Ein Herz voll Liebe
geneckt.
Mollie konnte nachempfinden, wie entsetzlich der Verlust für Deke und Jolene war.
Manchmal fragte sie sich, warum solche Dinge passierten.
Sie hoffte, dass ihre Anwesenheit Deke helfen würde, mit der Situation besser fertig zu werden. Jedenfalls würde sie tun, was sie konnte, nicht nur für Deke, sondern vor allem für das Baby. Jolene war viel zu jung, um zu begreifen, was geschehen war und was es bedeutete, keine Mutter zu haben.
Mollie dagegen wusste es nur zu gut.
Deke hatte kaum vor dem Haus der O’Briens geparkt, als auch schon Travis Kane im Tor des Pferdestalls erschien und gleich darauf mit langen Schritten herüberkam.
Seit Monaten hatte Deke mit Travis kein Wort mehr gewechselt. Obwohl sie im selben Bezirk lebten und jeder von ihnen eine Ranch besaß, begegneten sie sich selten. Travis züchtete Quarter Horses, während Deke Rinder und Schafe hielt. Früher war Travis für seine Gewandtheit bekannt gewesen, Bullen zu reiten und Kälber einzufangen. Man erzählte sich allerdings im Bezirk, dass er nun seine gesamte Zeit der Ranch und der Familie widmete.
Deke wusste seinen Rat beim Kauf eines guten Pferdes zu schätzen und besaß auch selbst zwei Pferde aus Travis’ Zucht.
Er stieg aus dem Wagen und wartete, bis Travis herangekommen war.
„Schön, dass Sie wieder unter die Leute gehen, Deke”, sagte Travis und streckte die Hand aus. „Wir waren alle schockiert über den Verlust, den Sie erlitten haben. Ich möchte, dass Sie wissen, dass wir mit Ihnen gelitten haben.” Als Deke schwieg und zur Seite schaute, fügte Travis hinzu: „Wie geht es Ihrer kleinen Tochter?”
„Gut”, erwiderte Deke schließlich unwillig. „Deswegen bin ich hier. Mollie hat sich bereit erklärt, sich um das Baby zu kümmern, bis ich jemanden eingestellt habe. Sie sagte, sie würde Megan anrufen, damit sie ihr ein paar Sachen zusammenpackt.”
Travis schob sich den Stetson aus der Stirn und kratzte sich an der Schläfe. Stirnrunzelnd meinte er dann: „Davon hat mir niemand etwas gesagt.”
„Wir haben uns auch sehr kurzfristig geeinigt.”
„Wer?”
„Ich … und Mollie.”
„Haben Sie schon mit Megan gesprochen?”
„Warum? Ist sie die Hüterin ihrer Schwester?” fragte Deke steif.
Travis bemühte sich, ruhig zu bleiben. „Könnte man so sage n. Sie ist vor ein paar Jahren zu ihrem Vormund ernannt worden.”
Deke lehnte sich gegen den Truck und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich nehme an, die Vormundschaft endet, wenn das Mündel zwanzig Jahre alt ist.”
„Sind Sie sicher, dass es eine gute Idee ist, wenn Mollie bei Ihnen wohnt?”
„Absolut nicht. Ich weiß schon lange nicht mehr, was gut oder schlecht ist”, entgegnete Deke und blickte in die Ferne.
Travis betrachtete ihn eine Weile, dann legte er ihm besänftigend die Hand auf die Schulter. „Kommen Sie ins Haus. Wir trinken zusammen Kaffee und reden mit Megan.”
Deke schüttelte den Kopf und wunderte sich, wie er nur jemals in solch eine Situation geraten konnte. Er war mindestens fünf Jahre älter als Travis, und Megan war er an Jahren noch weiter voraus. Trotzdem erlaubte er dem jüngeren Mann nun widerstandslos, ihn ins Haus zu führen, wo er sich vermutlich einigen recht direkten Fragen Megan Kanes stellen musste, bevor man Mollie erlauben würde, bei ihm zu wohnen. Irgendwas läuft hier verkehrt, dachte er.
Er sehnte sich nach einer Flasche Bourbon und seinem dunklen Zimmer. Er konnte die Realität einfach immer noch nicht wieder ertragen. Am besten, er drehte sich um und machte, dass er wegkam.
Statt dessen folgte er Travis die Treppe hoch und dann über die breite Veranda in die Küche.
„Hi, Deke”, begrüßte ihn Megan, die am Tisch saß und gerade einen Löffel voll Brei zum Mund ihres Sprösslings bugsierte, der in einem Kinderstuhl thronte. „Mollie hat angerufen und Bescheid gesagt, dass Sie unterwegs seien. Leider musste ich erst mal meinen Dannyboy füttern, bevor ich dazu kam, die Sachen zusammenzupacken.”
„Wir wollen sowieso erst gemeinsam Kaffee trinken”, meinte Travis und füllte zwei Becher mit der heißen schwarzen Flüssigkeit. Dann stellte er die Becher auf den Tisch und schob einen Stuhl für Deke zurecht. Deke wählte jedoch einen anderen Stuhl am Ende des Tisches und vermied es, zu Megan und dem Baby hinzusehen.
Als er aber einen Schluck Kaffee genommen hatte, blickte er auf und sagte zu Megan:
„Jetzt weiß ich auch, warum Mollie so einen guten Kaffee
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