Ein Hologramm für den König
strahlte.
Er hatte Kit mitgenommen und ihr den Prototypen gezeigt.
– Das hast du gebaut?, fragte sie.
– Na ja, ich hab’s bauen lassen. Ich hab beim Entwurf mitgeholfen.
– Es ist toll, sagte sie. Kannst du es fahren?
– Jeder kann es fahren.
Sie berührte es, trat zurück, sah es sich genau an, beurteilte es noch einmal.
– Das ist sehr gut, Dad.
Sobald er wieder im Hotel war, würde er Kit einen Brief schreiben. Sie hatte ihm ein paar Tage zuvor einen ellenlangen Brief geschrieben, sechs Seiten in ihrer säuberlichen Handschrift, in denen sie überwiegend gegen ihre Mutter Ruby wetterte, erklärte, dass sie nichts mehr mit ihr zu tun haben wollte. Jetzt sah Alan sich in der merkwürdigen Position, eine Frau verteidigen zu müssen, die ihn so oft und so rücksichtslos überrollt hatte, dass er sich glücklich schätzen konnte, auf den ersten Blick noch unversehrt auszusehen. Kits Brief war denunzierend und endgültig, ein Dokument, das das Ende der Beziehung zu ihrer Mutter markierte, rechtfertigte, zelebrierte.
Alan konnte das nicht zulassen. Er musste den Schaden reparieren. Alan wollte nicht alleinerziehend sein. Und er fürchtete – besser gesagt, er wusste –, dass Kit, wenn sie ihre Mutter untauglich finden konnte, mit den gleichen Bewertungsmaßstäben auch Alan inakzeptabel finden würde. Er musste eine Grenze ziehen. Er musste Ruby unterstützen.
Er und Kit schrieben sich seit Jahren Briefe. Den ersten schrieb er, nachdem Ruby betrunken einen Autounfall gebaut hatte. Er wollte das alles für Kit in einen größeren Zusammenhang bringen. Netter Brief, Dad, hatte sie nach dem ersten gesagt. Seitdem brachte Alan seine Gedanken für Kit zu Papier, Briefe von drei oder vier Seiten, und sie zeigten Wirkung. Sie las sie erneut in Zeiten des Zweifels, hatte sie ihm mal gesagt. Die Briefe linderten ihre Verbitterung, beruhigten sie in zahlreichen Krisensituationen. Normalerweise wollte sie mit ihrer Mutter nichts mehr zu tun haben, jeden Kontakt zu ihr abbrechen. Sie waren grundsätzlich verschieden, das lag jetzt auf der Hand, weil Kit mehr von Alans Behäbigkeit – Ruby würde sagen Spießigkeit – hatte; jedenfalls war Kit die dauernden Dramen satt, war erschöpft von den um Klärung ringenden Grundsatzgesprächen, die Ruby jedes Mal in Angriff nahm, wenn sie miteinander redeten.
Zunächst jedoch brauchte Kit Strategien, um das Chaos abzuriegeln. Um Kontakt zu begrenzen. Alan war erst vor Kurzem auf eine Idee gekommen, wie das machbar wäre. Die Lösung hieß E-Mails. Er und Ruby hatten vereinbart, ihre Kommunikation auf Nachrichten in Sachen Kit zu beschränken, und keine über drei Zeilen. Es hatte funktioniert. Alan hatte seit zwei Jahren nicht mehr mit Ruby telefoniert, und die Kampfpause hatte seine Nerven wieder gestärkt, seiner Psyche Erholung verschafft. Er zuckte nicht mehr zusammen, wenn er laute Stimmen hörte.
– Alan?
Er drehte sich um. Es war Brad. Alan hatte sich erschreckt, aber er gab sich ruhig.
– Wie läuft es bei euch?, fragte er.
– Gut, sagte Brad. Aber es ist kurz vor drei. Gehen Sie zum Büro? Er reckte das Kinn über die Schulter, in Richtung Black Box.
Alan sah auf seine Uhr. Es war 14.52 Uhr.
– Klar, sagte Alan. Bin bloß noch mal meine Strategie durchgegangen.
Er folgte Brad zurück über die Promenade.
– Keine Sorge wegen des Essens, sagte Brad. Rachel hatte ein paar Cracker in der Tasche. Wir sind also versorgt.
Leichter Sarkasmus. Er mochte Brad nicht.
Als sie am Zelt vorbeikamen, blieb Brad stehen. – Viel Glück, sagte er. Sein Gesicht war voller Sorge und Verwunderung. In diesem Moment wusste Alan, wie es sein würde, Jahrzehnte später, wenn er gebrechlich wäre, außerstande, für sich selbst zu sorgen, wenn Kit zum ersten Mal mitkriegte, wie er sich in die Hose machte und sabberte. Dann würde sie ihn genauso ansehen, wie Brad ihn jetzt ansah – mit dem Blick auf einen Menschen, der mehr Last als Segen war, mehr Schaden als Nutzen, irrelevant, überflüssig für den Fortgang der Welt.
XII.
MAHA TRANK EINEN EISTEE.
– Ah, da sind Sie ja wieder, Mr Clay.
– Hallo, Maha. Ist Karim al-Ahmad da?
– Nein, leider nicht.
– Soll ich hier warten? Wir haben einen Termin um drei.
– Ja, ich weiß. Aber er wird es heute nicht schaffen. Es tut mir leid, aber er wird in Dschidda aufgehalten.
– Er wird den ganzen Tag in Dschidda aufgehalten?
– Ja, Sir. Aber er hat gesagt, er wird morgen hier sein. Den ganzen Tag, und Sie können
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