Ein Hoffnungsstern am Himmel Roman
näher gekommen, nachdem wir gemeinsam so viel durchgestanden haben, aber das ist auch schon alles.«
»Wirklich?«
»Ja. Hör bitte auf, dir irgendwelche Dinge einzubilden.«
»Wenn du es sagst. Und wie geht es dir so, Mädchen?«
»Sehr gut.« Sie rümpfte die Nase, weil Charlie streng roch, und ihr fiel erst jetzt auf, wie schmutzig und staubig er war.
»Ich bin gerade erst zurück und gleich hergekommen.«
»Du hättest dir ruhig die Zeit nehmen können, dich zu waschen, Charlie.«
»Ich hab mir Sorgen gemacht!«
Estellas Miene wurde weich. »Tut mir Leid. Ich wollte nicht undankbar sein. Dass du losgezogen bist, um Murphy und mich zu suchen, war sehr mutig von dir.«
Charlie konnte es selbst kaum glauben. Das Unternehmen war viel anstrengender gewesen, als er es sich vorgestellt hatte. Er hatte Blasen an den unmöglichsten Stellen, und das Schlimmste war, dass er bei seiner Rückkehr nicht mal ein kaltes Bier trinken konnte. »Das war doch selbstverständlich«, meinte er und verschwieg ihr aus Verlegenheit, dass er schreckliche Angst gehabt hatte, seine Nichte zu verlieren.
Estella war gerührt. »Ich würde gern nach Hause gehen,aber Dan, Murphy und Betty haben sich zusammengetan und hindern mich daran.«
»Das ist gut so. Schließlich hast du ein schreckliches Erlebnis hinter dir.«
Estella begriff plötzlich, was alles hätte geschehen können, und brach unvermittelt in Tränen aus.
Charlie blickte sie erschrocken an. »Was ist passiert?«, fragte er verständnislos und eilte zum Bett. Er hätte sich gern gesetzt, doch er hinterließ eine Spur aus rotem Staub, wo immer er sich gerade aufhielt. »Ist etwas mit dem Baby?«
Estella schüttelte den Kopf. »Ich hätte dort draußen sterben können, und Murphy wäre beinahe umgekommen ...«
Charlie legte ihr behutsam eine Hand auf die Schulter. »Dafür sieht er schon wieder ziemlich munter aus.« Er hatte von Murphys gebrochenem Bein gehört, doch er wusste, dass Murphy hart im Nehmen war.
Estella sah ihn an. »Beinahe wäre er verblutet, und ich konnte nichts dagegen tun.«
Jetzt war Charlie doch entsetzt.
»Ich habe sein Bein nach unserer verunglückten Landung gerichtet, aber er hat versucht, mir bei der provisorischen Landebahn zu helfen, und ist dabei so unglücklich gestürzt, dass der Knochen aus dem Bein ragte ...«
Charlie fühlte, wie es ihn trotz der Hitze kalt überlief.
»Ich konnte ihm nicht helfen. Wäre Dan nur eine Stunde später gekommen, wäre es zu spät gewesen.«
Allmählich konnte Charlie ermessen, welche Schrecken Estella hinter sich hatte. Es musste die Hölle gewesen sein. Er kam sich albern vor, weil er beinahe über ein paar Blasen geklagt hätte. Estella stand auf, und Charlie zog sie in seine kräftigen Arme und hielt sie fest. »Jetzt ist es vorbei«, murmelte er tröstend.
Nach einer Weile löste Estella sich von ihm. »Du brauchst ein Bad, Charlie, und zwar dringend.«
Er trat einen Schritt zurück. »Tut mir Leid. Ich wollte mich nur davon überzeugen, dass es dir gut geht. Ich komm wieder, so schnell ich kann.« Charlie wandte sich zum Gehen, zuckte jedoch erschrocken zusammen, als er Phyllis im Türrahmen stehen sah. Er fragte sich, ob sie ihre Unterhaltung mit angehört hatte. »Kylie wird sicher gleich kommen«, fuhr Charlie fort. »Sie wollte sich nur etwas frisch machen – und das werde ich jetzt auch tun.«
Estella horchte auf, weil seine Stimme plötzlich so unpersönlich klang. Sie blickte auf und sah Phyllis an der Tür. Ihr Herz begann zu rasen. War ihr Geheimnis jetzt gelüftet?
»Danke für deinen Besuch, Charlie«, sagte sie so gelassen sie konnte. »Und noch einmal vielen Dank, dass ihr losgezogen seid, um Murphy und mich zu suchen.«
»Du brauchst dich nicht zu bedanken – hier draußen helfen wir einander, wenn es nötig ist«, erwiderte Charlie. »Ich lasse euch Ladys jetzt allein, damit ihr euch ungestört unterhalten könnt.«
Phyllis trat zur Seite, um Charlie vorbeizulassen.
»Ich habe ihn doch hoffentlich nicht vertrieben?«, fragte sie. Ihr freundliches Lächeln verriet nichts über ihre Gedanken, denn sie hatte soeben eine seltsame halbe Stunde an Murphys Seite verbracht. Murphy hatte ihr gesagt, er wolle sein Leben ändern; er habe zu lange in der Vergangenheit gelebt. Mehr hatte Phyllis ihm nicht entlocken können, doch sie musste wissen, ob die Geschehnisse in der Wüste etwas mit seinem Entschluss zu tun hatten. Sicher, Murphy war dem Tod sehr nahe gewesen, doch es musste
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