Ein Highlander zu Weihnachten
»Julia ist in unserer Gemeinschaft neu, aber sie ist sehr aufgeweckt, und ich vertraue ihrem Urteil. Kommen Sie bitte mit.«
Sie folgten der Hexe wortlos bis unter einen Baum. Dort hielt sie vor etwas an, das einem Altar ähnelte. »Heute Nacht«, so erklärte sie ihnen, »feiern wir den Vollmond. Ich muss nur noch eine Sache erledigen, und dann können wir uns unterhalten.«
Cam und Claire standen ehrfürchtig schweigend daneben, während die Frau sich ans Werk machte und mehrere Kerzen und eine große Schale auf den Altar stellte. Als sie ihre Vorbereitungen beendet hatte, fragte sie: »Julia hat Sie beide bereits einer Prüfung unterzogen. Sollen wir zu meinem Haus gehen? Dort können wir in Ruhe reden.«
Die Hellseherin hatte ihnen lediglich zwei Fragen gestellt, aber das machte nichts. Sie nahmen ihre Einladung dankend an.
Cam ergriff Claires behandschuhte Hand, und sie folgten ihr hügelabwärts. Während die Dämmerung schon in die Nacht überging, wisperte Claire: »Bin ja gespannt, wie ihr Haus aussieht!«
»Bestimmt ziemlich genau wie deins. Kein Mensch erkennt an Minnies Haus, dass sie eine Hexe ist.«
Claire zögerte. »Du hast mir nie erzählt, dass deine Mutter ihre Hexenkunst auch ausgeübt hat … wie eine Heidin.«
Er zuckte die Achseln und zog sie weiter den Weg entlang. »Wozu hätte ich das denn erzählen sollen? Ich habe gesagt, dass sie mich mit einem Fluch belegt hat.«
»Ja, aber ich dachte … ach vergiss es.«
Sie kamen zu einem zweistöckigen braunen Haus. Die Hexe öffnete die fensterlose Haustür und bat sie einzutreten.
Sie hängte ihre Mäntel an die Garderobenhaken in der Diele und nahm dann ihren Umhang ab. Darunter kam ihr Haar zum Vorschein, rotgolden und bis zur Taille herabfallend. Sie führte sie in ihr sehr bunt eingerichtetes Wohnzimmer. Es hatte mit Minnies karger Unterkunft nicht mehr Ähnlichkeit als der Tag mit der Nacht – abgesehen davon, dass er bei Mrs Power auch wegen der niedrigen Deckenbalken den Kopf einziehen musste.
Sie bot ihnen Plätze auf dem Sofa und Stühlen vor dem Ofen an. »Bitte, machen Sie es sich ruhig gemütlich. Ich koche uns solange Tee.«
»Das ist doch nicht nötig.« Er wollte mit der Sache wirklich fertig werden.
»Aber doch, natürlich ist es das.«
Claire nahm unverzüglich auf dem roten Sofa an einem niedrigeren Tisch Platz und klopfte auf den Sitz neben sich. »Sei nicht unfreundlich, Cam. Komm, setz dich her.«
Er schnaufte verächtlich. Die beiden Stühle am Fenster kamen ihm für seine Gestalt allerdings zu zerbrechlich vor, und er setzte sich stattdessen neben Claire. »Ich hoffe, sie kann das irgendwie rückgängig machen.«
Aus unerfindlichen Gründen blickte Claire nicht gerade fröhlich drein. Sie flüsterte: »Das erfahren wir noch früh genug.«
Ein leises, kaum hörbares Tappen ließ ihn aufblicken. Durch die Tür, durch die die Hexe den Raum verlassen hatte, kam jetzt eine Katze ins Wohnzimmer, weiß, langhaarig und so dick wie eine Taube. Sie machte vor ihm halt und begann zu schnurren. Cam beugte sich über sie. »Guten Abend, Kätzchen. Ich nehme an, du bist ihre Vertraute.«
Wie zur Antwort wand und rieb sich die Katze an seinen ausgestreckten Beinen. Er nahm das als Bestätigung, langte zu ihr hinunter und begann sie unter dem Kinn zu kraulen. »So eine brauchst du auch, Mädchen. Damit du Gesellschaft hast.«
Claire verzog das Gesicht, während sie die Katze angespannt beobachtete. »Nein, brauche ich nicht. Sie würde mir nur die Möbel zerkratzen und ihre Haare überall verteilen.«
»Was sind schon ein paar Haare unter Freunden? Außerdem würde sie dir in so kalten Nächten wie jetzt den Bauch wärmen.«
Claire schauderte es. »Ich habe keine Lust, in unserem Viertel die ›Frau mit den Katzen‹ zu werden.«
»Wie sollte denn eine Katze …«
»Wie ich sehe, haben Sie Ghost entdeckt.«
Als die Stimme ihrer Herrin erklang, lief die Katze ihr geschmeidig quer durch das Zimmer entgegen und begrüßte sie.
Als sie alle versorgt waren – die Menschen mit Tee, die Katze mit einer Schale Milch – fragte Mrs Power: »Wie kann ich Ihnen helfen?«
Cam holte tief Luft. Es hing so viel davon ab, dass er die richtigen Worte fand, dass sie seine und Claires Geschichte glaubte. »Ich ersuche Sie in aller Hochachtung um die Lösung des Fluches, der mich hier festhält, gnädige Frau.«
Zu seiner Erleichterung verzog sie keine Miene, sondern sagte nur: »Erzählen Sie weiter.«
Er war erleichtert, dass
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