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Ein Held unserer Zeit

Ein Held unserer Zeit

Titel: Ein Held unserer Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Lermontow
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fort, um die militärische Carrière zu ergreifen, – nein, ich gehe fort, um den Tod zu suchen und um ..."
     
    Und bei diesen Worten wird er, die Augen mit den Händen bedeckend, vermuthlich also fortgefahren haben:
     
    "Nein, Sie werden (oder du wirst) niemals den Grund meiner Verzweiflung erfahren! Ihre reine Seele würde erbeben! Und wozu sollte ich es Ihnen auch sagen? Was bin ich Ihnen? Können Sie mich verstehen? ..." u.s.w.
     
    Er selbst hat mir gesagt, daß die Veranlassung seines Eintritts in die kaukasische Armee ewig ein Geheimniß bleiben würde zwischen ihm und dem Himmel.
     
    Uebrigens muß ich hinzufügen, daß Gruschnitzki dann, wenn er seinen tragischen Mantel ablegt, recht angenehm und amüsant ist. Aber ich bin doch neugierig, ihn in Gegenwart von Frauen zu sehen; ich glaube, dann übertrifft er sich selbst.
     
    Wir begrüßten uns übrigens als alte Freunde. Ich fragte ihn, was für ein Leben man an diesem Badeorte führe, und ob sich bedeutende Persönlichkeiten hier befänden.
     
    "Wir leben hier ziemlich prosaisch," versetzte er seufzend. "Diejenigen, welche des Morgens Wasser trinken, sind blaß wie alle Kranken; und diejenigen, welche des Abends Wein trinken, sind unerträglich wie alle Gesunden. Es gibt einige Damengesellschaften; nur ist von ihnen kein großes Amüsement zu erwarten; sie spielen Whist, kleiden sich schlecht und sprechen ein schauderhaftes Französisch. In diesem Jahr ist eigentlich nur eine hervorragende Dame gekommen – die Fürstin Ligowski – mit ihrer Tochter, – aus Moskau; aber ich bin nicht mit ihnen bekannt. Mein Soldatenmantel ist gewissermaßen ein Proscriptionszeichen. Die Theilnahme, die er erwecken könnte, wäre nur ein beschimpfendes Almosen."
     
    In diesem Augenblick kamen zwei Damen zur Quelle; die eine bereits bejahrt, die andere jung und schlank. Ihre Gesichter vermochte ich wegen der Hüte nicht zu sehen, aber sie waren nach den strengsten Regeln des besten Geschmacks gekleidet: nichts Ueberflüssiges. Die jüngere trug ein perlgraues Kleid; ein leichtes seidenes Tuch schlang sich um ihren schönen Hals, flohbraune Stiefelchen schmiegten sich so anmuthig um ihre kleinen Füße, daß selbst derjenige, der in die Geheimnisse der Schönheit nicht eingeweiht war, unfehlbar seufzen mußte, wenn auch nur vor Bewunderung. Ihr leichter, aber edler Gang hatte etwas Kindliches, etwas, wofür man keinen Namen hat, und das nur dem Auge verständlich ist. Als sie an uns vorüberging, verbreitete sich jenes unerklärliche Aroma, das bisweilen die Briefe einer schönen Frau ausströmen.
     
    "Da ist die Fürstin Ligowski," sagte Gruschnitzki – "und die Dame bei ihr ist ihre Tochter Mary; denn so nennt sie sie nach englischer Weise. Sie sind erst drei Tage hier."
     
    "Und du kennst schon ihren Namen?"
     
    "Ich habe ihn zufällig gehört," antwortete er erröthend. "Ich gestehe, daß ich kein Verlangen trage, mit ihnen Bekanntschaft zu machen. Diese stolzen Damen betrachten uns Soldaten als Wilde. Was kümmert es sie, daß sich unter der numerirten Mütze Geist und unter dem dicken Soldatenmantel ein braves Herz befindet."
     
    "Der arme Soldatenmantel," sagte ich lachend. "Aber wer ist der Mann, der da auf sie zutritt und ihnen so respectvoll ein Glas Wasser anbietet?"
     
    "Ah, der, das ist Rajewitsch aus Moskau, ein Stutzer und Spieler. Das sieht man gleich an der ungeheueren goldenen Kette, die sich über seine blaue Weste schlängelt. Und dann dieser dicke Stock – als wenn er ihn direct von Robinson Crusoe entlehnt hätte! Und dieser Bart und diese Frisur à la Muschik (russischer Bauer)."
     
    "Du bist boshaft gegen die ganze Menschheit."
     
    "Habe ich nicht Recht?"
     
    "O, freilich!"
     
    In diesem Augenblick verließen die Damen die Quelle und näherten sich uns. Gruschnitzki nahm sofort mit Hilfe seiner Krücke eine dramatische Haltung an und sagte laut auf Französisch zu mir:
     
    "Mon cher, je hais les hommes pour ne pas les mépriser, car autrement la vie serait une farce trop dégoûtante!"
     
    Die schöne Fürstin wandte sich um und warf dem Redner einen langen Blick zu. Der Ausdruck dieses Blickes war sehr schwer zu bestimmen, aber er war wenigstens nicht ironisch, wozu ich meinem Begleiter innerlich gratulirte.
     
    "Diese Fürstin Mary," sagte ich zu ihm, "ist wirklich sehr schön. Sie hat wahre Sammetaugen, – ja, ja, Sammetaugen: Ich rathe dir, diesen Ausdruck zu gebrauchen, wenn du von ihren Augen sprichst; die Wimpern, die

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