Ein Himmel voller Sterne
beschmutzt. In Hamburg regnete es in Strömen. Und als sie bei KORY-Moden anrief, erfuhr sie, dass er nicht in der Firma sei.
„Verdammt“, zischte Elaine. Sie hatte geplant, ihn einfach zu überraschen. Wo mochte er stecken? Seine Sekretärin, der alte Zerberus, hatte sich nichts entlocken lassen. Blieb also nur der Anruf auf dem Handy. Nein, besser nicht. Wenn er noch sauer war, würde er einfach das Gespräch wegdrücken.
Sie erinnerte sich an den Portier, der von ihr so angetan war. Mit ihrem charmantesten Lächeln fuhr sie eine Stunde später vor Karstens Firma vor und strahlte den alten Mann in der Portiersloge an. „Ich möchte Herrn Korten-Ryhoff überraschen. Wissen Sie, ob er im Haus ist?“
„Das tut mir aber jetzt leid …“ Er schmolz förmlich dahin unter ihrem Blick. „Der Chef ist auf Reisen.“
„Und – wo ist er?“ Sie legte ihm die Hand auf den Arm, schaute ihm in die Augen. „Es … es ist so wichtig für mich. Wir hatten einen kleinen Streit, und den muss ich unbedingt aus der Welt schaffen. Sie wissen doch, Karsten und ich …“ Ihr Blick wurde noch intensiver, ging dem alten Herbert Hansen unter die Haut.
Himmel noch mal, mit so einer Frau mal zusammen sein zu können! Der Karsten, den er noch als kleinen Jungen kannte, war ein Trottel, wenn er die von der Bettkante stieß!
Nach zwei Minuten wusste Elaine, was sie wissen wollte. Und am nächsten Morgen traf sie schon mit dem ersten Zug, der über den Hindenburgdamm fuhr, auf Sylt ein … allerdings nur, um in Karstens Hotel zu erfahren, dass Herr Korten-Ryhoff am Mittag ausgecheckt habe.
„Das kann nicht sein!“ Sie zerrte an ihren Haaren – eine Unart, die sie schon als Kind gehabt hatte. „Sehen Sie doch noch mal nach.“
„Das habe ich. Hier, wenn Sie sich selbst überzeugen wollen – unser Computer irrt nicht. Der Gast hat seine Rechnung beglichen und ist abgereist.“ Der junge Concierge wies auf den Computer, auf dem Elaine allerdings nur lange Zahlenreihe erkennen konnte.
„Sie sind unfähig. Ich warte auf jeden Fall hier auf Herrn Korten-Ryhoff. Daran werden Sie mich nicht hindern.“
„Ganz wie Sie wünschen, gnädige Frau. Möchten Sie ein Zimmer haben? Eine Suite wäre noch frei …“
„Gut. Die nehme ich.“
Der junge Concierge verbiss sich nur mit Mühe das Grinsen, als er Elaine genau die Räume vermietete, die Karsten Korten-Ryhoff vor wenigen Stunden verlassen hatte.
Nein, Elaine glaubte nicht an Karstens Abreise. Der alte Portier hatte glaubwürdig erklärt, der Chef sei zu Fotoaufnahmen nach Sylt gefahren. Und wenn sie der Instinkt nicht trog, dann war auch diese Bettina wieder hier!
Ein paar Stunden schlief Elaine, dann nahm sie einen Saft zu sich, suchte aufgeregt in ihren Koffern nach einem passenden Outfit und beschloss, erst mal ins Go-Gärtchen zu gehen. In diesem bekannten Szenelokal würde sie Karsten bestimmt treffen. Oder in der Sansibar …
Zum türkisfarbenen Seidentop wählte sie einen weit schwingenden schwarzen Seidenrock in Crashoptik. Meergrüne Swarovski-Ohrgehänge, dazu ein Chiffonschal ums Haar … ja, so würde sie auffallen!
Aber erst noch schnell ein wenig Kokain aufs Zahnfleisch. Der Kick würde zwar nicht so gewaltig sein, aber fürs erste garantierte es unbeschwerte gute Laune.
In der Hotelhalle blieb sie abrupt stehen. Das war doch …
„Was machen Sie denn hier?“ Wie die personifizierte Rachegöttin stand sie vor Bettina und James.
„Wir gehen an die Bar. Haben Sie da Bedenken?“ Bettina mühte sich um Gelassenheit, doch James, der ihren Arm festhielt, merkte, dass sie sich verkrampfte.
„Können wir behilflich sein?“, erkundigte er sich betont höflich. „Wenn nicht – wir sind verabredet.“
„Ach ja? Mit wem? Ist Karsten in der Bar?“ Mit einem Ruck drehte sich Elaine um, stürmte quer durch die Halle und sah sich in der Bar um. Nein, hier saßen nur drei Mädchen, die sie unschwer als Kolleginnen erkannte. Aber das waren noch junge, unbekannte Dinger …
Junge und unbekannt … das war sie auch einmal gewesen. Froh über jeden Auftrag, stolz über jede Buchung. Lange war das her.
Zu lange …
Urplötzlich kippte ihre Stimmung. Aus dem Hochgefühl wurde innerhalb weniger Minuten eine tiefe Depression.
Elaine kannte die Anzeichen – schon oft hatte sie dagegen ankämpfen müssen. „Ich bekomme eine Flasche Wodka auf mein Zimmer. Und Tonic-Water.” Damit rauschte sie hinaus, überließ es dem Barkeeper, herauszufinden, wer sie war und
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