Ein Haus für vier Schwestern
waren.
Das war ihr das liebste Zimmer im ganzen Haus. Den Rest hatte sie darum herum geplant. Es war ganz in Beige, Grün und Dunkelrot gehalten. Und es war groß, damit die Kinder und ihre Freunde genug Platz hatten. Außerdem hatte es eine hohe Decke – wegen des großen Weihnachtsbaums, der auf dem Verkaufsplatz nie so riesig aussah wie zu Hause. In der Ecke befand sich ein Kamin für die Geschenkstrümpfe. Er besaß eine erhöhte Feuerstelle. Dieser nachträgliche Einfall hatte die Kosten verdoppelt und zudem ihren ursprünglich engagierten Steinmetz in die Flucht geschlagen.
Eine große Fensterfront ging auf den Swimmingpool hinaus, den sie erst vier Jahre nach ihrem Einzug hatten einbauen lassen. Elizabeth hatte der Neuerung erst zugestimmt, nachdem Stephanie fünf geworden war und schwimmen konnte. Ein Durchgang führte zur Küche, eine weitere Tür in die Diele und zum Gästebad.
Während ihre Kinder aufwuchsen, hatte sie immer von der nächsten Generation geträumt, die dieses Haus eines Tages mit Leben erfüllen würde. Dabei war ihr nie in den Sinn gekommen, dass ihre Enkel vielleicht hunderte, ja sogar tausende Meilen entfernt leben würden. Sie kam sich noch zu jung vor, um den Rest ihres Lebens damit zu verbringen, auf Feiertage und Ferien zu warten. Darauf, dass die Familie zu Besuch kommen würde – oder auch nicht. Sie war aber zu alt, um sich oder das, was aus ihr geworden war, noch zu ändern. Sie hatte sich überhaupt nicht auf das Ende eines Lebensabschnitts vorbereitet, von dem sie gewusst hatte, dass es eines Tages kommen würde. Und es gab nichts, aber auch gar nichts, was sie tun konnte, um dieses Ende zu verhindern.
Um ihre schönen Erinnerungen nicht durch ihre Verbitterung zu entzaubern, nahm Elizabeth Glas und Weinflasche mit nach draußen. Sie setzte sich in den hölzernen Lehnsessel, den ihr Sam zu ihrem fünfundvierzigsten Geburtstag geschenkt hatte. Dann brachte sie einen Toast auf all die längst vergangenen Wochenenden aus, an denen sie nicht allein hier gesessen hatte.
Elizabeth sah von ihrem Buch auf, als sie das Garagentor hörte. Es war erst halb elf. Eigentlich hatte sie Sam nicht vor Mitternacht zurückerwartet und war schon ohne ihn ins Bett gegangen. Sie schob sich das Kissen im Rücken zurecht und machte sich bemerkbar. »Ich bin schon im Bett.«
Er erschien in der Tür. »Geht es dir nicht gut?«
Sie klappte das Buch zu und legte es auf den Nachttisch. Zehn Stunden hatte sie heute hinter dem Steuer gesessen und fühlte sich, als wären es mindestens zwanzig gewesen. »Ich bin nur müde.«
Er kroch übers Bett und legte den Kopf in ihren Schoß, seine Hand ruhte auf ihrem Schenkel. Elizabeth fuhr mit den Fingernägeln sanft über seine Schultern und den Rücken hinunter. Zuerst lag er ganz ruhig, dann griff er nach ihrer Hand und drehte sich zu ihr um. »Kann du jetzt mit mir sprechen?«
»Worüber?«
»Deinen Vater?«
»Bist du deswegen so früh nach Hause gekommen?«
Er grinste. »Würdest du mir glauben, wenn ich Ja sage?«
»Vielleicht.«
Darüber musste er lachen. »Nein, würdest du nicht.«
»Also, warum bist du dann schon da?«
Er wurde wieder ernst und führte ihre Hand zu den Lippen, drückte einen Kuss auf die Innenseite. »Ich dachte, ein wenig Gesellschaft würde dir guttun.«
Nach siebenundzwanzig Jahren konnte er sie immer noch überraschen. Sie fuhr mit einer Fingerspitze über seine Unterlippe. »Ich bin dir eine Erklärung schuldig. Ich weiß, dass ich in letzter Zeit ziemlich ungenießbar gewesen bin und du das meiste abbekommen hast. Aber das wird sich bessern. Ich habe heute Abend ziemlich viel nachgedacht und beschlossen, dass sich einiges ändern muss.«
»Bevor du noch etwas erzählst, lass mich dir sagen, dass du dich meinetwegen nicht ändern musst. Ich liebe dich, wie du bist. Und es ist mir egal, wenn sich das anhört wie der Titel einer Schnulze. Es stimmt einfach.«
Sie atmete tief ein und ganz langsam aus, nahm sich Zeit, um sich ihre Antwort zu überlegen. Wenn sie laut aussprach, was sie vorhatte, wurde es irgendwie offiziell. Solange sie es für sich behielt, konnte sie hundertmal ihre Meinung ändern – ohne Schuldgefühle und ohne Erklärung. »Ich will noch mal zurück auf die Schule. Ich möchte diesmal einen sinnvollen Abschluss machen. Danach will ich nicht irgendeinen Job, sondern einen richtigen Beruf.«
»Hoppla, warum das auf einmal?« Sam drehte sich um und setzte sich hin.
»Ich glaube, die Idee geistert
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