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Ein Hologramm für den König

Ein Hologramm für den König

Titel: Ein Hologramm für den König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Eggers
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Kommunikation schwierig. Die meisten Themen führten zu ihren unterschiedlichen Ansichten darüber, woran die Nation krankte, und waren daher tabu. Also sprachen sie über Hunde und Schwimmen.
    Ron hatte einen kleinen See angelegt, in dem er jeden Tag schwamm, von April bis Oktober. Das Wasser war kalt und voller Algen, und Ron roch ständig danach. Der Sumpfmann, nannte Alan ihn, obwohl Ron nicht gelächelt hatte.
    – Willst du mir helfen, ein Schwein zu schlachten?, hatte er gefragt.
    Alan lehnte ab.
    – Frischer Schinken, Junge, sagte er.
    Alan wollte in die Stadt, um mal anständig essen zu gehen. Ron schauspielerte dieses ganze Farmer-Ron-Getue bis zu einem gewissen Grad. Er verstand eine Menge von französischem Essen, Wein, und jetzt zog er diese Fleisch-und-Kartoffeln-Masche ab. In der Stadt warf er Frauen lüsterne Blicke zu – Sieh dir die an! Ich wette, die hat ’ne tolle Möse.
    Das alles war neu, diese Höhlenmenschnummer. Alans Mutter hätte solche Primitivitäten niemals geduldet. Aber wer war der wirkliche Ron? Vielleicht der, der er jetzt war und der er gewesen war, bevor seine Frau, Alans Mutter, ihn kultivierte, verbesserte? Er war wieder in seine ursprüngliche Form zurückgefallen.
    Das Telefon hörte auf zu klingeln.
    – Hallo?
    – Hey, Dad.
    – Hallo?
    – Dad. Hier ist Alan.
    – Alan? Du hörst dich an, als wärst du auf dem Mond.
    – Ich bin in Saudi-Arabien.
    Was hatte Alan erwartet? Erstaunen? Lob?
    Schweigen am anderen Ende.
    – Ich hab gerade an das Shuttle gedacht, sagte Alan. Den Ausflug, den wir gemacht haben, um uns den Start live anzusehen.
    – Was machst du in Saudi-Arabien?
    Es klang wie eine Eröffnung, eine Aufforderung, ein bisschen anzugeben, also wagte Alan einen Versuch.
    – Na ja, die Sache ist ziemlich interessant, Dad. Ich bin hier mit einem Team von Reliant, um König Abdullah ein IT -System zu verkaufen. Wir haben so eine fantastische Telekonferenzanlage, und wir machen für den König persönlich eine Präsentation, ein dreidimensionales holografisches Meeting. Einer von unseren Kollegen ist in London, aber es wird aussehen, als wäre er im Raum, mit Abdullah –
    Schweigen.
    Dann: – Weißt du, was ich mir gerade im Fernsehen anschaue, Alan?
    – Nein. Was denn?
    – Ich schau mir einen Bericht darüber an, wie eine riesige neue Brücke für Oakland, Kalifornien, in China gebaut wird. Kannst du dir das vorstellen? Jetzt bauen die schon unsere gottverdammten Brücken, Alan. Ich muss sagen, alles andere hab ich kommen sehen. Als sie Stride Rite dichtgemacht haben, hab ich das kommen sehen. Als ihr angefangen habt, die Fahrräder nach Taiwan auszulagern, hab ich das kommen sehen. Ich hab alles andere kommen sehen – Spielzeug, Elektronik, Möbel. Macht Sinn, wenn du so ein mieser, blutrünstiger Manager bist, der nur drauf aus ist, für seinen eigenen Profit die Wirtschaft zu unterhöhlen. All das macht Sinn. Liegt in der Natur der Sache. Aber die Brücken hab ich nicht kommen sehen. Großer Gott, wir lassen von anderen unsere Brücken bauen. Und jetzt bist du in Saudi-Arabien und verkaufst den Pharaonen ein Hologramm. Das schießt den Vogel ab!
    Alan überlegte aufzulegen. Wieso konnte er das nicht?
    Er ging auf den Balkon und schaute übers Meer, sah ein paar winzige Lichter in der Ferne. Die Luft war so warm.
    Ron sprach noch immer. – Jeden Tag, Alan, in ganz Asien, verlassen Hunderte Containerschiffe ihre Häfen, vollgestopft mit allen möglichen Gebrauchsgütern. Dreidimensionaler geht’s nicht, Alan. Das sind reale Dinge. Die stellen da drüben reale Dinge her, und wir machen Webseiten und Hologramme. Tag für Tag machen unsere Leute ihre Webseiten und Hologramme, während sie auf Stühlen made in China sitzen, an Computern made in China arbeiten, über Brücken made in China fahren. Hört sich das für dich nachhaltig an, Alan?
    Alan rieb sich den Knoten im Nacken.
    – Alan, bist du noch dran?
    Herrje, er könnte behaupten, sie wären unterbrochen worden. Alan drückte eine Taste an seinem Telefon und legte auf.

XIII.
    UM ACHT AM NÄCHSTEN MORGEN saß Alan wieder im Shuttle, mit denselben jungen Leuten. Sie plauderten über das Hotel und darüber, was sie am Abend vorher so gemacht hatten.
    – Ich bin schwimmen gewesen im Pool, sagte Cayley.
    – Ich hab eine Riesenportion Kuchen gegessen.
    Alan hatte nicht geschlafen. Ein Karussell von Sorgen hatte seine Gedanken die ganze Nacht auf Trab gehalten, er hatte alles noch mal durchgekaut. Am Ende

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