Ein Hippie-Traum
Squires blieben in einem Motel namens Dinty’s Motor Inn. Dort konnten wir umsonst wohnen, solange wir samstag- und sonntagnachmittags im Fourth Dimension Club spielten. Sowohl das Motel als auch das Fourth Dimension gehörten Gordie Crompton alias »Dinty«. Nachdem die Gigs im Fourth Dimension beendet waren, spielten wir noch hier und da in der Stadt, aber es waren harte Zeiten und wir waren arm wie die Kirchenmäuse. Eine Zeit lang ernährten wir uns von Ritz-Crackern und Frühstücksfleisch, das wir in einem kleinen Spirituosenladen gegenüber vom Motel kauften.
Irgendwann flogen wir aus dem Dinty’s Motor Inn raus und zogen wieder ins YMCA . Wir spielten dann sonntagnachmittags in einem Laden namens Pancake House. Das war okay, aber leben konnten wir davon nicht.
Wir spielten viel in Fort William, aber nachdem ich das eine ganze Weile gemacht hatte, zog ich weiter nach Toronto. Das kam ziemlich plötzlich. Ich hockte einmal spätabends mit ein paar Typen von den anderen Bands zusammen, einigen von den Bonnevilles und Terry Erickson, einem Bassisten, der auch gut Gitarre spielte. Wir wollten ihn bei den Squires aufnehmen und hatten sogar schon ein paar Fotos mit ihm zusammen gemacht. Ich beschloss, ihn in Mort nach Sault Ste. Marie zu fahren, wo er ein paar Tage darauf einen Gig hatte. Wir setzten uns in den Leichenwagen und weg waren wir. Einfach so. Ken war noch im YMCA , deshalb verpasste er die Abfahrt. Bob Clark und die Bonnevilles kamen mit uns. Terrys Motorrad luden wir auch noch hinten in Mort ein.
Ungefähr auf halber Strecke, kurz vor einer Stadt namens Blind River, blieben wir liegen. Morts Getriebe war erledigt. Wir wurden zu Bill’s Garage abgeschleppt, rückwärts, die Hinterräder in der Luft und ich entgegen der Fahrtrichtung am Steuer. Ein grauenvolles Erlebnis. Wir wurden in einem Affenzahn gezogen, und ich zitterte um mein Leben. In der Werkstatt angekommen, sagte uns Bill, er könne uns ein Ersatzteil besorgen und den Wagen wieder zum Laufen bringen. Mehrere Tage später saßen wir immer noch dort fest, und allmählich wurde das Geld knapp. Wir ernährten unsvon Bratkartoffeln vom Markt und trieben uns auf einem alten Schrottplatz oder einer Müllkippe am Stadtrand herum.
Direkt gegenüber dem Schrottplatz lag hinter einer Schotterstraße ein Friedhof. Wir waren schon ein schräger Haufen. Die Bonnevilles fuhren per Anhalter zurück nach Fort William, wo sie am Wochenende einen Auftritt hatten. Bob schloss sich ihnen an. Als mir klar wurde, dass Mort nicht mehr zu retten war, fand ich es sinnlos, ohne ihn in Fort William zu bleiben. Das war so ein Gefühl. Der Leichenwagen war Teil des Ganzen. Das Bild. Die Idee. Eine Gruppe oder eine Figur umgibt immer etwas, was sich nicht greifen lässt. Das darf man nicht verlieren. Und wenn, dann muss man neu anfangen. Ich spürte, dass Mort ein großer Teil meiner Persönlichkeit war, und so brach ich zusammen mit Terry nach North Bay auf, wo wir seinen Dad besuchen und ihn um Geld bitten wollten. Ich weiß gar nicht mehr, was damals eigentlich aus Terrys Gig in Sault Ste. Marie wurde, aber ich erinnere mich sehr wohl, dass wir kurz nach unserer Ankunft eine Lounge Band sahen, Mandala, mit einem hervorragenden Gitarristen namens Domenic Troiano und George Olliver, einem fantastischen Sänger. Wow! Die Jungs waren große Klasse, sehr flotter und professioneller R&B. Später, als ich in Toronto lebte, kam ich noch einmal nach North Bay und gab einen Soloauftritt in einem Folk-Club, kurz bevor ich Bruce Palmer und Rick James kennenlernte und bei den Mynah Birds einstieg.
Aber zurück zu Terrys Vater in North Bay. Er war Polizist und konnte uns kein Geld geben, aber er bot uns morgens Kellogg’s Corn Flakes und Scotch an, und danach eine Cola. So begann Terry seinen Tag, mit Coca-Cola. Sein Dad ließ sich die Cornflakes schmecken. Milch gab es keine. Das war mir neu, Cola am Morgen, und ich versuchte es eine Zeit lang.
Schließlich fuhren wir Richtung Süden nach Toronto, wo wir meinen Dad um Hilfe baten. Er nahm uns freundlich auf, aber es war etwas steif und ungemütlich dort und wir blieben nicht allzu lange. Ich hatte den Eindruck, wir störten. Mein Vater hatte wiedergeheiratet, und ich lernte zum ersten Mal meine kleine Schwester Astrid und ihre Mutter kennen (die genauso hieß). Die kleine Astrid war damals noch sehr jung, drei oder vier, und nahm Oboenunterricht. Ich tat mich ein wenig in der Musikszene von Yorkville um, dem kanadischen
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