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Ein Held unserer Zeit

Ein Held unserer Zeit

Titel: Ein Held unserer Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Lermontow
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trugen – blasse trübselige Gestalten. Verschiedene Damen gingen raschen Schrittes auf dem Platze auf und ab und erwarteten die Wirkung des Wassers. Ich bemerkte zwei oder drei recht hübsche Gesichtchen unter ihnen.
     
    In den von Weinranken beschatteten Alleen, die sich am Abhange des Maschuk hinziehen, zeigte sich von Zeit zu Zeit der bunte Hut einer Dame, die vermuthlich die Einsamkeit zu zweien liebte, denn so oft sie sichtbar wurde, bemerkte ich neben ihr eine Militärmütze oder einen runden Hut. An einem steilen Abhang ist ein Pavillon erbaut, den man mit dem Namen "Aeolische Harfe" geschmückt hat. Dort vereinigten sich die Liebhaber von schönen Aussichten um ein auf den Elbrus gerichtetes Fernrohr. Unter ihnen befanden sich zwei Erzieher mit ihren Zöglingen, die hier im Bade Genesung von den Skropheln suchten.
     
    Ermüdet blieb ich am Ende des Berges stehen, und mit dem Rücken an eine Ecke des Häuschens gelehnt, betrachtete ich die malerische Landschaft, als mir plötzlich eine bekannte Stimme zurief:
     
    "Petschorin! Bist du schon lange hier?"
     
    Ich wende mich um – Gruschnitzki!
     
    Wir umarmten uns. Ich hatte ihn bei einem Regiment der activen Armee kennen gelernt. Er wurde durch einen Schuß am Fuße verwundet und befindet sich seit einer Woche hier im Bade. Gruschnitzki ist Fähndrich. Er ist erst seit einem Jahr im Dienst. Mit einer ganz besonderen Stutzermanier trägt er seinen dicken Soldatenmantel, an welchem man das Militärkreuz der Georgischen Armee bemerkt. Er ist schön gebaut, hat einen braunen Teint und schwarzes Haar. Auf den ersten Blick möchte man ihn auf fünfundzwanzig Jahre schätzen, obgleich er kaum einundzwanzig hat. Beim Sprechen wirft er den Kopf zurück und zupft jeden Augenblick mit der linken Hand am Schnurrbart, während er sich mit der rechten auf seine Krücke stützt. Er spricht schnell und viel. Er gehört zu jenen Leuten, die für jede Gelegenheit wohlklingende Phrasen in Bereitschaft haben, – die nicht begreifen, wie schön die Einfachheit ist, und die sich wichtig machen mit erhabenen Leidenschaften, ungewöhnlichen Gefühlen und außerordentlichen Leiden. Effect machen – das ist der einzige Genuß, den sie kennen; den Damen in der Provinz verdrehen sie die Köpfe durch ihr romantisches Wesen. Bei herannahendem Alter werden sie entweder friedliche Gutsbesitzer oder Trunkenbolde; zuweilen auch Beides. Sie besitzen oft manche gute Eigenschaft, aber nicht eine Spur von Poesie.
     
    Gruschnitzki declamirt gern. Sobald sich die Unterhaltung nur ein wenig aus dem Kreise der gewöhnlichen Ideen entfernt, gleich überschüttet er Einen mit großen schönen Worten. Es ist mir nie möglich gewesen, mit ihm zu disputiren. Nicht blos, daß er auf die gemachten Einwürfe nicht antwortet, er hört sie nicht einmal an. Sobald man sich einen Augenblick unterbricht, beginnt er eine lange Tirade, die scheinbar in einem gewissen Zusammenhange steht mit dem, was man gesagt, in Wirklichkeit aber nur die Fortsetzung ist seiner eigenen Rede.
     
    Es fehlt ihm nicht an Geist. Seine Epigramme sind bisweilen amüsant, aber niemals treffend und beißend: Er wird niemals seine Gegner mit einem Worte vernichten. Er kennt weder die Menschen noch ihre schwachen Seiten, weil er sich sein ganzes Leben lang nur mit sich selbst beschäftigt hat. Sein Ziel ist – ein Romanheld zu werden. Er hat sich so viel Mühe gegeben, Andere glauben zu machen, daß er ein ganz besonderes, für diese Welt nicht geschaffenes Wesen sei und an irgend einem geheimen Kummer leide, daß er das schließlich fast selbst glaubt. Darum trägt er auch mit solchem Stolz seinen dicken Soldatenmantel. Ich habe ihn durchschaut und deshalb mag er mich nicht leiden, obgleich wir äußerlich in der freundschaftlichsten Weise verkehren. Man betrachtet Gruschnitzki als einen sehr tapfern Soldaten. Ich habe ihn in der Schlacht gesehen: er schwingt seinen Säbel, schreit und stürzt sich mit funkelnden Augen vorwärts. Das ist nicht die echte russische Tapferkeit! ...
     
    Ich mag ihn ebenfalls nicht leiden. Ich fühle, daß wir uns eines Tages auf einem engen Pfade stoßen werden – und daß wird für ihn oder für mich verhängnißvolle Folgen haben.
     
    Seine Abreise nach dem Kaukasus war eine Folge seiner romantischen Ueberspanntheit. Ich bin überzeugt, daß er in dem Augenblick, wo er das väterliche Haus verließ, mit finsterer Miene zu irgend einer hübschen Nachbarin sagte:
     
    "Ich gehe nicht lediglich

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