Ein Hippie-Traum
andere Instrumente. Es gab auch Stände mit Kopfhörern, an denen man in Singles reinhören konnte. Ich habe dort eine Menge Zeit verbracht. Natürlich wimmelte es dort nur so von Blumenkindern und Hippiemädchen, eins hübscher als das andere.
Jedenfalls hatten sie oben eine großartige Gitarrenabteilung. Es gab dort Martins, Gibsons, alle Arten von E-Gitarren und sehr schönen alten Akustikgitarren. Um die Zeit herum kamen auch Springfield richtig in Gang; wir spielten im Whisky a Go Go, ungefähr eine Meile den Sunset runter in Richtung Beverly Hills. Stills und ich sind oft zu Wallich’s gegangen und haben dort Martins ausprobiert. Stephen wurde schnell ein ausgezeichneter Gitarrist und hatte bald viel mehr Voicings drauf als ich, außerdem kamen ihm immer ganz von allein Rhythmen, die mich total umhauten.
Eines Tages war ich mit ein paar Freunden beim Teen Fair undgenoss das ganze Flair dort, die Klänge, die Mädchen, die Leute, jenes überwältigende Chaos aus Eindrücken, als sich der Himmel plötzlich zu drehen begann und mir leicht übel wurde. Ich fiel um. Der Himmel verdunkelte sich, und alle Geräusche hallten in meinem Kopf als hohles Echo wider. Ich lag rücklings auf dem Gehweg und sah Gesichter auf mich herabschauen. Es war, als wäre ich gerade geboren worden, und ich erkannte niemanden. Ich wusste nicht einmal so wirklich meinen eigenen Namen. Mir war heiß.
»Neil, Neil! Alles klar? Geht’s dir gut?«
Ich hatte keine Ahnung, ob alles klar war, aber mir wurde allmählich bewusst, dass ich Neil hieß und irgendwo inmitten einer Menschenmenge auf dem Boden lag. Ich fühlte mich auf seltsame Weise neugeboren. Andererseits half mir jemand hoch, und die Leute um mich herum zerstreuten sich. Irgendwer muss mich dann nach Hause gebracht haben, zu Barry, und später bin ich wohl eingeschlafen.
Von dem Moment an lebte ich jahrelang in der Angst, das könnte wieder passieren. Wenn ich in meinem Bauch erste Anzeichen davon spürte, packte mich die Furcht und ich zog mich zurück, bis es wieder verging. Sie kam auf der Bühne, in Menschenmengen und beim Einkaufen, diese irrsinnige Angst, die die ganze Zeit im Hinterhalt lauerte und darauf wartete, mich zu packen. Das hinterließ Spuren. Irgendwann konnte ich nicht einmal mehr in den nahe gelegenen Laurel Canyon Country Store gehen und einkaufen. Dort waren mir einfach zu viele Gänge und zu viele Produkte, zu viel Auswahl.
Der Laurel Canyon Country Store war nur zwei Straßen von dort entfernt, wo ich ein knappes Jahr zuvor im Leichenwagen geschlafen hatte. Ich hatte jetzt eine Hütte ganz oben auf der Ridpath Avenue in der Nähe vom Utica Drive, praktisch am höchsten Punkt des Laurel Canyon. Das Anwesen dort oben war echt abgefahren, mit einem Haupthaus, einer Garage und eben einem kleinen Holzhaus. Durch die gewölbten Schindeln sah es irgendwie mystisch aus, wie ein Hexenhäuschen. Wunderbar. Ich mietete mir dieses Haus, zu dem eine lange Treppe mit ein- oder zweihundert Stufenhinaufführte. Die Garage lag unterhalb davon am Utica Drive, dort wohnte John Densmore, der Schlagzeuger von den Doors. Sie hatte dieselben geheimnisvollen Schindeln. Meine Vermieterin war eine Astrologin, Kiyo Hodel. Sie wohnte im Haupthaus und hatte einen starken Hang zum Kosmischen. Meine Hütte bestand aus Kiefernholz mit einer Menge Astlöchern, sehr rustikal. Ich fand es wunderbar dort. Auf dem Boden lag ein Lamafell. Dort oben in meiner kleinen Hütte hat sich für mich eine Menge abgespielt. Ich habe viele Mädchen mit hinaufgebracht und mir mit ihnen schöne Stunden gemacht, auch wenn ich nicht sehr selbstsicher war und wohl nicht gerade ein berauschender Liebhaber. Ich stand unter Leistungsdruck, könnte man wohl sagen.
Ich war etwas verloren in der Gegend, und ich arbeitete sehr lange daran. Genau genommen arbeite ich heute noch daran, lerne mich zu öffnen und mich anderen mitzuteilen, erfahre die Tiefen von Intimität auch jenseits von Sex. Es ist eine lebenslange Reise geworden, eine der großen Offenbarungen. Mein Vater hat mir nie mit viel Rat zur Seite gestanden, und als Heranwachsender habe ich seine Anwesenheit schon ziemlich vermisst. Es bereitet mir Unbehagen, darüber zu reden, auch wenn es mich heute nicht mehr so belastet wie damals.
Eines Tages kam Dennis Hopper, den Stephen über Peter Fonda kennengelernt hatte, und machte ein paar Fotos von Springfield hinter meiner Hütte. Sie war ganz schlicht, nur zwei Zimmer, ein Schlafzimmer, ein Bad und
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