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Ein Herzschlag bis zum Tod

Ein Herzschlag bis zum Tod

Titel: Ein Herzschlag bis zum Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara J. Henry
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in ihrer Eigentumswohnung in Florida und dann bei ihren Freundinnen angerufen. Nichts.
    Einige Tage später sei eine Nachbarin mit einem Umschlag vorbeigekommen, der einige Tage zuvor fälschlich in ihrem Briefkasten gelandet war. Sie habe ihn erst jetzt gefunden, weil sie verreist gewesen sei. Es handelte sich um eine Lösegeldforderung mit einem Ultimatum, das bereits verstrichen war. Darin habe man gedroht, Mutter und Kind umzubringen, falls er nicht bezahlte oder die Polizei einschaltete.
    Wie gelähmt habe er abgewartet. Dann sei ein Päckchen im Büro eingetroffen. Da er offenkundig nicht an seiner Frau interessiert sei, habe man sie getötet, doch er habe noch die Chance, seinen Sohn zurückzubekommen. Beigefügt war ein Polaroid-Foto von Paul, der verängstigt in einem unbekannten Raum auf einem Stuhl hockte.
    Er habe die Anweisungen befolgt und eine Tasche mit Geld neben einer Parkbank deponiert. Dann folgte ein weiterer Brief mit einem neuen Foto, in dem mehr Geld verlangt wurde. Wieder habe er bezahlt. Kein Paul. Noch eine Forderung, noch |72| ein Foto. Nun sei er zur Polizei gegangen, die eine fingierte Übergabe arrangierte und die fragliche Stelle überwachen ließ. Niemand sei aufgetaucht. Drei Tage später sei die nächste Forderung gekommen, und man drohte, Paul in Einzelteilen nach Hause zu schicken. Gegen den Rat der Polizei habe er auch diesmal bezahlt, so viel er aufbringen konnte. Nichts. Eine letzte Forderung, die er jedoch der Polizei übergeben habe, weil ihm die Sinnlosigkeit inzwischen klar geworden sei. Dann habe es aufgehört. Keine Lösegeldforderungen mehr, keine geheimnisvollen Päckchen – als sei nichts geschehen, als hätten Frau und Kind nie existiert.
    Den Nachbarn habe er erzählt, Madeleine und Paul seien den Winter über nach Florida gefahren; die Polizei habe die Angelegenheit diskret behandelt. Falls Journalisten davon erfahren hatten, hatten sie es für sich behalten. Monate später habe er das Haus verkauft und sei nach Ottawa gezogen. Er habe noch einen Brief aus Montreal erhalten, in dem jemand behauptete, Paul bei sich zu haben, doch darin waren keine Kontaktinformationen enthalten. Er habe einen Privatdetektiv in Québec beauftragt und diesem eine Belohnung in Aussicht gestellt, vergeblich.
    Er erzählte die Geschichte ganz nüchtern, als wäre sie jemand anderem zugestoßen, und schaute mich dann an.
    »Sie glauben also zu wissen, wo Paul ist.«
    »Haben Sie ein Foto von ihm?«
    Er holte seine Brieftasche hervor und zeigte mir den Schnappschuss eines dunkelhaarigen Jungen, der auf der Reling eines Bootes saß und lachend in die Kamera schaute. Er war jünger und rundlicher als Paul und hatte einen sorglosen Ausdruck, den ich bei ihm noch nie gesehen hatte.
    Doch es war dasselbe Kind, ohne jeden Zweifel.
    Nun musste ich mich entscheiden. Ich empfand eine natürliche Antipathie gegenüber Menschen, die so attraktiv, geschliffen und reich waren wie dieser Mann, und seinen furchterregenden |73| Zorn hatte ich am eigenen Leib gespürt. Schließlich überzeugte mich jedoch gerade der sachliche Ton, in dem er die Geschichte vorgetragen hatte – als wäre seine Qual so groß, dass er sie sorgsam in Schach halten musste. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er diesem Kind schaden wollte.
    Ich holte tief Luft und traf eine Entscheidung, die mehrere Menschenleben verändern würde. »Er ist bei meiner Freundin im Norden von New York. Ich habe ihn vor zwei Tagen gefunden.«
    Eigentlich hätte nun etwas Weltbewegendes geschehen müssen, doch Dumond zuckte nicht mit der Wimper. »Wie?«
    Mit der Frage erwischte er mich auf dem falschen Fuß. Ich war nicht bereit, die Geschichte mit der Fähre zu erzählen; sie ging mir zu nahe, war zu unwahrscheinlich und traumatisch. Mir fiel keine Antwort ein. Er wiederholte die Frage: »Wie haben Sie ihn gefunden?«
    »Er war auf der Fähre nach Port Kent«, sagte ich vorsichtig. So viel stimmte jedenfalls. »Er war allein und erzählte mir, er sei entführt worden.«
    Seine Augen wurden schmal. »Warum glauben Sie, er sei mein Sohn?«
    Es lief überhaupt nicht wie erwartet. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass er an meinen Worten zweifeln könnte. »Er sagt, sein Name sei Paul Dumond. Und seine Eltern hießen Philippe und Madeleine Dumond aus Montreal. Er sei vor Weihnachten entführt worden.«
    Langes Schweigen. »Wo ist er gewesen?«
    »Das weiß ich nicht. Die Fähre kam aus Burlington, Vermont, aber das hat nicht viel zu

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