Ein Haus zum Traumen
sich neben sie. »Gib mir mal einen Schluck.«
»Du solltest wieder ins Bett gehen.«
»Gibst du mir jetzt einen Schluck Kaffee, oder muss ich mir selber eine Tasse holen?«
Sie reichte ihm ihren Becher. »Ich muss entscheiden, was ich tun soll.«
»Um …« Er nahm ihr Handgelenk und drehte es so, dass er auf ihre Armbanduhr schauen konnte. »Um sechs Minuten nach fünf morgens?«
»Gestern habe ich mich nicht damit befasst, habe gar nicht daran gedacht. Nicht viel jedenfalls. Ich habe sogar mein Handy drüben gelassen, damit die Polizei mich nicht erreichen konnte. Und auch sonst konnte mich keiner anrufen. Ich habe mich einfach verkrochen.«
»Du hast eine Pause gemacht. Es gibt keinen Grund, warum du nicht noch ein bisschen länger warten solltest, bis du dir im Klaren über alles bist.«
»Es gibt reale, praktische Gründe, warum ich mir nicht mehr Zeit lassen kann. In zwei Stunden kommen die ersten Handwerker, wenn ich nicht allen absage. Wenn ich sie aber für ein paar Tage abbestelle, bringt das nicht nur meinen Terminplan durcheinander, sondern vor allem ihren und den ihrer Angestellten. Handwerker jonglieren immer mit ihren Aufträgen, und wenn ich sie jetzt aus dem Rhythmus bringe, könnte ich wichtige Leute verlieren. Und wenn ich mich dafür entscheide aufzugeben, müsste ich es ihnen auch heute sagen.«
»Für die Umstände kannst du nichts, und niemand wird dir einen Vorwurf machen.«
»Nein, natürlich nicht. Aber es erzeugt auf jeden Fall einen Dominoeffekt. Außerdem muss ich mein Budget im Auge behalten, was auch in Gefahr ist. Ich bin zwar versichert, aber mit einem Eigenanteil, was ich auch ins Kalkül ziehen muss. Ich bin bereits am oberen Ende der Fahnenstange angekommen, aber das war ja meine Entscheidung, weil ich zusätzliche Veränderungen geplant habe.«
»Wenn du …«
»Nein«, unterbrach sie ihn. »Finanziell komme ich zurecht, und wenn ich es nicht alleine machen kann, kann ich es eben nicht. Wenn ich wirklich noch mehr Geld bräuchte, dann könnte ich immer noch ein paar Anrufe machen und als Synchronsprecherin arbeiten. Entscheidend ist, dass ich das Haus nicht einfach so halbfertig stehen lassen kann. Ich habe im März Schränke bestellt, und die Rechnung wird bei Lieferung fällig. Die Küchengeräte kommen auch in zwei Monaten. Und es gibt noch zahlreiche andere Details, die zu beachten sind. Es muss also fertig gemacht werden, das ist nicht wirklich die Frage. Die Frage ist, ob ich bleiben will. Kann ich das? Sollte ich es überhaupt?«
Er trank noch einen Schluck Kaffee. Ernste Gespräche, dachte er, erforderten ernste Aufmerksamkeit. »Was wür -dest du denn tun, wenn du dich entschließen würdest, es von jemand anderem fertigstellen zu lassen? Wenn du gehen würdest.«
»Es gibt viele Orte, wo ich hinkönnte. Ich könnte eine Nadel in eine Landkarte stecken und irgendeinen aussuchen. Geld verdienen könnte ich als Synchronsprecherin. Ich könnte mir auch ein anderes Haus suchen, das ich ausbauen könnte. Ich könnte auch eine Hypothek aufnehmen, schließlich habe ich regelmäßige Einkünfte von Our Family . Oder wenn ich mir den Stress nicht machen will, könnte ich bei Steves New Yorker Firma anheuern.«
»Deine hochfliegenden persönlichen Pläne würdest du dann aufgeben.«
»Vielleicht würde ich sie nur verschieben. Das Problem ist …« Sie schwieg und trank einen Schluck von ihrem Kaffee, den er ihr reichte, »… ich liebe dieses Haus. Ich liebe, was es war und was ich daraus machen kann. Ich liebe diesen Ort und fühle mich wohl hier. Ich liebe, was ich sehe, wenn ich aus dem Fenster blicke oder aus meiner Tür trete. Und ich bin wütend, dass ich mich von der Gemeinheit einer einzelnen Person so beeinflussen lasse, dass ich überlege aufzugeben.«
Seine Anspannung löste sich ein wenig. »Es gefällt mir besser, wenn du wütend bist.«
»Mir auch, aber es ist schwer, es auf diesem Level zu halten. Der Teil von mir, der nicht wütend oder entmutigt ist, hat Angst.«
»Das liegt daran, dass du nicht dumm bist. Jemand versucht absichtlich, dich zu verletzen. Du musst Angst haben, bis du weißt, wer es ist und warum er es tut, damit du ihm Einhalt gebieten kannst.«
»Ich weiß aber nicht, wo ich anfangen soll.«
»Glaubst du immer noch, dass es der alte Hennessy ist?«
»Er ist auf jeden Fall der Einzige, den ich hier kenne, der ganz deutlich gemacht hat, dass er mich hasst. Wenn das hier ein Drehbuch wäre, dann würde es bedeuten, dass er nicht
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