Ein Himmel voller Sterne
welches Zimmer sie bewohnte.
+ + +
Es war lange nach Mitternacht. Draußen klatschte der Regen gegen die Fenster, verwischte die Konturen der großen antiken Laternen, die im Park der Villa Ryhoff standen. Das weitläufige Anwesen hatte einst Karstens Großeltern mütterlicherseits gehört. Seine Eltern hatten die Villa modernisieren lassen. Es war ein Wellness-Bereich angebaut worden und am hinteren Ende, zum Wasser hin, ein kleines Bootshaus, denn sein Vater war leidenschaftlicher Wassersportler gewesen.
Schlaftrunken griff Karsten nach dem Telefon, das ihn mit penetrantem Klingeln aus der ersten Tiefschlafphase gerissen hatte. „Korten-Ryhoff.“
„Du … du Mistkerl! Läufst immer weg, wenn ich dich sehen will… Aber jetzt ist es zu spät. Jetzt kriegst du mich nicht mehr ein. Ich bin schon ganz … ich bin weg …“ Ein Kichern, dann ein tiefer Seufzer.
Im ersten Impuls wollte Karsten auflegen. Scherze dieser Art waren entsetzlich! Dann aber begriff er schlagartig – und setzte sich ruckartig im Bett auf. „Elaine! Elaine, bist du das?“
„Du ahnst ja nicht… keine Ahnung hast du!“ Die Worte waren nur noch undeutlich zu vernehmen. Aber ein Blick aufs Display hatte ihm gezeigt, dass es wirklich Elaine war, die ihn anrief.
„Wo steckst du?“
„Sag ich … nicht …“
„Du hast wieder was genommen! Elaine! Wie oft …“
„Halt doch die Schnauze!“ Sie kicherte albern, um im nächsten Moment wieder einen weinerlichen Tonfall anzuschlagen. „Du liebst mich nicht. Da kannst du auch gar nicht meckern mit mir. Ich bin … ich bin es so leid! Alles ist so ätzend … du auch! Und hier auf der Insel ist nix los … nur dieses Miststück ist da … Ich könnte sie um …“ Ein leises Knacken, dann war das Gespräch zu Ende.
Karsten war beunruhigt. Erst einmal hatte er Elaine völlig betrunken gesehen. Dazu hatte sie irgendwelche Aufputschmittel genommen – ein Cocktail mit fatalen Konsequenzen! Er erinnerte sich nur mit Schaudern an das Horrorszenario, das sich ganz offensichtlich im Kopf des schönen Fotomodells abgespielt hatte. Elaine hatte versucht, über den Balkon ihres Zimmers in den Garten zu gelangen – ungeachtet der Tatsache, dass sie sich in Paris im vierten Stockwerk eines Hotels befanden. Es hatte Stunden gedauert, bis sie wieder klar im Kopf gewesen war.
Und er … er hatte eindringlich auf sie eingeredet. Hatte von Gesundheitsbewusstsein, Verantwortungsgefühl und gar von einem Aufenthalt in einer Drogenklinik gesprochen, denn seiner Meinung nach war Elaine schon süchtig. Sie aber hatte nur gelacht. „So ein Blödsinn! Das bisschen Koks gehört doch dazu! Ich hab das alles im Griff. Aber das Zeug bekämpft den Hunger, macht gute Laune! Tu doch nicht so prüde! Du weißt doch genau, wie so was abläuft!“
Ja, er wusste es. Hatte es schon oft erlebt, dass die Mädchen sich eine Linie zogen, einfach weil sie dem harten Job nicht gewachsen waren – zumindest einige von ihnen hielten diesem Druck nicht stand.
Aber Elaine … er hatte immer geglaubt, sie sei stark, sei souverän und etwas ganz Besonderes.
Und für eine Weile war sie das ja auch für ihn gewesen. Er hatte wochenlang geglaubt, in ihr die Traumfrau schlechthin gefunden zu haben. Na ja, er hatte es sich eingeredet, weil eben Bettina …
Nicht an sie denken! Jetzt war nur Elaine wichtig!
„Ich komme zu dir“, rief er in den Hörer, nachdem er immer und immer wieder ihre Handynummer angewählt hatte, doch stets nur die Mailbox erreichte.
Ob Elaine ihn hörte? Ob er sie rechtzeitig fand? Was hatte sie gesagt? Sie sei auf einer Insel? Und – wen hatte sie getroffen?
„Sie ist auf Sylt!“ Auf einmal wusste er es ganz genau! Mit einem Satz war er aus dem Bett.
Was sollte er tun? Vor dem Morgen kam er nicht nach Sylt, nicht mal mit einem Privatjet.
Während des Duschens fiel ihm ein, wer helfen könnte: Andreas Fabian! „Das ist es!“
Es kostete Zeit und Nerven, die Handynummer des Arztes ausfindig zu machen. Als er endlich Andreas’ verschlafene Stimme hörte, wurde ihm fast schlecht vor Erleichterung.
„Hier ist Karsten Korten-Ryhoff. Jetzt müssen Sie mir helfen“, sagte er. „Es geht um eine gute Freundin von mir – Elaine Marais. Sie ist Model und …“
„Ich kenne Elaine – vom Sehen.“
„Das ist gut. Sie … ich glaube, sie hat zu viel Koks genommen. Oder sonst so ein Zeug. Jedenfalls rief sie eben total verwirrt an. Und ich befürchte …“ Er biss sich auf die Lippen. Es war
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