Ein Hoffnungsstern am Himmel Roman
insgeheim für ihren Mangel an Taktgefühl.
Als Estella wenig später nach Hause kam, hatte der Wind aufgefrischt. Sie machte sich daran, die Koppel für Stargazer vorzubereiten, doch es war schwierig, in dem wirbelnden, erstickenden Staub zu arbeiten. Der Wassertrog musste gescheuert und der Stall gesäubert werden. Außerdem musste sie die Raufe wieder am Lattenzaun befestigen. Als sie mit allem fertig war, tat ihr der ganze Körper weh; die Finger waren voller Blasen und Schnittwunden, und sie brauchte unbedingt ein Bad.
Als sie ins Haus ging und sich umblickte, stockte ihr das Herz. Sie hatte vergessen, die Fenster zu schließen, und nun war alles über und über mit rotem Staub bedeckt. »O nein!«, rief sie verzweifelt, als sie über den Küchenboden eilte und die Sandkörner unter den Schuhsohlen knirschen hörte.
Nachdem sie rasch alle Fenster geschlossen hatte, ging sie ins Badezimmer, um sich zu waschen. Sogar der Badezuber war staubbedeckt. Schluchzend vor Erschöpfung und hilflosem Zorn spülte sie ihn aus und wusch dann sich selbst und ihr Haar mit so wenig Wasser wie möglich. Als sie sich gerade daranmachen wollte, den Staub im übrigen Haus zu fegen, hörte sie ein Klopfen an der Hintertür und gleich darauf Kylie, die nach ihr rief.
»Herein!«, rief Estella zurück. Sie trafen sich in der Küche.
Kylie sah die Verzweiflung in Estellas Blick. »Ist etwas passiert, Missus?«, fragte sie erschrocken.
»Ich habe draußen gearbeitet, als der Staubsturm kam, und darüber vergessen, die Fenster zu schließen. Dabei war das Haus so sauber! Es tut mir Leid wegen der Küche, Kylie, nach all Ihrer harten Arbeit!« Estella war schon wieder den Tränen nahe, doch sie bemühte sich, es nicht zu zeigen.
Kylie blickte sich um. »Keine Sorge, Missus – es ist doch nur ein bisschen Staub!«
»Sie haben Recht. Das habe ich schnell wieder in Ordnung gebracht.«
»Sie müssen sich nicht über Staub aufregen, Missus. Hier draußen ist es immer staubig!«
Das hörte Estella nicht unbedingt gern. Sie konnte auf Dauer nicht damit leben, dass es beim Gehen ständig unter ihren Füßen knirschte. »Hat Murphy Sie mit zu Ihrer Familie genommen?«
»Ja, heute Morgen, Missus!« Kylie lächelte ihr vertrautes, strahlendes Lächeln. »Während ich fort war, hat Betty Fleisch- und Nierenpasteten gemacht. Eine davon soll ich Ihnen bringen, für den Fall, dass Sie Heimweh haben, sagt Betty.« Sie reichte Estella eine Pastete, die in ein grobes Tuch gewickelt war.
Estella spürte die Wärme durch den Stoff hindurch. »Wie nett von Betty«, sagte sie dankbar. »Das kommt mir gerade recht. Ich sterbe vor Hunger.«
Estellas wechselnde Stimmungen entgingen auch Kylie nicht, die sich ein wenig darüber wunderte. »Ich habe heute Abend im Krankenhaus Dienst, weil Dr. Dan und Murphy nicht vor morgen Früh zurückkommen. Wenn Sie sich einsam fühlen, Missus, kommen Sie einfach herüber.«
»Das werde ich tun, Kylie. Vielen Dank, dass Sie mir die Pastete gebracht haben – und bitte sagen Sie Betty, dass ich sie genießen werde. Danke für eure Freundlichkeit.«
»Betty denkt immer an andere«, gab Kylie zurück.
Wie besessen machte Estella sich daran, den Staubwegzufegen. Dann wischte sie die Böden und lederte sämtliche glatten Oberflächen ab, sogar die Wände. Sorgfältig achtete sie darauf, nicht zu viel Wasser zu verschwenden. Sie war entschlossen, sich von den Elementen nicht besiegen zu lassen. Die Umstände, die sie nach Kangaroo Crossing geführt hatten, konnte sie nicht ändern, aber sie hatte nicht die Absicht, in einem schmutzigen Haus zu leben. Gegen den Staub würde sie kämpfen. Völlig erschöpft fiel sie gegen drei Uhr morgens ins Bett, doch das Haus war wieder sauber. Am nächsten Morgen wachte sie erst gegen neun Uhr auf, was bedeutete, dass sie ihren Tag mit einiger Verspätung begann.
Marty hatte Stargazer schon gefüttert, als Estella erschien. Jetzt war er dabei, den Wassertrog zu säubern, und ihr fiel auf, dass er das Pferd nicht ein einziges Mal ansah.
»Tut mir Leid, dass ich so spät komme, Marty. Ich habe die halbe Nacht damit verbracht, das Haus zu putzen, weil ich vergessen hatte, die Fenster zu schließen, mit dem Erfolg, dass alles voller Staub war.«
»Sie werden sich bald daran gewöhnen, hier draußen mit dem Staub zu leben«, gab Marty zurück. »Er scheint sogar durch geschlossene Fenster zu dringen.«
»Meine werde ich jedenfalls nicht mehr offen lassen, wenn es windig ist«, meinte
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