Ein Hoffnungsstern am Himmel Roman
reden konnte, und es war eine Art Anlaufpunkt für die stations und Farmen in der Umgebung.
Das Haus von Teddy und Annie war ein lang gezogenes Gebäude mit einer umlaufenden Veranda, das inmitten einiger Mulga-Sträucher stand. Es gab eine Windmühle und einen Wassertank in der Nähe des Hauses; dahinter sah man Rinderkoppeln und einige kleinere Nebengebäude. Wie Murphy erklärte, waren es Hütten für die Scherer und Unterkünfte für die Viehtreiber. In der Nähe des Hauses stand als einziger Baum eine einsame Dattelpalme.
»Als Teddy und Annie hier anfingen, haben sie in einem offenen Unterstand gehaust, den Annie immer humpy nennt.
»Was bedeutet humpy ?«
»Es ist eine Aborigine-Hütte aus Stöcken und Zweigen.«
»Oh!« Estella konnte nur ahnen, wie hart das Leben der Pioniere zu Anfang gewesen sein musste.
»Man muss sehr widerstandsfähig sein, um es hier auszuhalten«, meinte Murphy. »Ich habe große Achtung vor Annie. Teddy hat sie in der Stadt kennen gelernt. Sie ist nicht auf dem Land aufgewachsen. Er dagegen stammt von einer der stations in den Kimberley-Bergen, einer sehr rauen Landschaft. Sie können sich sicher vorstellen, was für ein Schock dieser Ort für Annie war. Hier draußen gab es nichts, rein gar nichts. Teddy sagte, sie wäre ihm schon in der ersten Woche davongelaufen, hätte sie sich nicht das Bein gebrochen, als sie lernen wollte, ein Treiberpferd zu reiten. Bis der Bruch geheilt war, teilte sie Teddys Traum und versprach, ihm bei der Verwirklichung zu helfen. Teddy seinerseits versprach Annie, ihr noch vor der Geburt ihrer Tochter Marlee ein Heim zu schaffen. Doch es regnete wochenlang, sodass alles fortgeschwemmt und ihre Willensstärke erneut auf eine harte Probe gestellt wurde.«
Estella konnte nur staunen, dass die beiden diese schreckliche Zeit überstanden und sich ein Leben praktisch aus dem Nichts geschaffen hatten.
»Ich schätze, nur jedes zehnte Mädchen aus der Stadtbesitzt, was man braucht, um hier draußen nicht unterzugehen«, erklärte Murphy. »Das ist ein ungünstiges Verhältnis, und deshalb werden Sie verstehen, Estella, dass ich in Ihrem Fall ein wenig skeptisch bin.« Er musterte sie lange und eingehend, und ihr wurde unbehaglich zu Mute. War sie diese eine unter zehn?
»Wenn ich ein Mann wäre, würden Sie dann anders denken?«, fragte sie.
»Um ehrlich zu sein, ja. Männer kommen mit dem rauen Leben besser zurecht. Ross Cooper war ein gutes Beispiel dafür. Ich bin später als er nach Kangaroo Crossing gekommen, aber nach dem, was ich gehört habe, hat er sich ins Leben im Outback so schnell eingefunden, als wäre er hier geboren.«
Estella seufzte innerlich. Sie wusste, man würde sie stets mit ihrem Vater vergleichen, und sie hatte das Gefühl, dass dieser Vergleich nie zu ihren Gunsten ausging.
»Annie ist ein Glückstreffer«, fuhr Murphy fort. »Sie muss Ihnen eines Tages alles über ihre Anfänge als Ehefrau eines Farmbesitzers erzählen. Das ist eine hörenswerte Geschichte!«
Estella nickte. »Ich würde gern mehr darüber erfahren. Ich begreife sowieso nicht, wie die ersten Siedler hier überleben konnten.« Im Vergleich dazu kam sie sich wie eine Mimose vor, wenn sie an den Schmutz im Haus dachte, über den sie sich so aufgeregt hatte. Aber sie hatte wenigstens ein Dach über dem Kopf.
Als Estella, Murphy und Dan Dugan inmitten des aufgewirbelten Staubes aus der Maschine stiegen, wurden sie von Annie Hall und einer ihrer Töchter begrüßt. Estella fand, dass Annie aussah wie Ende dreißig, obwohl sie wahrscheinlich jünger war. Doch Sonne, Wind und Wetter hatten ihrer Haut zugesetzt. Estella dachte an Dans Worte über die Frauen mit einer Haut wie Eidechsen. So weit wäre sie in Annies Fall nichtgegangen, doch der Vergleich mit Pergamentpapier wäre nicht übertrieben gewesen.
Annie war sehr schlank. Ihre dünnen braunen Haare umrahmten ein schmales Gesicht, und der Blick ihrer blauen Augen wirkte sorgenvoll.
»Annie, dies ist Estella Lawford, die neue Tierärztin«, stellte Murphy vor. »Estella, ich möchte Ihnen Annie Hall vorstellen, Teddys Frau, und ihre älteste Tochter Marlee.«
Estella bemerkte, dass ihre Anwesenheit Annie verstörte, ja in Panik versetzte. Wahrscheinlich fragte sie sich, wie ihr Mann reagieren würde. »Hallo, Annie ... hallo, Marlee«, sagte Estella.
»Willkommen in Langana Downs«, erwiderte Annie zögernd, als die beiden Frauen einander die Hände schüttelten. Es fiel Annie schwer, in der jungen Frau
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