Ein Hoffnungsstern am Himmel Roman
eigentlich Nomaden und ziehen von Ort zu Ort. Einige dieser Plätze haben eine besondere spirituelle Bedeutung.«
»Kommen sie hierher, wenn sie krank sind, oder haben sie ihre eigenen Medizinmänner?«
»Ich ermutige sie immer herzukommen, aber die Stämme haben einen kadaicha, der ihnen Angst vor der Medizin der Weißen macht. Seit die Weißen in dieses Land gekommen sind, gibt es mehr Krankheiten, und die Aborigines brauchen die Medikamente des weißes Mannes, um wieder gesund zu werden, und immer mehr Stammesangehörige halten sich nicht an die Anweisungen des kadaicha. Was werden Sie tun, wenn Sie das Krankenhaus verlassen, Missus Estella?«
Estella verzog das Gesicht. »Ich muss Ross Coopers Haus auf Vordermann bringen, bevor ich dort einziehen kann – aber das wird nicht einfach sein. Ich war gestern Abend dort. Es ist in einem schlimmen Zustand. Um ehrlich zu sein war das der Grund, warum ich wieder hergekommen bin. Das Haus war so schmutzig, dass ich einfach nicht darin bleiben konnte.«
Kylie nickte. »Ich bin froh, dass Sie zurückgekommen sind, Missus. Ich bin hier nachts nicht gern allein.«
Estella verstand das nur zu gut, fragte sich zugleich aber, ob Kylie sich vor Dr. Dan fürchtete, wenn dieser betrunken war.
»Charlie hat ein paar Aborigine-Frauen gebeten, in dem Haus zu putzen, aber sie scheuen sich, in ein Haus zu gehen, in dem ein Weißer gestorben ist. Sie haben Angst vor seinem Geist.«
»Ross Cooper ist in dem Haus gestorben?«
»Ja, Missus. Charlie war bei ihm, und es hat ihn ziemlich mitgenommen. Die Brüder waren sich sehr nahe.«
Jetzt verstand Estella, warum Charlie das Haus so lange nicht hatte betreten können, und es tat ihr Leid, dass sie so hart über ihn geurteilt hatte. »Warum war Ross nicht im Krankenhaus, wenn er so schwer verletzt war?«
»Dr. Dan war auf einer Farm bei einem Schwerkranken, und Ross hat keinem erlaubt, ihn ins Krankenhaus zu bringen. Er sagte, er hätte sich nur die Schulter geprellt. Niemand konnte wissen, dass ein Blutgerinnsel auf dem Weg zu seinem Herzen war. Es war eine sehr tragische Geschichte.«
»Er war zu jung, um zu sterben«, meinte Estella, die zum ersten Mal wirklich über Ross’ Tod nachdachte.
»Ja, Missus, das war er«, sagte Kylie; dann wechselte sie das Thema. »Wollen Sie sich etwas zum Putzen ausleihen, Missus? Einen Eimer, einen Wischmopp, einen Besen und ein paar Lappen? Wir haben alles hier. Sie können es ruhig benutzen.«
»Danke, Kylie.«
»Schon gut, Missus Estella. Ich könnte Ihnen helfen, wenn Sie mich brauchen.«
»Vielen Dank, Kylie, aber das kann ich nicht von Ihnen verlangen. Sie haben schließlich die ganze Nacht gearbeitet.«
Kylie lächelte. »Sie haben mich doch gar nicht gebraucht, Missus Estella. Ich habe fast die ganze Nacht geschlafen. Um ehrlich zu sein, hätte ich mich allein nicht in das Haus getraut, aber wenn Sie dabei sind, geht es.«
»Trotzdem müssen Sie müde sein.«
»Ich brauche morgen nicht zu arbeiten und kann den ganzen Tag schlafen.«
Dan Dugan kam mit einem Tablett in den Raum. »Hier ist Ihr Frühstück«, sagte er. »Wenn Ihnen vom Essen wieder übel wird, sind Sie dieses Mal jedenfalls gleich am richtigen Ort. Aber ich glaube, Sie sind darüber hinweg. Deshalb habe ich schon Ihre Entlassungspapiere unterschrieben. Sie können gehen, wenn Sie gegessen haben.«
Estella warf Kylie einen Blick zu. »Ich muss Ross Coopers Haus putzen, aber ich werde es nicht übertreiben. Ich habe das Gefühl, dass allein schon die Hitze mich bremsen wird, bis ich mich daran gewöhnt habe.«
Mit melancholischem Lächeln erwiderte Dan: »Es ist einMärchen, dass man sich an die Hitze gewöhnen kann. Man akklimatisiert sich bis zu einem gewissen Grad, aber man gewöhnt sich niemals wirklich an die Hitze oder die Trockenheit. Alles hängt nur davon ab, ob man die Kraft hat, es zu ertragen. Machen Sie’s gut.« Er hielt ihr seine Rechte entgegen, und Estella ergriff sie. Die beiden wechselten einen Blick – dann war Dan fort.
Estella konnte es immer noch kaum glauben, dass der Betrunkene vom Abend zuvor und Dr. Dan dieselbe Person waren. Sie wusste nicht, was sie von Dan halten sollte.
»Wo wohnen Sie, Kylie?«, erkundigte sie sich.
»Ich habe ein Zimmer im Anbau hinter dem Krankenhaus, Missus. Es ist nicht groß, aber ich habe einen Platz zum Schlafen und ein Badezimmer.«
»Und Dr. Dan?«
Kylies Miene verriet Verlegenheit. »Er schläft meistens in seinem Büro. Am besten frühstücken Sie
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