Ein Hologramm für den König
das Essen anzusprechen. Nein, er würde all die Fragen um drei Uhr stellen. Bis dahin würden die jungen Leute durchhalten müssen.
Er ging die Promenade hinunter, ein geschwungenes Muster aus Ziegelsteinintarsien, und dachte über alles nach. Er war vierundfünfzig Jahre alt. Er trug ein weißes Hemd und eine Kakihose und ging an etwas entlang, das eines Tages eine Strandpromenade sein könnte. Er hatte vorhin sein Team allein gelassen, drei junge Leute, deren Aufgabe es war, eine holografische Kommunikationstechnologie aufzubauen und einem König vorzuführen. Aber es war kein König da, und sie waren in einem Zelt, allein, und es war nicht abzusehen, wann irgendwas von dem in Ordnung gebracht werden würde.
Er stolperte nach vorn. Er war mit dem Fuß in ein Loch getreten, wo noch keine Ziegelsteine verlegt waren. Er fand das Gleichgewicht wieder, aber er war mit dem Fuß umgeknickt, und der Schmerz war heftig. Er stand da und versuchte, den Schmerz abzuschütteln.
Sein ganzer Körper war von seinen Unfällen in den letzten fünf Jahren mit Narben übersät. Er war linkisch geworden. Er stieß sich den Kopf an Küchenschränken. Quetschte sich die Hände in Autotüren. Er war auf einem vereisten Parkplatz gestürzt und monatelang gegangen wie ein Mann aus Holz. Er war nicht mehr elegant. Irgendwer hatte ihn mal so bezeichnet, elegant, vor Jahrzehnten. Es war Sommer gewesen, ein warmer Wind, und er hatte getanzt. Die Frau war älter, eine Fremde, aber das Wort hatte sich in ihm eingenistet, hatte ihm Trost gegeben. Hatte es etwas zu bedeuten, dass eine alte Frau ihn einmal elegant gefunden hatte?
Er dachte an Joe Trivole. An ihrem ersten gemeinsamen Tag, als sie sich der ersten Tür näherten, hatte er Alan gesagt, er solle die Frau im Haus wissen lassen, dass sie da waren. Alan hatte instinktiv die Hand nach der Klingel ausgestreckt.
– Nein, nein, sagte Trivole und klopfte dann an die Tür, einen schnellen und fröhlichen melodischen Riff. Er wandte sich an Alan. Ein Fremder klingelt, ein Freund klopft, sagte er. Die Tür ging auf.
Eine Frau stand hinter dem Fliegengitter, mit verwirrter Miene. Sie war um die fünfzig, wildes graues Haar, Brille, die an einer Kupferkette hing. Alan blickte Trivole an, der grinste, als wäre er zufällig seiner Lieblingsgrundschullehrerin in die Arme gelaufen.
– Hallo! Wie geht es Ihnen heute?
– Mir geht es gut. Wer sind Sie?, fragte sie.
– Wir sind Vertreter der Fuller Brush Company, mit Sitz in Hartford, Connecticut. Haben Sie von Fuller Brush gehört?
Die Frau war amüsiert. – Natürlich. Aber ich habe seit Jahren keinen von euch Jungs mehr gesehen. Ihr seid also noch immer unterwegs, hä?
– Und ob wir das sind, Ma’am. Und ich freue mich, dass Sie uns an einem so wundervollen Tag wie heute ein paar Sekunden Ihrer kostbaren Zeit schenken.
Trivole drehte sich um und ließ den Blick über den Vorgarten, die Bäume, den blauen Himmel über ihnen gleiten. Und dann wandte er sich wieder der Tür zu und fing an, sich die Füße abzuputzen. Instinktiv trat die Frau ein paar Schritte zurück und öffnete die Tür weiter. Sie hatte Trivole und Alan nicht hereingebeten, machte ihnen aber jetzt Platz – einfach deshalb, weil Trivole angefangen hatte, sich die Füße abzuputzen. Plötzlich hatte Alan das Gefühl, als würde er einem Hypnotiseur oder Zauberer zusehen – dass es Menschen auf der Welt gab, für die die Welt und ihre Menschen nur dazu da waren, sie zu bezaubern.
Alan ging den provisorischen Fußweg weiter hinunter. Er näherte sich dem rosa Apartmenthaus. Aus der Nähe hatte es Ähnlichkeit mit etwas, das er einige Hundert Male an verschiedenen Küsten in Florida gesehen hatte. Es war gesichtslos, gewaltig; seine breite, flache Fassade blickte mit dumpfer Abneigung zum Meer. In dem Gebäude waren gut und gern dreihundert Einheiten.
Als er in die Fenster schaute, sah er etwas Einleuchtendes. Das Erdgeschoss war für Geschäfte und Gastronomie gebaut worden, und einige zukünftige Mieter hatten bereits ihr Revier abgesteckt. Pizzeria Uno. Wolfgang Puck. Vielleicht würden hier irgendwann Leute essen und lachen und lebendig wirken.
Er könnte das noch immer schaffen. Er dachte an sein silbernes Fahrrad, den Prototypen, den er hatte bauen lassen. Das Rad war so schön. Alles war Silber und Chrom, sogar die Ritzel, sogar der Sattel. Hatte irgendwer je ein schöneres Objekt geschaffen? Es war vom Weltraum aus zu sehen, wie es hell und herausfordernd
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