Ein Hoffnungsstern am Himmel Roman
ernst meinte, und schließlich nickte sie. »Gut.«
Während sie zum Gemischtwarenladen gingen, flog der Kakadu auf. Zu Estellas Verwunderung landete er auf einem Ast des Baumes, der Stargazers Stall Schatten spendete. Sie wertete es als Zeichen dafür, dass sie sich auf dem richtigen Weg befand.
Der Laden war geschlossen, und Estella und Murphy gingen um das Gebäude herum. Marty war schon draußen und mischte Stargazers Futter zusammen. Der Hengst schnaubte, als er Estella erkannte, die ihn auch nach den Picknick-Rennen oft besucht hatte.
»Guten Morgen«, rief Marty ihnen zu. »Ich seid ja schon früh auf den Beinen.« Ihm fiel auf, dass beide müde aussahen.
»Guten Morgen, Marty«, sagte Estella. »Vielen Dank für deine Hilfe gestern Abend. Ich wollte mich bei allen bedanken, aber ich war so durcheinander.«
»Das ist verständlich – aber mach dir keine Gedanken. Wir bauen dir einen neuen Stall und neue Zwinger.«
Estella fühlte sich augenblicklich von einer großen Last befreit.
»Ist Phyllis schon auf?«, fragte Murphy.
Marty wirkte befremdet, nicht von der Frage an sich, sondern durch Murphys seltsamen Tonfall.
»Ja. Ich glaube nicht, dass sie heute Nacht allzu gut geschlafen hat.«
»Können wir zu ihr?«
»Natürlich.« Marty runzelte die Stirn, denn er verstand nicht, warum Murphy und Estella so ernst wirkten.
Phyllis saß im Morgenmantel am Küchentisch und trank Tee. Sie erschrak, als sie Murphy und Estella so früh – und zusammen – hereinkommen sah.
»Möchtet ihr Tee?«, fragte Marty, der sah, dass seine Tochter nervös wirkte. Wie alle anderen fragte auch er sich noch immer, warum Estellas Stall in Brand geraten war. Er hoffte inständig, dass Phyllis nichts damit zu tun hatte.
»Nein, danke, Marty«, erklärte Estella. »Wir sind nicht hier, um Tee zu trinken.«
Marty musterte seine Tochter noch eingehender. »Um was geht es, Estella? Ihr seht so ernst aus.«
»Ich komme am besten gleich zur Sache«, sagte Estella. »Wie ihr wisst, habe ich mir Sorgen um Mai gemacht. Sie hat in letzter Zeit viel getrunken, und da Charlie ihr keinen Tropfen Alkohol gegeben hat, habe ich versucht, herauszufinden, woher sie ihn hatte.«
»Und was hat das mit mir zu tun?«, wollte Phyllis wissen.
Alle bemerkten ihre Verlegenheit.
Murphy beobachtete Marty, der immer unruhiger zu werden schien.
»Vielleicht sollte ich dir sagen, dass im Baum neben Stargazers Stall ein schwarzer Kakadu sitzt«, fuhr Estella fort. Dabei musterte sie Phyllis scharf und sah in deren dunklen Augen so etwas wie Angst aufflackern.
»Na und? Schwarze Kakadus sieht man oft in der Stadt.«
»Neulich hast du gesagt, dass schwarze Kakadus sehr selten sind.«
Phyllis zuckte mit den Schultern und starrte auf die Teeblätter am Boden ihrer Tasse.
»Erinnerst du dich noch, was der kadaicha mir gesagt hat?«, fuhr Estella fort.
Phyllis blickte auf. »Das ist Unsinn, und du weißt es!«
»Seltsam, dass ausgerechnet du so redest. Ich hatte bisher den Eindruck, dass du den Glauben der Aborigines sehr ernst nimmst.«
»Entschuldigt mich bitte«, erklärte Marty plötzlich. »Ich muss Stargazer füttern.« Damit ging er durch die Hintertür hinaus. Murphy, der sich über Martys Reaktion wunderte, folgte ihm.
Estella ließ Phyllis nicht aus den Augen. »Dein Vater ist ein guter Mensch, und du brichst ihm das Herz!«
»Das ist Unsinn! Du hast kein Recht, so etwas zu sagen«, stieß Phyllis wütend hervor und stand auf. »Ich muss jetzt den Laden aufschließen. Wenn du mich entschuldigst, ich gehe mich anziehen.«
Estella schüttelte den Kopf. »Tut mir Leid, Phyllis, aber ich gehe nicht, bevor ich Antworten auf meine Fragen bekommen habe.«
Phyllis starrte sie feindselig an.
»Was hast du gestern Abend getan?«, fuhr Estella ungerührt fort.
»Ich habe mich amüsiert. Ist das schlimm?«
»Du hast dich nicht nur amüsiert, nicht wahr?«
»Wovon sprichst du?«
»Du hast mir einmal gesagt, du seist nicht an Murphy interessiert, und doch hast du dich ihm an den Hals geworfen, als wäre er der einzige Mann im Umkreis von tausend Meilen.«
Phyllis’ Augen wurden schmal, und sie stieß verächtlich hervor: »Ich habe nichts dergleichen getan. Aber ich bin frei, während du noch nicht einmal geschieden bist. Du trägst das Kind eines anderen Mannes unter dem Herzen, und dochhast du dich auf der Tanzfläche an ihn geschmiegt wie eine Hure.«
Zu Phyllis’ großem Erstaunen wirkte Estella nicht im Mindesten gekränkt.
»Das
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