Ein Haus für vier Schwestern
Enttäuschung stand ihm in die Augen geschrieben. »Also gut. Was ist los?«
»Wir sind reich«, platzte sie heraus. »Beziehungsweise, wir werden in sechs Monaten reich sein. Wir müssen das Haus nicht verkaufen.«
»Bist du befördert worden?«
»Was? Nein.« Ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Das überraschte ihn genauso wie sie selbst. »Wenn alles wie geplant läuft, werde ich kündigen. Kannst du dir das vorstellen? Ich und nicht arbeiten?«
»Das kann ich allerdings nicht.«
Das überraschte sie dann doch. »Warum nicht?«
»Du lebst für deinen Job.«
»Tu ich nicht. Ich arbeite, weil ich muss. Wie könnten wir sonst …«
»Lass das, Rachel.«
»Du hast recht.« Diesem ausgetretenen Pfad waren sie schon viel zu oft gefolgt, stets mit dem gleichen Ergebnis.
Rachel ging zum Sofa und setzte sich auf die Lehne, Beine gestreckt, Arme über Kreuz. »Ich bin heute in Sacramento gewesen, zur Testamentseröffnung meines Vaters. Wie sich herausstellte, hatte er für seine unwilligen Töchter ein letztes Lockmittel im Ärmel – zehn Millionen.«
Jeff stieß einen leisen Pfiff aus.
»Er hatte so viel Kohle, und ihr, du und deine Mutter, habt nie was davon gesehen?« Er schien eher verärgert als überrascht zu sein. »Wirst du es annehmen?«
»Natürlich werde ich es annehmen. Es löst einen Haufen Probleme. Wir müssen das Haus nicht verkaufen, die Kinder können …«
»Es gibt kein ›Wir‹, Rachel. Das Geld gehört dir. Ein Erbe gehört nicht in den ehelichen Zugewinn.«
»Das ist mir gleich. Mir ist nur wichtig, dass die Kinder nicht noch mehr belastet werden als sowieso schon. Wenn Jessies Geld dabei hilft, dann ist das eben so.«
»Hör auf, Rachel. Du weißt, dass das nicht wichtig ist. Wir werden einen Weg finden, bei dem wir die zweieinhalb Millionen von dem Kerl nicht brauchen.«
»Nicht zweieinhalb, Jeff. Zehn Millionen – für jede Tochter. Nach Abzug der Steuern.« Sie nagelte ihn mit ihren Blicken fest. »Denkst du immer noch, ich sollte es nicht annehmen?«
Er zögerte keinen Augenblick. »Ja.«
Das Komische war, dass sie ihm das abnahm. Er wusste einfach, was es für sie bedeuten würde, ihre Prinzipien zu verraten und Geld von einem Mann zu nehmen, den sie verabscheute.
»Ich habe sechs Monate Zeit, um darüber nachzudenken.«
Sie erzählte ihm von den Aufnahmen und den Treffen mit ihren Schwestern.
»Von dir wird also erwartet, dass du seinen Anekdoten lauschst? Seinen Entschuldigungen dafür, warum er das alles gemacht hat? Und keine von euch kann noch Stellung dazu nehmen?«, fragte Jeff. »Er manipuliert dich aus dem Grab heraus. Warum solltest du das zulassen?«
Die offensichtliche Antwort, des Geldes wegen, war zu einfach, die Wahrheit zu schmerzlich. »Vielleicht will ich einfach hören, was er zu sagen hat.« Das Eingeständnis war demütigend.
An die Stelle des zornigen Loderns in Jeffs Augen trat seine Sorge um sie. »Ach, Rachel, entschuldige bitte.« Er kniete vor sie hin und nahm ihre Hand. »Ich hätte es wissen müssen.«
Er war der Einzige, der das konnte und auch machte. Sie verband so viel mehr als die Zeit, die sie miteinander verbracht hatten. Er allein kannte sie wirklich. Das einsame Mädchen, das in der selbstsicheren Frau steckte. Er hatte ihr Liebe und Beständigkeit geschenkt – und sie betrogen. Sie hätte mit Freuden auf Jessie Reeds gesamtes Geld verzichtet, wenn sie dafür ihr früheres Leben mit Jeff zurückbekommen hätte.
Völlig erschöpft vom Ansturm der Gefühle lehnte sie sich vor und berührte mit ihrer Wange seinen Scheitel.
»Ich vermisse dich«, flüsterte sie. Das kam aus dem tiefsten Grund einer einsamen Seele.
Jeff stand auf und zog sie mit sich nach oben. Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, zog sie an sich und küsste sie. Diesmal wehrte sie sich weder dagegen, noch drehte sie sich von ihm weg. Ihre Lippen teilten sich, und sie stöhnte vor Erleichterung. Die Gründe für ihre Abwehrhaltung spielten auf einmal keine Rolle mehr. Ihre Gefühle waren wichtiger als ihre Moralvorstellungen. Sie wollte ihn zurück. Sie wollte zurück, was sie gehabt hatten und gewesen waren. Und wenn es nur für diesen Augenblick war und nur in ihrer Vorstellung stattfand.
Jeff nahm ihre Arme und legte sie sich um den Hals. Sie verlor die Beherrschung, stürzte sich auf ihn, schob ihm die Zunge in den Mund. Ihre Hüften drückten fest gegen die Ausbuchtung in seinen Jeans.
»O Rachel«, sagte Jack. »Ich habe geträumt
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