Ein Hoffnungsstern am Himmel Roman
lallte er. Er versuchte, Estella anzublicken, war jedoch viel zu betrunken. Er stützte einen Ellbogen auf die Theke, um seinem Kopf Halt zu geben, doch der Ellbogen rutschte weg, und sein Kopf schlug mit einem hässlichen Geräusch auf die Holzplatte. Charlie verzog vor Schmerz das Gesicht, als wäre ihm dieses Missgeschick passiert. Nach einer Weile richtete der Arzt sich mühsam wieder auf, stützte sich auf beide Arme und fluchte leise vor sich hin.
»O Gott«, stieß Estella hervor und dachte an ihre gefährliche Landung. »Wir wären heute beinahe verunglückt – unddann hätte unser Leben in Ihren Händen gelegen!« Sie hatte nur laut gedacht, doch die Männer verstanden ihre Worte.
»Das hast du uns ja gar nicht erzählt, Murphy!«, stellte einer von ihnen fest.
»Es war fast schon dunkel, und unsere Landung ist wegen der Kängurus ziemlich unsanft ausgefallen.« Murphy warf Estella einen finsteren Blick zu.
Sie begriff nicht, weshalb er ihr schreckliches Erlebnis herunterzuspielen versuchte und sie ansah, als hätte sie irgendetwas Unanständiges gesagt. »Wenn Sie mich fragen, hatten wir sehr viel Glück, dass wir ohne ernste Verletzungen davongekommen sind. Ich bin nur ohnmächtig geworden – aber wenn ich nun ernsthaft krank wäre?« Estella hörte eine warnende Stimme in ihrem Kopf, die ihr riet, nicht zu emotional zu werden und es nicht zu übertreiben, doch sie beachtete die Warnung nicht.
»Wenn Sie in einer anderen Stadt ernsthaft krank würden, hätten Sie vielleicht Grund zur Sorge. Zu Ihrem Glück gibt es hier in Kangaroo Crossing eine gute medizinische Versorgung.« Als Estella den Arzt mit einem spöttischen Blick bedachte, fügte Michael rasch hinzu: »Dr. Dan ist außer Dienst, und jeder hier gönnt ihm seinen Drink!«
»Und ich hätte gern noch einen«, warf Dan ein, doch niemand beachtete ihn.
»Er hat sicher mehr gehabt als nur ein Glas«, meinte Estella. »Er sieht eher so aus, als hätte er ein ganzes Fass allein getrunken. Für ihn als einzigen Arzt in der Stadt finde ich ein solches Verhalten unverantwortlich!«
»Wir können uns glücklich schätzen, dass überhaupt ein Arzt im Ort ist«, warf ein kleiner, bärtiger Mann ein. »Hier gibt’s auf Hunderte von Meilen im Umkreis keinen anderen.«
»Sie sollten Ihre Vorstellung von Glück mal gründlich überdenken«, meinte Estella nach einem missbilligenden Seitenblick auf den Arzt. »Sie trauen Kylie doch nicht im Ernst zu,dass sie im Notfall weiß, was zu tun ist. Sie ist fast noch ein Kind!«
Die Männer starrten Estella feindselig an, Michael Murphy eingeschlossen. »Sie ist eine voll ausgebildete Buschkrankenschwester und sehr tüchtig«, erklärte der Mann, der Estella am nächsten stand. »Und zu Dr. Dan haben die Patienten vollstes Vertrauen. Viele verdanken ihm sogar ihr Leben.«
Estella war noch immer skeptisch.
»Für wen halten Sie sich eigentlich, dass Sie hierher kommen und kritisieren, wie wir hier die Dinge regeln?«, meinte ein älterer Mann.
»Sie haben doch sicher alle Frauen und Kinder?«, fragte Estella mit einem Blick auf den Arzt, der zu Boden gerutscht und dort eingeschlafen war. »Würden Sie deren Leben in die Hände dieses Mannes legen?«
»Ich habe Enkel. Und ich würde sie sofort zu Dr. Dan in Behandlung geben!«
»Ich persönlich würde ihm nicht einmal eine kranke Katze anvertrauen«, erwiderte Estella. Wie um ihren Worten mehr Gewicht zu verleihen, begann der Arzt laut zu schnarchen.
»Und ich bin nicht sicher, ob ich Ihnen eine kranke Katze anvertrauen würde«, meinte Teddy Hall, der Jüngste in der Runde. »Außerdem hasse ich Katzen. Dr. Dan hat meine drei Kleinen auf die Welt gebracht, und meine Annie wollte keinen anderen dabeihaben.« Er dachte daran, dass Dr. Dan jedes Mal leicht angetrunken gewesen war und dass Schwester Betty die meiste Arbeit getan hatte – aber das hätte er dieser hochnäsigen jungen Frau gegenüber niemals zugegeben.
»Sie sind doch selbst nicht viel mehr als ein Kind«, sagte ein anderer Mann. »Und da erwarten Sie, dass wir Ihnen unser Vieh anvertrauen. Unser ganzes Kapital?«
»Ich kann Ihnen versichern, wenn ich bei Ihren Tieren bin, werde ich meine fünf Sinne beisammen haben!«, erwiderte Estella.
Die Männer wirkten ein wenig verunsichert, doch sie würden Estella nicht mit offenen Armen empfangen, das war offensichtlich.
»Gut, dass Ihre Stelle befristet ist, bis wir einen geeigneten Ersatz für Ross Cooper gefunden haben«, erklärte Teddy
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