Ein Haus geteilt durch 8
Augen blitzen, »dann dürfte es sich um den jungen Fröhlich von Fröhlich & Söhne handeln.«
»Wie kommst du darauf?« rief sie verblüfft.
»Der Generalanzeiger weiß alles, kennt alles, riecht alles. Nein, Herzchen, in der Lokalredaktion hörte ich neulich zufällig, daß es im Hause Fröhlich eine Vater-Sohn-Tragödie gegeben haben soll. Und mein fabelhaftes Kombinationsvermögen...«
»Hör schon auf, Lindberg! Wenn ich endlich einmal eine echte Sensation gut verkaufen will, dann komme ich zu spät. Gib mir einen Kuß durchs Telefon, mir sitzt der Schrecken um die junge Frau noch wie Blei in den Beinen.«
Sie lauschte in den Apparat und hörte den kleinen, schnalzenden Laut, mit dem er sich von ihr verabschiedete.
»Danke, Liebster, es hat mir wohlgetan.«
Sie schrieb für Werner ein paar Zeilen auf einen Zettel und befestigte ihn mit einem Reißbrettstift an der Tür seiner Wohnung, und sie läutete auch noch bei Frau Holldorf an, die natürlich aus allen Wolken fiel, als sie erfuhr, was geschehen war. Auch sie hatte von der Lage des Kugelfangs, wo die Männer arbeiteten, nur sehr ungenaue Vorstellungen, so daß es zwecklos war, sich aufs Rad zu setzen und die acht oder neun Kilometer hinauszufahren. In der Gegend von Bötzfeld gab es Wald genug, um stundenlang darin herumzuirren.
Eigentlich konnte nun nichts mehr schiefgehen; trotzdem verbrachte Frau Lindberg zwei Stunden am Fenster, bis der junge Fröhlich endlich, einem Lastwagen vorausfahrend, auf seinem alten Motorrad gemächlich um die Ecke bog. Seine braune Stirn verfärbte sich, als Frau Lindberg ihm die Geschichte von Sabines unglücklichem Sturz und Abtransport in die Frauenklinik auf dem Hof erzählte, während er noch auf dem Motorrad saß.
»Wollen Sie mit der Klinik telefonieren?«
Er fand nicht einmal Zeit, sich für das Angebot zu bedanken, sondern trat den Kickstarter durch, schrie Holldorf und Hobusch zu, daß sie mit dem Abladen selber fertig werden müßten, und knatterte in einer graublauen Wolke stinkenden Ölrauches davon. Lieber Gott im Himmel, dachte er, während er ohne Richtungszeichen in die Kurven ging und in der Stadt zweimal rotes Licht durchfuhr, gib, daß meiner Sabine nichts geschehen ist! Und das gleiche Stoßgebet schickte Frau Lindberg, die ihm nachlief und zusah, wie er an der Ecke bei Brieskorn fast mit einem Auto zusammengerannt wäre, dem jungen Fröhlich nach: gib, daß diesem Irren unterwegs nichts passiert!
Werner sah den Wagen seines Vaters im Hof der Frauenklinik. Wollke saß am Steuer. Sein Blick glitt ziemlich verwundert über Werners Anzug, die staubigen Kordhosen, an deren linkem Knie ein Triangel klaffte, die schmutzstarrenden Schuhe, das verschwitzte Hemd und über das Gesicht, in dem Schweißbäche in einer Staubpuderschicht salzig glitzernd angetrocknet waren.
»Die Herrschaften sind oben, Herr Fröhlich, der Herr Doktor und die Frau Gemahlin.«
»Haben Sie was gehört, Wollke?« schrie Werner.
»Bislang nichts.«
Werner stürzte durch die Drehtür zum Schalter, wo eine Schwester saß, der solche hereinstürzenden Männer kein neuer Anblick zu sein schienen.
»Meine Frau?!«
»Es liegen hier sechshundert Frauen in Behandlung, junger Mann! Es würde die Sache wesentlich leichter machen, wenn Sie mir Ihren Namen nennen würden.«
»Fröhlich.«
»Fröhlich oder nicht fröhlich, das ist mir gleich.«
»Ich heiße Fröhlich!«
Die Schwester warf einen Blick auf die letzte Seite des Anmeldungsbuches: »Ihre Frau ist im Kreißsaal, junger Mann - und die anderen Herrschaften finden Sie im Zimmer 122, erster Stock links.«
Seine Eltern waren nicht die einzigen Gäste des Wartezimmers. Fünf Männer befanden sich darin, von denen einer nervös zwischen zwei Türen hin und her wanderte, einer stand am Fenster und trommelte einen unaufhörlichen Wirbel gegen das Glas, zwei andere saßen, die Gesichter in den Händen vergraben, auf der Wartebank, und der fünfte lag in einem Sessel und kickte mit dem rechten Bein, das er über das linke geschlagen hatte, in rascher Folge imaginäre Fußbälle gegen die Zimmerdecke. Es war ein Raum, dessen Atmosphäre mit Unruhe aufgeladen war.
Frau Fröhlich eilte ihrem Sohn entgegen: »Endlich, Werner!«
»Wie geht es Sabine?«
»Es scheint alles normal zu verlaufen.«
»Von wem erfährt man hier etwas?«
»Von der Stationsschwester. Sie war vor fünf Minuten hier und sagte, wir brauchten uns keine Sorgen zu machen.«
Dr. Fröhlich trat zu seinem Sohn und
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