetrottet. Sie schienen die Rüben zu mögen und fingen sofort an zu fressen. Ich ging wieder nach Hause und fühlte mich sehr zufrieden, weil ich meine gute Tat für den Tag hinter mir hatte. Damit allerdings war ich ziemlich auf dem Holzweg.« Sally vergrub das Gesicht in den Händen.
»O Meredith, du kannst dir die Aufregung und den Ärger nicht vorstellen! Eine Stunde später tauchte Bodicote auf. Er war außer sich vor Zorn! Ich dachte, er kriegt einen Anfall! Er konnte kaum reden! Offensichtlich hatten die Ziegen fast alle Rüben aufgefressen, als er nach Hause gekommen war, und er war gerade noch rechtzeitig eingetroffen, um zu sehen, wie sie die letzten Bissen herunterschlangen. Irgendein Dorfbewohner hatte mich im Vorbeigehen gesehen, wie ich den Ziegen die Rüben hingestreut hatte, und Bodicote gesagt, dass ich der Übeltäter gewe sen wäre – dass ich die Rüben ausgestreut hätte, heißt das.«
»Und Ziegen dürfen keine Rüben fressen, ist es das?«, fragte Meredith verwirrt.
»Scheint so, ja. Rüben verderben ihre Milch. Die Tiere werden nicht krank davon, aber ihre Milch ist ruiniert, bis die Rüben durch den Kreislauf des Tiers gewandert und wieder ausgeschieden sind. Es hat mir wirklich sehr Leid getan. Ich habe versucht, es Bodicote zu erklären, aber er wollte überhaupt nicht zuhören! Er hat sich so verhalten, als hätte ich seine Tiere absichtlich mit Rüben gefüttert! Er musste die Milch wegwerfen, bis alles vorbei war. Es war ein grauenhaftes Durcheinander! Ich habe ihm die ruinierte Milch ersetzt, ich musste einfach! Ein Käsehersteller kauft sie normalerweise. Liam meinte, ich sollte es nicht tun, weil ich nicht aus Bosheit gehandelt hätte. Aber es hat mir wirklich schrecklich Leid getan, und ich habe mich so schlecht deswegen gefühlt … ich wollte es unbedingt wieder gutmachen. Bodicote hat mir nie verziehen, und Liam auch nicht. Es ist alles so dumm! Warum sollte ich absichtlich so etwas tun?« Sally beendete niedergeschlagen ihren Bericht.
»Warum solltest du, genau! Bodicote gehört wahrscheinlich zu der Sorte Menschen, die immer nur böse Absicht hinter allem sehen«, tröstete Meredith ihre Freundin.
»Alte Menschen werden manchmal unglaublich misstrauisch.« Sally schnaubte ärgerlich.
»Nun ja. Sag es Alan – oder ich sag es ihm. Ich bin die hinterhältige Ziegenvergifterin«, deklarierte sie dramatisch und schlug sich auf die Brust.
»Alan denkt, dass es wahrscheinlich so ähnlich war, wie du gerade erzählt hast. Er glaubt bestimmt nicht, dass du
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